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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Strahlen unterstrichen noch den feinen kupfrigen Goldton ihrer Haut. In dieser unendlichen Landschaft, die sich flach und leer bis zu den dunklen Wolken hinüber erstreckte, war die junge Frau das einzige, was strahlend leuchtete. Die Wölbungen ihres nackten Körpers waren in der schimmernden Nässe besonders deutlich zu erkennen, ihr sauberes Haar glänzte, das Wasser, welches sie über sich goß, zersprang in tausend Tropfen, welche edelsteingleich glitzerten. Den drohenden Gewitterhimmel hinter sich, leuchtete sie in den letzten Sonnenstrahlen genauso hübsch wie ein kleines Stück glühenden Bernsteins auf einer großen matten Schieferplatte.
    Es war lange her gewesen, daß ich bei einer Frau gelegen hatte, und diese, so sauber und so anmutig, stellte eine große Versuchung dar. Doch fiel mir eine andere Frau ein – eine, die man gepfählt hatte – und so näherte ich mich dem kleinen Teich nicht, bis das Mädchen diesen widerstrebend verlassen hatte.
    Solange ich mit all den verschiedenen Chichimeca-Stämmen umherzog, hütete ich mich, mit ihren Frauen zu tändeln, eines ihrer anderen wenigen Gesetze zu verletzen oder sie in irgendeiner anderen Weise vor den Kopf zu stoßen. Aus diesem Grunde wurde ich von jedem Stamm als gleichberechtigter Mitwanderer angesehen. Niemals wurde mir irgend etwas gestohlen oder wurde ich ungerecht behandelt, und stets erhielt ich meinen Anteil von allem, was sie an jämmerlicher Nahrung und an Bequemlichkeit der Wüste abzuringen imstande waren – bis auf die gelegentlichen besonderen Leckerbissen, die ich ablehnte, wie etwa den Beseeligung schenkenden Urintrank. Der einzige Gefallen, um den ich sie bat, war, mir alles zu erzählen, was sie wußten von den Azteca und ihrem langen Wanderzug vor vielen, vielen Schock Jahren, sowie von den Gerüchten über vergrabene Vorratslager, welche sie unterwegs angelegt haben sollten.
    Fleisch von den Tecuéxe, Gemüse von den Tzacatéca und Festschmaus von den Hua erklärten mir alle gleichermaßen: »Gewiß, man weiß, daß ein solcher Stamm einmal durch dieses Land hindurchgezogen ist, aber wir wissen nichts von ihm, außer daß sie, wie wir – ja, wie alle Chichiméca – wenig mitbrachten und überhaupt nichts zurückließen.«
    Es war immer die gleich entmutigende Antwort, die ich von Anfang meiner Nachfragen an zu hören bekam und immer wieder hörte, ob ich meine Fragen nun an die Toboso, die Iritila oder all die anderen Stämme richtete, ob ich nun nur kurz mit ihnen zusammen durch die Wüste zog oder für eine längere Zeit. Erst in meinem zweiten Sommer in der verfluchten Wüste, als ich ihrer und meiner aztekischen Ahnen schon von Herzen überdrüssig geworden war, erhielt ich auf meine Frage eine um ein weniges andere Antwort.
    Ich hatte mich einem Stamm angeschlossen, welcher sich Mapimi nannte und der seinen Lebensraum im allerheißesten, trockensten und trostlosesten Teil Wüste hatte, den ich bisher kennengelernt hatte. Er lag so unvorstellbar weit nördlich von all den lebensvollen Landen, daß ich hätte schwören mögen, nördlich davon könne es einfach keine Wüste mehr geben. Freilich gäbe es die, erklärten die Mapimi, grenzenlos weite Wüstengebiete sogar und womöglich noch unwirtlicher als alles, was ich bisher kennengelernt hatte. Das zu hören, war für meine Ohren selbstverständlich entmutigend, und entmutigend klangen denn auch die ersten Worte des Mannes, dem ich gequält meine bis zum Überdruß wiederholte, ewige Frage nach den Azteca stellte.
    »Ja, Mixtli«, sagte er. »Es hat in der Tat einen solchen Stamm gegeben, und er hat genau eine solche Reise unternommen, wie du sie beschrieben hast. Aber sie haben nichts mitgebracht …«
    »Und«, beendete ich den Satz für ihn mit bitterer Stimme, »ließen nichts zurück, als sie wieder weiterzogen.«
    »Bis auf uns«, sagte er.
    Es dauerte eine Weile, bis diese drei Worte durch meine Niedergedrücktheit hindurch in mein Bewußtsein drangen, doch dann starrte ich ihn offenen Mundes an.
    Er lächelte sein zahnloses Lächeln. Es war Patzcatl, der Häuptling der Mapimi, ein uralter Mann, voller Falten im Gesicht, von der Sonne gegerbt und mit einem womöglich noch groteskeren Namen begabt als die meisten anderen Chichiméca; denn Patzcatl bedeutet »Saft«.
    »Du hast vom Wanderzug der Azteca gesprochen, von einer unbekannten Heimat, welche du Aztlan genannt hast. Und von ihrem Ziel, der großen Stadt, welche sie weit, weit im Süden gegründet haben. Wir

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