Der Babylon Code
deshalb hier?«
»Zarrenthin, Sie haben wider Gott gelästert!«
Ihre Blicke verhakten sich, aber Chris hielt dem unbarmherzigen Blick stand.
»Wann denn? Wie?«
»Forster war ein Gotteslästerer. Er wollte Gottes Wort und damit Gott verraten. Sie haben sich mit ihm eingelassen, ihm geholfen, unter seinem Dach gelebt – bildlich gesprochen.« Marvin nickte ernst, als horche er dem Widerhall seiner Worte. »Aber ich will vorher noch etwas wissen. Und deshalb soll Gott entscheiden, ob er Gnade gewährt.«
»Sie wollen hier Circus Maximus spielen, um ein paar Antworten zu bekommen?« Chris warf einen kurzen Blick auf die beiden Hunde. »Ich habe auch so verstanden.«
»Offensichtlich nicht. Sie kennen die Geschichte von Daniel in der Löwengrube? Daniel wurde verleumdet und überlebte die Nacht in der Löwengrube, in die ihn Perserkönig Darius werfen ließ. Sein Gottvertrauen wurde belohnt. Seine Verleumder allerdings, die nach der Nacht in die Grube geworfen wurden, wurden sofort von den Löwen zerrissen.«
Marvin beugte sich plötzlich nach vorn und griff Chris an den Oberarm, drückte fest zu.
»Zarrenthin, es wird sich zeigen, ob du ein Sohn Gottes oder ein Verleumder bist.«
»Sie sind krank!« Chris’ Beine zitterten.
Marvin lächelte böse und holte ein Handy aus der Tasche. Es war Chris’ Handy, das er Barry reichte.
»Ich will noch Fragen beantwortet haben«, sagte Marvin mit dröhnender Stimme, die in dem weiten Gewölbe hallte wie das Röhren eines Bären. »Da sind Nachrichten drauf. Und ich will keine Lügengeschichten hören. Nicht eine Sekunde lang. Hinunter!«
Marvin deutet in die Grube, und Barry richtete die Pistole auf Chris.
»Niemals!« Chris schüttelte den Kopf. »Niemals!«
Der Schlag auf den Hinterkopf traf ihn vollkommen unvorbereitet. Chris knickte in den Kniekehlen ein. Feuerkopf und Warzengesicht fingen ihn auf und schleiften ihn zum Grubenrand. Plötzlich lösten sich die Handschellen an seinen Gelenken, und er spürte dieses eigenartige Gefühl, wenn man stürzt. Er schlug auf den Boden der Grube, und sein Mund füllte sich mit Sand.
Ächzend rollte Chris herum, spuckte aus. Die Hunde beobachteten ihn, bewegten sich aber keinen Millimeter von ihrem Platz. Er stand auf, und die Tiere wandten ihre Köpfe wieder hinauf zum Grubenrand.
»Sie sind perfekt abgerichtet, Zarrenthin.« Marvin starrte auf ihn herab. »Eigentlich sollte Lavalle an Ihnen beweisen, wie treu
er zu den
Prätorianern
steht. Sie erinnern sich? Aber der Feigling ist verschwunden, hat sich irgendwo verkrochen. Doch auch er wird Gottes Willen nicht entgehen. Jetzt aber werden wir feststellen, ob Sie unter Gottes Gnade fallen…« Marvin grinste gehässig.
»Was muss ich tun, um…« Chris nickte in Richtung der Hunde.
»Ah! Einsicht!« Marvin lachte zufrieden. »Habe ich eine Ihrer Schwächen aufgedeckt, Zarrenthin! Angst vor Hunden!«
»Wer hätte vor diesen Bestien keine Angst?«
»Es gibt Schlimmeres, Zarrenthin. Glauben Sie mir, es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel Steinigen.« Marvin lachte laut auf. »Erzähl mir, was Jasmin will.«
Chris stutzte. »Ich verstehe nicht.«
Marvin gab Barry ein Zeichen, der die letzten Nachrichten der Mailbox abrief und die Lautstärke voll aufdrehte.
Inas Stimme klang erregt und nervig. Sie hatte die Touren für die Woche mit ihm abstimmen wollen und war unüberhörbar sauer, dass er sich nicht meldete, sie mit den Problemen einer Firma allein ließ, die ihm gehörte.
»Meine Sekretärin«, murmelte Chris und dankte dem Schicksal für dieses Juwel.
»Habe ich noch verstanden«, entgegnete Marvin kalt. »Aber der nächste Anruf – den müssen Sie mir erklären.«
Barry drückte eine Taste.
»Chris, hier ist Jasmin. Warum meldest du dich nicht? Ich bin wieder in Sophia Antipolis… das ist in Frankreich, nahe Cannes. Meine Schwester Anna ist auch hier. Ich habe dir davon noch nichts erzählt… Ihr Sohn ist schwer krank. Ich bin in der Klinik von
Tysabi
…«
Pause.
»Wayne hat großen Mist gebaut… sie haben uns hierhergebracht wegen deiner Probe… ich brauche deine Hilfe. Deine verdammte Knochenprobe hat sich doch noch vermehrt und…
wie soll ich das sagen? Es ist, wenn es stimmt, die wissenschaftliche Sensation überhaupt. Es scheint… ach verdammt… Und nun haben die Schweine vor… Ruf an! Man hat mir mein Handy abgenommen. Ruf meine Schwester… ruf Anna an!« Jasmin ratterte eine Telefonnummer herunter. »Warum meldest du dich nicht? Ich brauche
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