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Der Bademeister: Roman (German Edition)

Der Bademeister: Roman (German Edition)

Titel: Der Bademeister: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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und wenn er schrie, rötete sich sein Gesicht, als müsste er gleich ersticken.
    Die Bücher riss er mir aus der Hand, verlangte Schulaufgaben zu sehen, fand nichts daran auszusetzen, es freute ihn nicht. Rief nach der Mutter, was macht der Junge den ganzen Tag? verlangte er zu wissen, hielt mich an den Schultern gepackt, was hockt er den ganzen Tag im Zimmer?
    Bis ich fünfzehn Jahre alt war, trug ich zu kurze Hosen, sie hingen über den Knöcheln, die Socken wurden jede Woche kontrolliert, ob sie auch keine Löcher hatten, ich musste selbst die Löcher stopfen, mit Socken und mit Hosen geizte Vater, da kommt die Hochwasserhose, riefen die anderen, wenn sie mich sahen, umringten mich, trampelten mir über die Schuhe, die immer neu waren und immer aus dickem, gutem Leder, das glänzte, denn gutes Schuhwerk gab es in Fülle, mein Vater hatte eine ganze Sammlung, im Keller lagerte er sie, ich sollte es nicht wissen, es müssen Schuhe in allen Größen dort gewesen sein, so gut wie neu, mein Vater liebte gutes Schuhwerk, im Keller standen sie in alten Schränken, woher sie kamen, wusste ich nicht, und nach seinem Tod warf meine Mutter sie heimlich weg.

    Es ist verboten, die Schwimmhalle mit Schuhen zu betreten. Es ist streng verboten, sich dem Schwimmbad mit Straßenschuhen zu nähern. Was an den Schuhen haftet, weiß man nicht, und oft ist es nichts Gutes, und unbedingt muss vermieden werden, dass es mit dem Wasser in Berührung kommt. Die meisten Leute habe ich barfuß gesehen. Oft sind ihre Füße hässlich, voller Schwielen und Hühneraugen, sind hässlich wie die Körper, dicke Zehen, krumme Zehen, flache Füße und dicke Knöchel, die Haut so blass, als müssten die Füße zuerst sterben, als wären die blauen Adern Aufschriften, die das Grab bezeichnen oder die Todesart oder eine Schuld, und gelbe Zehnägel krümmen sich und wachsen ins Fleisch, aber das ist noch immer besser als die Schuhe. Ein Bademeister trägt während der Arbeit Badesandalen, und selbst im Winter trug ich auf dem Weg zum Schwimmbad Turnschuhe aus Stoff, die sich mit Nässe vollsaugten, leicht schmutzig wurden, so dass ich im Schwimmbad ein weiteres Paar aufbewahrte, denn mit den schmutzigen Schuhen wollte ich nicht durch die Auskleidekabinen gehen und keinesfalls am Schwimmbecken entlang, wo Badesandalen jedenfalls vorzuziehen sind, denn wenn einer ertrinkt, dann muss man schnell ins Wasser springen, und Lederschuhe eignen sich dafür keinesfalls. Mit Lederschuhen hat noch keiner einen Badegast gerettet.

IV
    Vor drei Tagen ist ein Placken Putz aus der Wand gebrochen. Als ich heute Morgen in die Halle kam, sah ich unter der Tribüne die Brocken, die ich zusammengetragen und in den Keller hinuntergeschafft hatte, um sie nach Einbruch der Dunkelheit zu den Mülltonnen zu bringen. Es gibt keinen Grund, zu erschrecken, dachte ich, denn in dem schwachen Licht täuscht man sich leicht. Ich hob den Kopf und sah die Löwen über mir. Dem äußersten Löwen fehlt eine Tatze.
    Hören Sie? Über Nacht oder am frühen Morgen muss die Tatze abgebrochen sein. Der Stein gibt nach.
    Der Lärm, den Sie jetzt hören, kommt von draußen. Ich bin auf die Galerie gelaufen, um durchs Fenster hinauszuschauen. Die Straße ist aufgerissen, das Haus dahinter eingerüstet, und eine grüne Plane bedeckt das Gerüst. Vorhin hing von der Dachrinne ein Mann, als hätte er sich erhängt. Der Wind bewegte ihn hin und her, und ich wollte auf die Straße laufen, um Hilfe zu suchen. Doch dann hob er den Arm und hielt einen Hammer, mit dem er gegen die Fassade schlug.
    Das Haus, in dem meine Eltern wohnen, liegt nur ein paar Straßen weiter, und sie sind beide tot. Sie können mit dem Haus machen, was Sie wollen, ich kehre nicht dorthin zurück. Im Badezimmer gibt es einen rosa Läufer. Die Lockenwickler habe ich weggeworfen. Was mit dem Strick passiert ist, weiß ich nicht. Hat wohl mit Seilers Tochter tanzen wollen, rief mir im Treppenhaus ein Nachbar zu, nachdem die Polizei gegangen war. Ich hatte meine Schwimmsachen dabei.

    Gleich nach dem Abitur, schwor ich mir, würde ich ausziehen, studieren und in die Wohnung meiner Eltern nicht zurückkehren, ich hörte die Schritte meines Vaters im Flur, versteckte das Buch, er riss mir die Bücher aus der Hand und schlug sie zu, ich hatte blaue Flecke, erst als ich das Schwimmen begann, wurde er vorsichtig, wenn ich mich auszog, lachten die anderen, wir alle nackt, ich schwamm, so schnell ich konnte. Würde gleich ausziehen, drei

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