Der Bademeister: Roman (German Edition)
Hausmeister ein großes Schild vor dem Gang, der Eingangs- und Schwimmhalle verbindet, keiner durfte mehr herein, der keine Badekappe hatte, und die Gesichter unter den hellen Schädeln ließen sich nicht unterscheiden.
Ich war der Bademeister und habe nichts dazu gesagt. Was jetzt auf den Schildern hier geschrieben steht, beschränkt sich auf wenige Anweisungen, die nicht zu missdeuten sind und keine unvorhergesehenen Folgen haben können. Ich weiß, dass es andere Schilder gab, von denen der Hausmeister zwei hinter einem Schrank in einer der Auskleidekabinen gefunden hatte: Juden unerwünscht!, die er feixend in die Eingangshalle stellte und stehen ließ, bis ich sie abends in die Abstellkammer räumte.
Schließlich befestigte der Hausmeister das Schild für Badekappen in der Halle selbst.
Das Schwimmbad ist zwar nicht groß, doch war es die Anzahl der Badegäste, und plötzlich schienen es viel mehr zu sein als sonst, weil man die Leute mit ihren Badekappen nicht unterscheiden konnte, jeder mit einer Badekappe, das Schild hing in der Halle, und ohne Badekappe durfte niemand ins Wasser, wie ich immer wieder rufen musste, auf das Schild verweisen, nur mit Badekappe sollten die Schwimmer sich in der Halle aufhalten, kamen mit glatten weißen Schädeln schon aus den Auskleidekabinen, kamen nass, mit weißen Schädeln aus den Duschen. Hören Sie? Gesichter kann man leicht verschwinden lassen, es braucht nicht viel, damit nichts bleibt, und schon fehlt nicht mehr viel, dass sie in Formationen schwimmen, die Köpfe heben, senken wie auf Kommando.
Sie hatten kein Gesicht, wie kahl geschoren wirkten sie, dabei gehorsam, und schließlich verhängte ich das Schild mit einem Handtuch, als könnte ich damit die mir fremden und unheilvollen Gesichter verhängen.
Vielleicht war es mein Fehler oder meine Schuld, dass ich sie niemals angesehen, nur auf die bloßen Körper, auf die Bewegungen geachtet habe, und jetzt kehren sie zurück, unkenntlich, feindselig, als wäre etwas zu erledigen geblieben zwischen uns.
Es ist die einzige Regel, die ich übertreten habe. Die anderen Regeln habe ich beachtet, wie der alte Bademeister mich angewiesen hatte. Das Mitbringen von Spielzeug war nie durch eine Anweisung verboten, und ich habe es geduldet, wenn Kinder ein Spielzeug mitbrachten, obgleich ich wusste, dass es nicht üblich ist, denn Dinge fallen ins Wasser, saugen sich mit Wasser voll, sinken auf den Grund, sind vielleicht schmutzig.
Und es kam vor, dass ein Spielzeug vergessen liegen blieb, nicht abgeholt wurde, eine Puppe aus Plastik oder Stoff, ein Holztier, ohne dass einer danach fragte, wie es auch mit Handtüchern und Badeanzügen geschah, und dann hän-digte ich den Gegenstand dem Heizer aus, der ihn in einem Schrank im Keller aufbewahrte. Daraus entsteht kein Schaden.
Wenn etwas verloren ist, kann man beruhigt sein, dachte ich, als ich im Heizungskeller den Schrank öffnete, in dem Badekappen, Handtücher und einige Spielzeuge lagen; Klaus hatte den Schrank in seine Kammer geschoben, und in diesem Schrank war auch mein Globus.
Was aus denen geworden ist, die etwas verloren haben, weiß ich nicht, sie haben es wohl längst vergessen, waren damals Kinder, sind inzwischen erwachsen, waren erwachsen, sind inzwischen tot. Und sofern sie noch leben, würden sie den vergessenen Gegenstand vielleicht nicht wiederhaben wollen. Eine Fundsache, die man zurückerhält, ist keine Fundsache mehr. Vielleicht war es falsch gewesen, den alten Globus herauszusuchen. Im Schrank war alles gut aufgehoben. Auch wenn die Fundsachen im Heizungskeller verwahrt werden, ist doch der Bademeister letztlich dafür zuständig, und als Klaus wegwerfen wollte, was sich an Fundsachen angesammelt hatte, konnte ich ihn daran hindern, so dass ein im Volksbad verlorener und gefundener Gegenstand ein jedenfalls und für immer gut aufbewahrter Gegenstand war. Es ist hier niemals etwas weggekommen.
Wenn ich die drei anderen Globen nicht zufällig auf der Straße gefunden hätte, wären sie am nächsten Morgen von der Müllabfuhr beseitigt worden, so wie es meine Mutter für meinen alten Globus vorgesehen hatte. Ich habe mich entschlossen, den Karton mit den drei Globen gleich hierherzutragen, denn in der Wohnung wären sie nicht gut aufgehoben, nachts kehrte ich hierher zurück, schlief in der kleinen Kammer, in der eine Pritsche steht; seither verbringe ich die Nächte hier.
Es ist lange dunkel. Auch jetzt, da die Tage länger werden, ist es noch immer
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