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Der Bademeister: Roman (German Edition)

Der Bademeister: Roman (German Edition)

Titel: Der Bademeister: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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lautes Reden hörte. Diejenigen, die gekommen waren, schwammen nicht anders als sonst auch, blieben allenfalls länger im Wasser, daran erinnere ich mich, sie blieben lange und schwammen ihre Bahnen, als könnten sie sich nicht entschließen, das Becken zu verlassen, hängten sich endlich an die Haltestangen am Rand, so lange, bis das Wasser wieder ruhig lag, als wäre nichts geschehen, als wären sie nicht da. Hingen ruhig an den Haltestangen im Wasser, jeder für sich, sprachen nicht miteinander, während es die Wochen zuvor lauter gewesen war als gewöhnlich, an diesem Tag dagegen so still, dass ich nicht wusste, ob ich hinschauen sollte oder nicht, schließlich unruhig wurde, weil womöglich einer lautlos ertrank, ohne dass ich es bemerkte.
    Cremer hat über mich den Kopf geschüttelt, und meine Mutter sagte, dass jetzt alles anders würde, ich müsste nur endlich eine Stelle finden, Irrtümer würden bereinigt werden, sagte sie und zeigte aufs Wohnzimmer, als hinge dort mein Vater immer noch. Meine Mutter war aufgeregt, sie fragte mich, warum ich noch immer in dieses Schwimmbad ginge. Wenn ich abends nach Hause kam, wartete sie an der Tür auf mich; ich sagte, ich sei müde. Ich bin immer früh schlafen gegangen. Habe das Licht gleich ausgeschaltet und mich ins Bett gelegt. Ließ nur das Licht des Globus brennen. Im Schwimmbad hat sich nichts verändert. Das Volksbad existiert seit fast hundert Jahren. Selbst wenn die Leute andere sind und anders aussehen, so können sie doch nach wie vor ertrinken.

    Dass sie den Globus an die Tür getragen hat, damit ich ihn wegwerfe, war nicht richtig. Er hat im Zimmer nicht gestört. Ein Globus ist nicht groß. Er nimmt nicht viel Platz weg, und ob die Grenzen stimmen oder nicht, tut dabei nichts zur Sache. Man soll das nicht hier finden, sagte sie, als drohte man, die Wohnung zu durchsuchen, könnte dabei Dinge finden, die uns schaden. Die Zeiten haben sich geändert, beharrte sie.
    Ich hatte an diesem Tag verschlafen, ich fürchtete, zu spät zu kommen, war nicht betrunken, die anderen hatten mich nicht mitgenommen, hatten wohl bis spät zusammengesessen wie die Abende zuvor, und eine Weile wartete ich, ob sie zurückkommen, ob Klaus zurückkommt und mich holt. Ich war abends immer gleich nach Hause gegangen, um zu schlafen, um morgens pünktlich aufzustehen, ging gleich zu Bett, das Lesen hatte ich längst aufgegeben, die Bücher waren weggeräumt, ließ nur das Licht des Globus brennen, es ist sehr dunkel nachts, der Globus hat ein blaues Licht, er steht im Heizungskeller neben den anderen, die ich später gefunden habe, ihr Licht zu schwach, als dass man es von draußen bemerken könnte, ich schlafe dabei ruhiger, im ganzen Gebäude bin ich allein, es ist sonst keiner hier, und nur das Rascheln und Fiepen der Mäuse hört man, ein Flattern und hohes Pfeifen der Fledermäuse, die im Gang zwischen Keller und Schwimmhalle nisten. Es ist die falsche Jahreszeit, sie müssten Winterschlaf halten, haben in einem Schwimmbad nichts verloren, aber das Licht der Globen wird sie fern halten, und wenn ich aufwache, weiß ich, wo ich bin.

    Meine Mutter habe ich während dieser Tage nicht gesehen, obwohl ich früher nach Hause kam als sonst. Ich ging gleich zu Bett und schlief, achtete nicht darauf, ob sie noch wach war oder nicht, überlegte erst später, ob ich das Licht des Fernsehers gesehen, ob sie im Wohnzimmer gesessen hatte. Vielleicht lag sie schon krank in ihrem Bett. Ich wollte ihr nicht begegnen. Sie hätte mich gefragt, warum ich auf einmal die Straßenschuhe trug, den dicken Mantel, beides hatte ich früher nie angezogen, da es zum Schwimmbad nicht weit war, da ich mich, kaum angekommen, auszog, jetzt dagegen den ganzen Tag lang draußen herumlief, den ganzen Tag lang Schuhe, Mantel, darunter ein Pullover und ein Hemd, und vielleicht erkannte mich niemand, weil keiner mich in diesen Kleidern kannte, so wie ich nicht daran gewöhnt war, die Leute nur angezogen zu sehen.

    Ich werde nicht wieder hinausgehen. Ich gehe ungern hinaus. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Ich habe nichts getan. Die Leute draußen kenne ich nicht. Keiner scheint zu wissen, dass man das Schwimmbad geschlossen hat. Ich habe nichts getan, und auf der Straße will ich nicht bleiben. Den Mann mit seinen zu kurzen, karierten Hosen habe ich ein weiteres Mal gesehen. Es gibt solche, die ihre Tage in der Stadt und auf den Bänken der Bushaltestellen oder in öffentlichen Anlagen verbringen. Ich habe

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