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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Rechte der Verteidigung außer Kraft gesetzt werden, die Verleumdungen, Diffamierungen und Drohungen, mit denen gearbeitet wird«, hingewiesen werden.
    Den Gefangenen gingen die Aktionen der Roten Hilfe zumeist nicht weit genug. Gudrun Ensslin an die Genossen:
    »Eine Sprechblase, etwa ›lieber einen Richter umlegen als ein Richter sein‹, habe ich in der Dokumentation umsonst gesucht, einfach nicht drin.
    Daß die RAF -Typen alle Tassen, und was für schöne, im Schrank haben, das könnt Ihr uns überlassen. Auf was wir scheißen und auf was wir spucken, steht z.T. in ein paar RAF -Papieren. Wir haben nix zu beweisen, sondern zum Ausdruck zu bringen: den 24 -Stundentag auf den Begriff Haß zu bringen …
    Der Kampf, den die RAF begonnen hat, ist attraktiv … Ihr habt kein Recht, aus uns die Luft rauszulassen, nur weil Ihr ’nen Platten habt …«
    Auch Andreas Baader äußerte sich zur Dokumentation der Roten Hilfe:
    »Mit der Dokumentation ficken sich die Dokumenteure immer noch ins Knie …
    Was ist zu machen. Klar: über den 24 -Stundenfick endlich so quatschen, daß keine Seminararbeit draus wird … Die ganze Scheiße auseinanderzerren, damit mehr sie so sehen, wie wir sie sehen: I- DEN - TI - FI - KATION . Weil die Genossen halb tot sind, können sie uns nicht anders als halb tot denken. Sie drehen die Sache genauso, wie die Schweine sie global drehen: die Gewalt bleibt das Tabu, sie verschanzen sich hinter dem Tod wie die Pfaffen …
    Die Knarre löst die Starre. Der kolonisierte Europäer erwacht: nicht am Thema und Problem der Gewalt der Verhältnisse, sondern weil jede bewaffnete Aktion den Zwang der Verhältnisse dem Zwang der Ereignisse unterwirft …«
    Zum Schluß gab Baader die Parole für das geplante grundlegende RAF -Buch aus: »Ich sage, unser Buch muß mindestens heißen: Die Knarre spricht.«

7. Den Körper zur Waffe machen
    Ende 1972 wurde Andreas Baader in Berlin als Zeuge im Prozeß gegen Horst Mahler vernommen. Auf Antrag der Verteidigung sollte er, wie auch Ulrike Meinhof und Astrid Proll, über die Haftbedingungen Auskunft geben. »Ab heute«, so erklärte Baader, »fresse ich nichts mehr, bis sich die Haftbedingungen geändert haben.«
    Baaders Worte standen am nächsten Tag in allen Zeitungen. Von da an hungerten alle Gefangenen der RAF . Dieser erste Hungerstreik dauerte fast zwei Monate.
    Die Reaktion der Anwälte war zwiespältig. Baaders Verteidiger Armin Golzen: »Ich habe gesagt, daß einer, der im Hungerstreik ist, zwar die Waffe gegen sich selbst richtet und damit versucht, seinen Gegner zu bedrohen, aber er muß gleichwohl überleben. Ich habe sowohl Baader als auch Meinhof gebratene Hähnchen in völlig offenen Tüten, die ich mit meiner Aktentasche bei mir trug, in den Knast gebracht. Baader hat das Hähnchen gegessen.«
    Hans-Christian Ströbele, damals Verteidiger von Andreas Baader, rief Bundesanwalt Dr. Heinrich Wunder in Karlsruhe an und schilderte ihm die Situation. Wunder sagte eine Lockerung der Haftbedingungen zu. Unabhängige Ärzte sollten die Gefangenen begutachten, und nach ihren Vorschlägen würden die Ermittlungsbehörden dann verfahren. Ströbele vertraute den Versprechungen des Bundesanwalts, denn tatsächlich war Ulrike Meinhof, gleichsam als Vorleistung, noch während des Hungerstreiks aus dem »toten Trakt« in Ossendorf in eine andere Abteilung verlegt worden. Der Verteidiger bat den Bundesanwalt, ihm ein Telefonat mit Andreas Baader zu ermöglichen. Ströbele schilderte Baader das Gespräch mit Wunder. Baader war skeptisch: »Die halten das doch nicht ein. Das ist wieder ein schmutziger Deal. Wir sollen nur aufhören …«
    »Wenn die Zusagen nicht eingehalten werden, kann man ja zur Not wieder anfangen. Jedenfalls hört doch erst mal auf.«
    Baader war einverstanden, und Ströbele rief andere Häftlinge an, um sie von Baaders Ansicht zu unterrichten.
    Der Hungerstreik wurde beendet. Kaum eine Woche später befand sich Ulrike Meinhof wieder im »toten Trakt«. Auch bei den anderen Gefangenen wurde die Isolation nicht aufgehoben. Ströbele fühlte sich von der Bundesanwaltschaft aufs Kreuz gelegt. Er hatte sich als Unterhändler verstanden und war gescheitert. Von da an galt sein Wort bei den Gefangenen nicht mehr viel.
     
    Als im Februar 1973 eine Gruppe von RAF -Verteidigern vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe gegen die »Isolationshaft« ihrer Mandanten demonstrierte und sich, in Roben gehüllt, auch zu einem kurzen Hungerstreik

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