Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
jetzt an einem Handelsweg, den noch keiner von uns kannte und der für uns alle neu war. Der Weg führte uns durch angenehme Täler voller jungen Frühlingsgrüns, und wand sich zwischen niedrigen und bezaubernden blauen Bergen auf die Hauptstadt von Tya Nya zu, welche gleichfalls Tya Nya oder Teohuacán hieß. Freilich führte ich nicht den ganzen Auswandererzug bis ganz dorthin. Nachdem wir vier Tage lang dieser Route gefolgt waren, gelangten wir in ein ausgedehntes Tal und standen vor einer Furt, welche durch einen breiten, aber seichten Strom führte. Ich kniete nieder, schöpfte eine Handvoll Wasser, schnupperte daran und kostete es dann.
    Zornig Auf Jedermann trat neben mich: »Was meinst du?«
    »Nun, es stammt zumindest nicht aus einer der üblichen Quellen Teohuacáns«, sagte ich. »Das Wasser ist weder bitter, noch riecht es übel, noch ist es heiß. Es eignet sich gut zum Trinken und zum Bewässern von Feldern. Das Land sieht aus, als sei die Erde fruchtbar, und ich sehe auch keine anderen Siedlungen oder Pflanzungen. Ich meine, dies ist die richtige Stelle, unser Yanquitlan zu errichten. Sag ihnen das.«
    Qualánqui drehte sich um und rief so laut, daß jeder es hören konnte: »Werft eure Lasten ab. Wir sind am Ziel!«
    Ich sagte: »Laß sie sich für den Rest des Tages ausruhen. Morgen werden wir anfangen …«
    »Morgen«, fiel mir einer der Priester ins Wort, der plötzlich neben mir stand, »und übermorgen und überübermorgen werden wir den Boden weihen. Mit Eurer Erlaubnis, versteht sich.«
    Ich sagte: »Dies ist die erste Siedlung, die ich jemals gegründet habe, junger Priester, und ich kenne mich in den Formalitäten nicht aus. Doch tut unbedingt alles, was die Götter fordern.«
    Jawohl, genau diese Worte sagte ich, ohne zu erkennen, wie diese Worte ausgelegt werden könnten – nämlich dahingehend, daß ich mein Einverständnis für jede Art religiösen Treibens gegeben hätte; ohne vorauszusehen, auf welche Weise diese Worte schließlich von den Priestern und den Leuten ausgelegt werden würden; und nicht im entferntesten zu ahnen, daß ich diese beiläufig geäußerten Worte mein Leben lang bedauern würde.
    Das erste Ritual – die Weihe des Bodens ringsum – dauerte mit den Gebeten, den Anrufungen, dem Weihrauchverbrennen und dergleichen drei volle Tage. Manche von den Ritualen beschäftigten ausschließlich die Priester, an anderen mußten wir alle teilnehmen. Ich hatte nichts dagegen, denn Krieger wie Aussiedler erholten sich merklich in diesen drei Tagen der Ruhe und der Zerstreuung. Selbst Nochipa und Béu waren offensichtlich froh, daß die Feierlichkeiten ihnen Grund gaben, reicher geschmückte weibliche Gewänder anzuziehen als die Reisekleidung, welche sie so lange Zeit hindurch getragen hatten.
    Und das bot einigen der Kolonisten eine weitere Zerstreuung – und mir selbst auch, da es mich erheiterte, dabei zuzusehen. Die meisten Männer unseres Zuges hatten Frauen und Kinder, doch befanden sich auch drei oder vier Witwer mit Kindern, aber ohne Frauen darunter, und diese nutzten die Gelegenheit der Festtage, einer nach dem anderen Béu den Hof zu machen. Unter den Männern befanden sich aber auch Knaben und junge Männer in einem Alter, da sie linkische Versuche machten, sich Nochipa zu nähern. Ich konnte das weder den jüngeren noch den älteren Männern verargen, denn Nochipa und Béu waren unendlich viel schöner, eleganter und begehrenswerter als die ungeschlachten, grobgesichtigen und paddelfüßigen Bauersfrauen und -mädchen des Zuges.
    Wenn Béu Ribé meinte, daß ich nicht zusah, ließ sie die Männer, welche kamen, um sie zu bitten, einen der zeremoniellen Tänze mit ihnen zu tanzen, oder irgendeinen anderen Grund fanden, in ihrer Nähe zu sein, hochmütig abblitzen. Doch manchmal, wenn sie mich in der Nähe wußte, hielt sie die Einfaltspinsel fest, tauschte verliebte Blicke und schäkerte hemmungslos, lächelte verlockend und machte ihnen solche Augen, daß den Ärmsten der Schweiß ausbrach. Ganz offensichtlich ging es ihr darum, mich zu reizen, indem sie mir neuerlich vor Augen führte, daß sie immer noch eine sehr begehrenswerte Frau war. Doch daran brauchte ich nicht erinnert zu werden. Wartender Mond war in der Tat von Antlitz und Gestalt genauso schön wie Zyanya es gewesen war; doch im Gegensatz zu den Bauern, welche um sie herumscharwenzelten, war ich innerlich längst gegen ihre tückischen Listen gefeit, mit denen sie einen erst in Versuchung führte

Weitere Kostenlose Bücher