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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ihre Notdurft verrichten können. »Was für ein Wahnsinn geht denn dort vor?« verlangte Motecuzóma zu wissen.
    Einer von ihnen seufzte erschöpft auf und sagte: »Ayya, Hoher Gebieter, es ist unbeschreiblich!«
    »Unsinn!« herrschte Motecuzóma ihn an. »Alles, was man überlebt hat, läßt sich beschreiben. Wie ist es euch gelungen zu entfliehen?«
    »Wir sind nicht entflohen, Verehrter Sprecher. Der Anführer der weißen Fremden hat uns heimlich den Käfig geöffnet.«
    Wir alle zwinkerten ungläubig, und Motecuzóma rief aus: »Heimlich?«
    »Jawohl, Hoher Gebieter. Der weiße Mann, der Cortés heißt …«
    »Er heißt Cortés?« Nach diesem Ausruf bedachte Motecuzóma mich mit einem durchbohrenden Blick. Ich konnte nur hilflos mit den Achseln zucken, denn ich war ja genauso verwirrt wie er. Die von den Worterinnerern wiedergegebenen und auswendig gelernten Unterredungen hatten keinerlei Hinweis für mich enthalten, daß cortés ein Name sei.
    Geduldig und unter Mühen fuhr der Neuankömmling fort: »Der weiße Mann Cortés kam im Schutze der Nacht, als kein Totonáca weit und breit zu sehen war, heimlich zu unserem Käfig. Nur zwei Dolmetsche begleiteten ihn. Mit eigener Hand öffnete er die Käfigtür. Und über seine Dolmetsche ließ er uns wissen, er heiße Cortés, und wir sollten machen, daß wir fortkämen, falls uns unser Leben lieb sei. Er trug uns auf, unserem Verehrten Sprecher Grüße zu übermitteln. Der weiße Mann Cortés läßt euch sagen, Hoher Gebieter, daß die Totonáca in aufrührerischer Stimmung sind; Patzinca habe uns trotz eindringlicher Warnungen von seiten Cortés', mit den Sendboten des mächtigen Motecuzóma nicht so hart umzuspringen, eingesperrt; er ist ein großer Bewunderer des mächtigen Motecuzóma; er riskiert mit vollem Bedacht, sich den Zorn des verräterischen Patzinca zuzuziehen, wenn er uns als Zeichen seiner Hochachtung ungeschoren zurückschickt. Des weiteren wünscht er, daß Ihr erfahren sollt, er werde seine ganze Überzeugungskraft einsetzen, einen Aufstand der Totonáca gegen Euch zu verhindern. Als Gegenleistung dafür, daß er für Frieden sorgt, wünscht der weiße Mann Cortés nur, daß Ihr ihn nach Tenochtítlan einladet, auf daß er persönlich dem größten Herrscher in all diesen Landen seine Aufwartung machen kann.«
    »Nun«, sagte Motecuzóma lächelnd, setzte sich aufrechter hin und sonnte sich unbewußt in dieser Flut von Lobhudelei. »Der weiße Mann heißt zurecht Höflich.«
    Doch seine Weibliche Schlange, Tlácotzin, ergriff das Wort und wandte sich an den Mann, welcher gerade gesprochen hatte: »Glaubst du, was der Fremde dir gesagt hat?«
    »Herr Weibliche Schlange, ich kann nur berichten, was ich weiß. Wir sind von den Totonáca-Wachen eingesperrt worden, und befreit hat uns dieser Mann Cortés.«
    Tlácotzin wandte sich an Motecuzóma: »Von Patzincas eigenen Sendboten haben wir erfahren, daß er erst Hand an diese Beamten gelegt hat, nachdem ihm dieses von demselben Häuptling der weißen Männer befohlen worden war.«
    Unsicher sagte Motecuzóma: »Patzinca könnte aus irgendeinem Grunde gelogen haben.«
    »Ich kenne die Totonáca«, sagte Tlácotzin verächtlich. »Keiner von ihnen, auch Patzinca nicht, hat den Mut aufzubegehren. Auch ist er nicht klug genug, uns etwas zu verhehlen. Jedenfalls nicht ohne fremde Hilfe.«
    »Wenn ich etwas sagen darf, Herr Bruder«, ergriff jetzt Cuitláhuac das Wort. »Ihr seid mit der Lektüre des von Ritter Mixtli und mir vorbereiteten Berichts noch nicht fertig. Die darin wiedergegebenen Worte sind jene, welche tatsächlich zwischen dem Herrn Patzinca und dem Mann Cortés gewechselt wurden. Es kann kein Zweifel herrschen, daß er Patzinca listig zum Verrat angestiftet und diesen Beamten gegenüber schamlos gelogen hat.«
    »Das ergibt keinen Sinn«, wandte Motecuzóma ein. »Warum sollte er Patzinca zum Verrat anstiften, diese Männer zu ergreifen, und das dann zu leugnen und sie eigenhändig wieder zu befreien?«
    »Er hat gehofft, dafür zu sorgen, daß wir den Totonáca die Schuld für den Verrat geben«, erklärte die Weibliche Schlange. »Jetzt, da die Beamten zu uns zurückgekehrt sind, muß Patzinca in Todesangst schweben und dabei sein, seine Krieger auszuheben, um sich gegen jede Vergeltung von unserer Seite zu wehren. Sobald dieses zur Verteidigung gedachte Heer steht, dürfte es dem Mann Cortés ein leichtes sein, Patzinca zu bewegen, es statt dessen dazu zu benutzen, uns

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