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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zurückgezogen und waren mit ihnen zu ihren Schiffen zurückgefahren, welche ihre Flügel ausgebreitet und wieder hinter dem Horizont verschwunden waren. Als zweites brachte der Bote das Gesicht eines der toten weißen Männer, welches ihm samt Haupthaar und Bart über den Kopf gezogen, getrocknet und auf einen Weidenreif aufgespannt worden war. Ich hatte später selber Gelegenheit, es zu sehen, und es ähnelte sehr dem Gesicht der Männer, welche ich kennengelernt hatte – zumindest in der kalkweißen Gesichtsfarbe –, nur waren das Haupthaar und der Bart von einer womöglich noch erstaunlicheren Farbe, nämlich goldgelb.
    Motecuzóma belohnte den Boten, ihm diese Trophäe gebracht zu haben, doch nachdem der Mann wieder fort war, soll er schrecklich geflucht haben, was für Toren diese Maya doch seien – »Man stelle sich das vor! Besucher anzugreifen, die Götter sein könnten!« –, um sich dann im höchsten Maße erregt mit seinem Staatsrat, seinen Priestern, Sehern und Zauberern einzuschließen. Ich wurde nicht aufgefordert, an dieser Beratung teilzunehmen, und wenn überhaupt etwas dabei herausgekommen ist, ich jedenfalls hörte nichts davon.
    Jedoch etwas über ein Jahr darauf, im Jahr Dreizehn Kaninchen, dem Jahr, da sich mein Schock Jahre rundete, tauchten die weißen Männer wieder von hinter dem Horizont auf, und diesmal ließ Motecuzóma mich doch zu einer Unterredung unter vier Augen rufen.
    »Diese Meldung«, sagte er, »wurde zur Abwechslung einmal nicht von den Maya mit der fliehenden Stirn und dem kleinen Gehirn gebracht. Sie stammt vielmehr von einer Gruppe unserer eigenen Pochtéca, welche zufällig an der Küste des Süd-Meeres Handel trieben. Sie befanden sich gerade in Xicalánca, als sechs von den Schiffen eintrafen, und haben soviel Verstand besessen, weder den Kopf zu verlieren, noch die Leute in der Stadt in Panik ausbrechen zu lassen.«
    Wie gut ich mich an Xicalánca erinnerte! An diese so wunderschön zwischen dem blauen Meer und der grünen Lagune im Olméca-Land gelegene Stadt!
    »Es kam also nicht zu Kämpfen«, fuhr Motecuzóma fort, »wiewohl die weißen Männer diesmal zweihundertundvierzig an der Zahl waren und die Einheimischen große Angst hatten. Unsere besonnenen Fernhändler nahmen die Sache in die Hand und sorgten dafür, daß alle Ruhe bewahrten. Ja, sie bewogen den regierenden Tabascoöb sogar, die Neuankömmlinge zu begrüßen. Infolgedessen machten die weißen Männer diesmal keine Schwierigkeiten, plünderten und verwüsteten keine Tempel, stahlen nichts und belästigten nicht einmal irgendwelche Frauen – sie zogen wieder ab, nachdem sie einen Tag lang die Stadt bewundert und von den Gerichten der Einheimischen gekostet hatten. Selbstverständlich konnte kein Mensch sich in ihrer Sprache mit ihnen unterhalten, doch unseren Kaufleuten gelang es mit Zeichen, sie zum Tauschhandel aufzufordern. Die weißen Männer hatten nicht viel mitgebracht, womit man hätte Handel treiben können. Aber immerhin haben sie im Austausch gegen einige Federkiele Goldstaub diese hier hergegeben.«
    Und mit einer Geste wie ein Zauberkünstler auf der Straße, welcher für eine Kinderschar Süßigkeiten hervorzaubert, zog er mit einem Ruck etliche Perlenschnüre unter seinem Umhang hervor. Wiewohl sie aus unterschiedlichem Material und in verschiedenen Farben gemacht worden waren, waren sie alle gleich, was die Anzahl kleiner Kügelchen betraf, welche in Abständen von größeren getrennt wurden. Es handelte sich um Gebetsschnüre, genauso wie diejenigen, die ich vor sieben Jahren von Jerónimo de Aguilar erhalten hatte. Motecuzóma setzte ein nachtragendes Lächeln auf, als ob er erwartete, daß ich plötzlich widerwillig knurrend zugäbe: »Ihr hattet recht, Hoher Gebieter, die Fremden sind doch Götter!«
    Statt dessen sagte ich: »Offensichtlich beten diese weißen Männer alle auf dieselbe Weise, was darauf hinweist, daß sie aus demselben Herkunftsland stammen. Aber das hatten wir ja ohnehin schon angenommen. Alledem können wir nichts Neues entnehmen.«
    »Und was ist hiermit!« sagte er und zog triumphierend unter seinem Thron etwas hervor, was aussah wie ein silberner Topf. »Einer von den Besuchern nahm dies hier von seinem Kopf und tauschte es gegen Gold ein.«
    Ich untersuchte das Ding. Es war kein Topf, und wegen seiner rundlichen Form hätte es auch nie aufrecht stehen können. Es bestand aus Metall, einer uns unbekannten Art Metall freilich, grauer als Silber und nicht so

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