Der Bademeister: Roman (German Edition)
Vorschlag, eine der Putzfrauen aus dem Schwimmbad kommen zu lassen. Du hast kein Geld, fuhr sie mich an, obwohl sie wusste, dass das eine Lüge war.
Am Ende konnte ich es nicht mehr hören, setzte ihr morgens den Kaffee auf und ging, öffnete die Tür abends leise, damit sie mich nicht hörte. Ich wollte sie nicht sehen. Sie war fast achtzig Jahre alt, man stirbt in diesem Alter von allein, ich habe damit nichts zu tun. Der Arzt sagte, sie habe Schlaftabletten genommen und vielleicht zu viele, auf ihrem Nachttisch fand er eine leere Packung, er fragte mich, ob sie unglücklich gewesen sei, er musterte mich misstrauisch, ich konnte darauf nichts sagen, wusste auch nicht, woher sie Schlaftabletten hatte, er wollte mir nicht glauben, dass wir kaum miteinander gesprochen haben.
Von unten, von der Straße schaute ich das Haus hinauf, ich habe das sonst nicht getan, es brannte immer Licht, wo hätte sie denn sein sollen? Das bläuliche Licht des Fernsehers im Wohnzimmer, in meinem Zimmer kein Licht, dass ich den Globus in den Müll werfe, hat sie von mir gefordert, ich brachte ihn ins Schwimmbad und bat Klaus, ihn aufzubewahren. Das Licht fehlte mir nachts. Vielleicht konnte sie nicht schlafen und hatte deshalb Schlaftabletten, der Schlaf meiner Mutter geht mich nichts an, ich habe auch ihr Schlafzimmer nie betreten, außer an diesem Abend, wunderte mich, dass es dunkel war und rief im Flur und hörte keine Antwort, da öffnete ich die Tür zu ihrem Zimmer und schaltete das Licht ein, sie lag in ihrem Bett und rührte sich nicht, und als ich sie anfasste, war sie kalt.
Meine Arbeit war, dass keiner ertrinkt. In all den Jahren ist nicht einer ertrunken, doch hatte ich mit diesem Tod zu rechnen, Ertrinken war der Tod, an den ich denken musste. Als Cremers Tochter verunglückte und ich sie aufhob, war sie noch warm. Ich hätte nie zugelassen, dass sie ertrinkt. Das Schwimmen habe ich ihr beigebracht. Im Schwimmbad war sie sicher, und hätte sie an diesem Nachmittag nicht auf der Straße, sondern im Schwimmbad gespielt wie sonst auch, wäre sie noch am Leben. Ein Lastwagen hat sie totgefahren, nicht weit von Cremers Kiosk, und als wir zu ihr hinliefen, war sie noch warm. Die Toten sind nicht kalt, dachte ich verwundert. Ich habe sie im Arm gehalten, es war nicht schwer, sie zu tragen, sie war ja leicht. Bis der Krankenwagen kam, habe ich sie auf dem Arm gehalten, denn Cremer zitterte, er fing zu zittern an, inzwischen ist ein kurzes Zucken daraus geworden, seine Hände zucken, wenn er sie ausstreckt. Sie wäre ihm heruntergefallen.
Aber am Ende sind alle Toten kalt, das wusste ich von meinem Vater. Mit dem Ertrinken hat das nichts zu tun. Trotzdem habe ich mich gewundert, wie kalt die Leiche meiner Mutter war. Ins Schwimmbad ist sie nie gegangen, nicht einmal das Wort wollte sie hören. Ich dachte, dass sie auch tot im Wasser liegen könnte, so kalt war sie, und dann bin ich zu Cremer gegangen, der unser Nachbar ist. Mit ihrem Tod habe ich nichts zu tun, wie ich dem Arzt erklärte, den Cremer anrief und der mich musterte, da ich nicht zu sagen wusste, wo ich mich am selben Tag aufgehalten hatte. Und Cremer sagte, ich sollte sie begraben lassen, ging am nächsten Morgen nicht zum Kiosk und tat alles, was nötig war, wofür ich ihm zu danken habe. Auch Cremers Blick war voller Misstrauen, er fragte mich, was ich gemacht hätte die vergangenen Tage, und ich erklärte ihm, das Schwimmbad sei geschlossen, ich sei entlassen, erklärte ihm, dass ich durch die Stadt gelaufen sei, mehr könnte ich nicht sagen. Er schüttelte den Kopf, und als ich nichts einzuwenden hatte gegen den Vorschlag des Mannes vom Beerdigungsinstitut, meine Mutter zu verbrennen, fragte er mich, ob ich verrückt geworden sei: Anonyme Urne ohne Feier. Du willst sie verbrennen lassen? fragte er entsetzt, aber ich dachte an das Leichenwasser, er selbst hatte mir erzählt, dass aus den Toten Leichenwasser austritt.
Am Mittag holten sie meine Mutter ab. Abends kamen Cremer und seine Frau, brachten mir Brot und Milch und Käse, und als sie gegangen waren, zog ich das Bett meiner Mutter ab, dann schloss ich die Zimmertür hinter mir, denn für das Zimmer habe ich keine Verwendung. Wir haben zu dritt dort gewohnt, später zu zweit, jetzt steht die Wohnung leer. Einige Male bin ich zurückgegangen, um zu holen, was ich brauchte, einen Wasserkocher und saubere Kleider, und jedes Mal fürchtete ich, unterwegs würde einer der Nachbarn mich aufhalten oder
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