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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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hin und her schleppte und dafür einen Lohn kassierte. Ein Essen, eine Nacht im Heu und solche Sachen.
    Zwei Liebesgeschichten sind am Laufen. Da liebt dieser Karl-Heinrich Wesendonker die Bäuerin des Hexenhofs Maria Hansen. Da liebt der Richter Severus Brandscheid die Ehefrau des Wesendonker. Niemand von diesen vieren konnte mit dem anderen ungehindert sprechen, niemand konnte Pläne über lange Zeit schmieden. Und ich denke, keiner hat dem anderen ein Sterbenswörtchen verraten, das heißt, zwei Paare, jeweils streng isoliert, bemühen sich, ein Leben zusammen zu erreichen. Ist das klar? Sie schicken sich Briefe. Und alle diese Briefe transportiert Tutut. Für die damals gemächlichen Verhältnisse entsteht langsam ein Chaos. Beide Männer wollen ihre ... na ja, Angebetete. Der Tutut kann die Briefe ja auch nicht einfach von Haus zu Haus getragen haben, da mussten Verstecke her. Ein Versteck kann der Platz gewesen sein, an dem Tutut erschlagen wurde. Das ist nämlich, wenn ich das richtig verstanden habe, ein Platz gewesen, der vom Hexenhof aus gesehen schnell zu erreichen war. Maria Hansen konnte dort den Brief holen oder das Geld, das ihr die Überfahrt nach Amerika ermöglichte. Der Richter Severus Brandscheid wollte die Frau des Wesendonker. Wahrscheinlich war die Ehe der Wesendonkers ein Arrangement der Eltern. Das war damals häufig so. Die Ehe war einfach kaputt, noch ehe sie lange bestanden hatte. Die zwei passten nicht zueinander, weshalb denn die Frau auch der Drache genannt wurde. Tutut steckte in beiden Verhältnissen knietief drin. Er wusste, was da lief, aber er durfte es nicht merken. Und ich denke, dass langsam aber sicher sowohl der Richter wie Wesendonker spürten, dass sie vollkommen in Tututs Hand waren. Tutut hätte das wahrscheinlich niemals ausgenutzt, aber trotzdem machte er plötzlich beiden Männern Angst. Ich glaube, dass es so etwas wie ein Gentlemen's Aagreement gab. Wesendonker wusste, dass der Richter seine Frau wollte. Und der Richter wusste, dass Wesendonker zusammen mit Maria Hansen spurlos nach Amerika verschwinden wollte. Ich gehe jede Wette ein, dass jeder vom Stammtisch der noblen Herren genau wusste, was da lief. Und irgendetwas ging schief, irgendjemand verlor die Nerven und erschlug Tutut, weil er glaubte, Tutut würde etwas verraten. Und das war der Irrtum: Tutut hätte niemals etwas verraten. Denn Tutut, wenn der Schamane das richtig verstanden hat, lebte von Geheimnissen. Er lebte davon, dass er niemals etwas sagte.«
    »Erstaunlich!«, sagte Rodenstock. »Der Schamane hat recht. Natürlich, es waren zwei parallel laufende Liebesgeschichten, und als sie begriffen, dass Tutut im Grunde alles wusste, die Mitspieler kannte, ihre Briefe transportierte, bekam einer die mächtige Angst und schlug Tutut tot. Frage: Wieso ist Karl-Heinrich Wesendonker, der Steuereintreiber, nicht zu Maria Hansen nach Amerika gereist?«
    »Vielleicht weil er inzwischen die Nase voll hatte, weil er sie nicht mehr liebte, nicht genügend jedenfalls, um mit ihr ein Glück auf dem anderen Kontinent zu suchen,vielleicht, weil von seiner Seite aus die Geschichte gar nicht so tiefernst war.« Emma zog einen breiten Mund.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Rodenstock. »Wir müssen feststellen, mit welchem Schiff Wesendonker reisen wollte. Wer kann das erledigen?«
    Emma und ich sahen uns an und sagten gleichzeitig: »Esther!«

5. Kapitel
    Der Schamane lächelte und fragte: »Kann ich eine Scheibe trockenes Brot haben? Vielleicht behalte ich das im Magen.«
    Ich holte ihm das Brot aus der Küche, und er aß langsam und kaute sehr sorgfältig, wenngleich mir schleierhaft war, wie ein Mensch ohne alle Zähne kauen kann. »Interessant ist, dass man ein sehr genaues Bild bekommt, wenn man intelligente Menschen auf die Spur einer Szene setzt. Darauf kam es mir an. Der Schamane hat sich einfach konzentriert und ein Bild bekommen, das wahrscheinlich stimmt.« Emma sah den Schamanen fast liebevoll an.
    »Ich bin eben klug«, murmelte der Schamane.
    »Du solltest was für dich tun«, schlug Rodenstock vor. »Vielleicht kann ich dir Hilfe vermitteln. Willst du Hilfe?«
    »Ich weiß das noch nicht genau«, antwortete er sehr ernsthaft. »Kann ich mir das heute Nacht überlegen?«
    »Selbstverständlich. Ich denke, du musst gründlich entzogen werden und dann irgendeine Therapie machen und anschließend Arbeit kriegen. Erst mal körperliche Arbeit, dann wird man weitersehen. Jetzt schmeißen wir Esther raus. Sie muss

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