Der Baron und die widerspenstige Schöne
dich aufmerksam würden. Nein, wir fahren nach Malberry. Falls deine Sorge daher rührt, dass du fürchtest, der Verwalter könnte dich erkennen, so kann ich dich beruhigen. Ich weiß von Ainslowe selbst, dass er den Mann beauftragt hat, den Bau seiner Jagdhütte in Leicestershire zu beaufsichtigen. Er wird während unseres Besuches also nicht anwesend sein. Und ich hoffe doch sehr, dass wir uns nach unserem Aufenthalt in Malberry Court keine Sorgen mehr über deine Herkunft machen müssen.“
„Du meinst, falls ich einen Heiratsantrag erhalte, soll ich diesen akzeptieren.“
„Aber selbstverständlich!“ Lady Broxted schaute sie überrascht an. „Wir haben dich schließlich allein aus dem Grund, dir einen respektablen Gatten zu verschaffen, in unsere Obhut genommen.“
„Ja“, sagte Carlotta, ein Seufzen unterdrückend. „Das ist mir bewusst.“
„Ich möchte dich nicht beschämen, Carlotta, aber du hast kaum eine andere Wahl“, machte ihr Onkel deutlich. „Wenn du keine Ehe eingehst, wird dich eine triste Zukunft erwarten. Vielleicht glaubst du, dir deinen Lebensunterhalt als Künstlerin verdienen zu können, indes solltest du wissen, welch heikles Unterfangen das ist. Zudem darfst du nicht damit rechnen, dass ich dich finanziell unterstützen werde“, sagte er, und seine Miene verhärtete sich. „Ich fürchte, ich werde mich nicht überwinden können, einen Lebensstil zu finanzieren, der noch mehr Schande über unsere Familie bringt.“
„Du denkst also, Mama hat Schande über die Familie gebracht, nur weil sie einen Künstler geheiratet hat!“, fuhr Carlotta mit vor Wut flammend roten Wangen auf.
„Nein, natürlich nicht“, warf Lady Broxted rasch ein. „So hat dein Onkel das nicht gemeint …“
Lord Broxted gebot seiner Gemahlin zu schweigen. „Ich denke, meine Liebe, es ist an der Zeit, meiner Nichte ihre Situation deutlich zu machen, damit sie sich vollständig im Klaren darüber ist. Als wir dir ein Heim boten, Carlotta, geschah dies mit der Absicht, deinem Zweig der Familie wieder zu Ansehen zu verhelfen. Ich hegte die Absicht zu verhindern, dass du in die Fußstapfen deiner Mutter trittst.“
Carlotta schluckte die wütende Bemerkung hinunter, die ihr auf der Zunge lag. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass der Zweck ihres Aufenthalts in der Stadt einzig darin bestand, ihr einen geeigneten Gatten zu suchen. Ihre Tante hatte nie einen Hehl daraus gemacht. Wie konnte sie ihnen jetzt noch sagen, dass sie sich nicht vermählen wollte?
8. KAPITEL
Beim Ball am nächsten Abend redeten Mr. und Mrs. Price über nichts anderes als den bevorstehenden Besuch bei den Ainslowes. Sofort zogen sie Carlotta und ihre Tante ins Gespräch, als diese sich zu ihnen gesellten.
„Wir sehen schon gespannt unserem Besuch in Malberry Court entgegen“, meinte Mr. Price in seiner gewohnt unverblümten, jovialen Art.
„Ja, wir hörten, es sei komplett renoviert worden“, sagte Lady Broxted.
„Nun, hier kommt ein Gentleman, der uns garantiert Auskunft darüber geben kann, ob sich die Arbeit gelohnt hat!“ Mr. Price schaute über Carlottas Schulter hinweg und winkte. „Lord Darvell, Sie kommen im rechten Augenblick. Wir unterhalten uns gerade über Malberry Court. Ist es tatsächlich so schön geworden, wie man sagt?“
„Oh, es ist sogar noch schöner geworden“, erwiderte Luke. Er würdigte Carlotta keines Blickes, indes war er sich ihrer Nähe bewusst. „Mein Bruder hat keine Kosten und Mühen gescheut. Er hat einen berühmten Architekten engagiert und den besten Künstler beauftragt, der zur Verfügung stand.“ Aus dem Augenwinkel sah er, wie Carlotta zusammenzuckte und sich abwandte. Verflixt. Er hatte sie doch ignorieren wollen, indes jetzt, wo er neben ihr stand, ritt ihn plötzlich der Teufel. Er wollte alles daransetzen, diese Maske der Gleichgültigkeit aus ihrem Gesicht zu wischen.
„Ja, das habe ich gehört, ein Italiener.“ Mr. Price lachte herzlich. „Ich hoffe nur, die Wandgemälde werden unsere Damen nicht in Verlegenheit bringen!“
„Oh, das halte ich für unwahrscheinlich, zumindest im Haus wird sich nichts Anrüchiges finden“, sagte Luke. „Denken Sie nicht auch, Miss Rivington?“
Carlottas Miene verfinsterte sich, aber als sie den sorgenvollen Blick ihrer Tante bemerkte, setzte sie rasch ein Lächeln auf. Sie durfte keinen Verdacht aufkommen lassen. „Da ich noch nicht als Gast in Malberry Court weilte, kann ich dazu nichts sagen. Ich bin mir dennoch gewiss, dass
Weitere Kostenlose Bücher