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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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immer gemütlich, wenn es brenzlig wird. »Dieser Mann hier ist ermordet worden. Vor einhundertelf Jahren. Er hieß Tutut und war ein Zigeuner. Und mit ihm zusammen hat man ein Pferd samt Sattel begraben.«
    »Und woher weißte das?«
    »Aus Akten«, sagte Rodenstock freundlich. »Und wer bist du?«
    Die beiden Frauen machten sich davon, der Volvo rollte elegant auf den Feldweg zu. »Klas heiße ich. Ich pass hier auf.«
    »Auf was passt du denn auf?« Der alte Gauner hatte den Spieß umgedreht, jetzt fragte er, und ich fragte mich, ob Klas das merken würde.
    »Na ja, auf alles hier. Ich mähe hier auch. Die Fremden machen viel Durcheinander, schmeißen Dosen in den Wald und Butterbrotpapiere und leere Zigarettenschachteln. Wat grabt ihr da?«
    »Das ist Tututs Grab«, sagte Rodenstock freundlich. »Er war ein Zigeuner, er wurde 1888 unten an der Straßenmündung nach Rockeskyll umgebracht. Sie haben ihn hier begraben. Wir haben ihn jetzt gefunden.«
    »Dat war Juppes. Juppes hat euch das gezeigt, häh?«
    Rodenstock nickte. »Das war Juppes.«
    »Und ihr? Seid ihr von der Polizei?«
    »Ich bin Kriminalbeamter gewesen, jetzt bin ich Rentner. Das ist Baumeister, mein Freund. Die beiden Frauen sind unsere Frauen. Was weißt du über Tutut? Hat dein Vater was erzählt oder dein Opa oder deine Frau?«
    »Alle haben was erzählt, aber keiner hat irgendwas gewusst. Ich meine, keiner hat Genaues gewusst. Und ein Pferd? Ich sehe da einen Pferdeschädel.« Er hatte ein Problem, und das hing mit Gerolstein zusammen. Er war einer von denen, die Gerolstein bis aufs Blut verteidigten, die sich verantwortlich fühlten. Jetzt war Unruhe angesagt, jetzt geschah etwas, das niemand kontrollieren konnte.
    »Sie haben ein Pferd mit Tutut begraben. Und einen Sattel.«
    »Aber das Grab da ist nicht mehr der alte Juddefriedhof, das liegt schon außerhalb.«
    »Ich weiß«, nickte Rodenstock. »Deshalb brauchten wir auch den alten Juppes. Der wusste, wo Tutut begraben wurde. Aber ich kann dich verstehen. Wenn du nicht weißt, was du tun sollst, kannst du die Polizei benachrichtigen. Wenn du hier aufpasst, musst du das ja tun.«
    Klas kratzte sich die eisgrauen Bartstoppeln. »Da ist eine Frau. Sie sagen, eine junge Frau. Sie will diese Sache untersuchen und drüber schreiben. Ich kenne die ja nicht, aber es wird so gesagt.«
    »Tessa Schmitz«, nickte Rodenstock. »Wir kennen sie. Sie ist gut, sie will eine Doktorarbeit drüber schreiben. Sie kommt gleich.«
    »Darf die das?«
    »Jeder darf das. Hast du auch gewusst, wo Tutut liegt?«
    »Ungefähr«, nickte er. »Habt ihr was dagegen, wenn ich rauche?« Das klang merkwürdig.
    »Nein«, sagte Rodenstock. »Ich zünde mir auch eine an. Das ist eine gute Idee. Pause machen. Baumeister komm, lass eine Pfeife qualmen.«
    Also gesellte ich mich dazu und stopfte mir die Handmade von Winslow.
    Klas war erstaunlich gelenkig. Er ließ sich in den Schneidersitz gleiten und benutzte dazu die Hände nicht. »Wat wollt ihr denn mit den Knochen? Kann man daraus was sehen?«
    »Kann man«, nickte ich. »Sie sagen, irgendeiner hat Tutut den Schädel eingeschlagen, das kann man dann sehen und untersuchen. Aber das ist eigentlich unwichtig. Wichtig sind das Pferd und der Sattel. Was sagen denn die Leute, mit was ist er erschlagen worden?«
    »Mit einem Eichenkloben. So ein Holzstück. Das wird jedenfalls gesagt.«
    »Ist auch gesagt worden, wer es war?«, fragte ich weiter.
    »Ach du lieber Gott.« Er grinste matt. »Da wurde viel geredet, aber ob was dran ist?«
    »Ich habe ein Problem, Klas.« Rodenstock schlich sich gewissermaßen von hinten an das Problem heran, und wie immer machte er es sehr souverän.
    »Stellen wir uns mal die Nacht vor, in der das mit Tutut passierte ... «
    »Also, mein Vater sagte, es war nicht Nacht. Es war Abend, später Abend. Mein Vater sagt, so um neun, halb zehn.«
    »Ach so. Na, gut. Tutut sitzt an seinem Feuer. Da steht der Esel mit dem Karren. Ich denke mal, der Esel grast oder so was. Da steht der Bär. Also, entweder ist der in einem Käfig auf dem Karren oder Tutut hat ihn aus dem Käfig genommen und irgendwo an einen Baum gebunden ...«
    »Also, mein Vater sagte, das machte der immer so. Er nahm den Bären raus und band ihn an. Mein Vater sagte, er weiß genau, dass Tutut den Bären ... also, dass er den Bären als Wachhund benutzte. Er nahm den Maulkorb ab, denn der Bär hat immer einen Maulkorb tragen müssen, auch im Käfig. Nur nachts, wenn Tutut mit dem Bären

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