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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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und dann von sich stieß. Ich strahlte und nickte nur wie ein wohlwollend zustimmender Bruder, woraufhin die Wärme aus ihren Augen wich und sie eiskalt wurden, ihre eben noch gurrende Stimme etwas Schneidendes bekam und der plötzlich abgewiesene Freier sich verwirrt zurückzog.
    Nochipa trieb derlei Spiele nicht; sie war genauso keusch wie all ihre Tänze es gewesen waren. Jeden jungen Mann, der sich ihr näherte, bedachte sie mit einem so verwunderten, ja, erstaunten Blick, daß diesen – nachdem er ein paar schüchterne Worte gemurmelt hatte – aller Mut verließ und er mit brennendem Gesicht und wütend nach Steinen tretend von dannen zog. Sie war von einer Unschuld, der nichts etwas anhaben konnte, einer Unschuld, die offenbar jeden, der ihr sein fleischliches Begehren eingestand, in Verlegenheit brachte und ihm die Schamröte ins Gesicht trieb. Ich hielt mich abseits, und ein doppelter Stolz auf meine Tochter erfüllte mich: Stolz darauf, daß sie bezaubernd schön war, um viele Männer anzuziehen; und Stolz darauf, daß sie auf den einen Mann warten würde, den sie wirklich haben wollte. Viele Male seither habe ich gewünscht, die Götter hätten mich augenblicklich für meinen selbstgefälligen Stolz bestraft und mich niedergestreckt. Doch die Götter kennen grausamere Strafen.
    Am dritten Abend, als die erschöpften Priester erklärten, die Weihe sei jetzt vollendet, es könne damit begonnen werden, das neue Gemeinwesen auf einem Boden aufzubauen, welcher nunmehr gastlich und sicher gemacht worden sei, sagte ich zu Zornig Auf Jedermann:
    »Morgen sollen die Bauersfrauen beginnen, Äste für die Hütten abzuschlagen und Gras sammeln, ihr Dach damit zu decken, während die Männer anfangen sollen, unten am Fluß den Boden urbar zu machen, damit gepflanzt werden kann. Motecuzóma hat befohlen, daß die Saat so schnell wie möglich in den Boden kommt, und solange sie damit beschäftigt sind, brauchen die Leute nicht richtig ein Dach über dem Kopf. Später, jedoch noch vor Beginn der Regenfälle, werden wir Straßen und Grundstücke für ihre festen Häuser abstecken. Die Krieger haben in der Zwischenzeit nichts zu tun. Außerdem wird die Kunde von unserem Kommen bis in die Hauptstadt gedrungen sein. Ich meine, wir sollten uns beeilen, dem Uey-Tlatoáni oder wie immer die Teohuacána ihre Herrscher nennen, unsere Aufwartung zu machen und ihn von unserem Vorhaben in Kenntnis zu setzen. Die Krieger nehmen wir mit. Sie sind zahlreich genug, um zu verhüten, daß wir ergriffen oder hinausgeworfen werden, und doch ist ihre Zahl nicht groß genug, daß man denken könnte, wir kämen in feindseliger Absicht.«
    Qualánqui nickte und sagte: »Ich werde die Bauernfamilien davon in Kenntnis setzen, daß die Festtage morgen zu Ende sind, und den Tecpanéca sagen, daß sie sich abmarschbereit halten sollen.«
    Als er ging, wandte ich mich an Béu Ribé und sagte: »Deine Schwester, meine Frau, hat einmal ihren ganzen Zauber für mich eingesetzt, einen anderen fremden Herrscher für uns einzunehmen, einen Mann, weit furchteinflößender als irgendeiner hier in diesen Landen. Wenn ich auf ähnliche Weise in Begleitung einer wunderschönen Frau am Hof von Teohuacán einziehe, könnte meine Mission auch dort weniger als tollkühn und mehr freundlich betrachtet werden. Dürfte ich dich bitten, Wartender Mond …?«
    »Dich zu begleiten, Záa?« sagte sie eifrig. »Als deine Gemahlin?«
    »Nur dem Anschein nach. Wir brauchen ja nicht zu sagen, daß du nur meine Schwägerin bist. Und in Anbetracht deines Alters würde niemand etwas dabei finden, wenn wir um getrennte Schlafkammern bitten.«
    Sie überraschte mich damit, daß sie aufbrausend sagte: »unseres Alters!« Doch beruhigte sie sich ebenso rasch wieder und murmelte: »Selbstverständlich. Nichts sagen. Die Frau, die nichts weiter ist als deine Schwägerin, steht stets zu deinen Diensten.«
    Ich sagte: »Vielen Dank.«
    »Gleichwohl, Schwager – ursprünglich hast du befohlen, daß ich bei Nochipa bleibe, um sie vor dieser rohen Gesellschaft zu schützen. Wenn ich mitkomme – was ist mit Nochipa?«
    »Ja, was ist mit mir?« fragte meine Tochter und zupfte mich an der anderen Seite am Umhang. »Komme ich gleichfalls mit, Vater?«
    »Nein, du bleibst hier, Kind«, sagte ich. »Ich erwarte eigentlich keinerlei Schwierigkeiten auf der Straße in die Hauptstadt, doch die Gefahr besteht eben doch immer. Hier, unter den vielen, bist du sicher. Und sicher in der Obhut von

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