Der Baron und die widerspenstige Schöne
Gatten zurückzukehren. „Nun dürfen wir Sie aber nicht länger aufhalten, Mylord. Wir freuen uns, wenn Sie uns morgen besuchen. Carlotta, bringst du Lord Darvell bitte zur Tür?“
Carlotta reichte Luke seinen Hut, dann ging sie ihm voran durch den kleinen Flur. An der Haustür wandte sie sich, unvermittelt schüchtern, zu ihm um. „Mylord, ich …“
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. „Ich komme morgen früh vorbei.“ Sein Blick ruhte besorgt auf ihr. „Es sei denn, du möchtest, dass ich bleibe?“
Der Gedanke ließ Schmetterlinge in Carlottas Bauch tanzen. Nichts wäre ihr lieber gewesen, als dass er für immer bei ihr blieb, allerdings war ihr klar, dass seine Frage allein auf ihre Sicherheit zielte.
„Danke, Mylord, wir kommen schon zurecht. Wir werden die Türen und Fenster verriegeln, und Jack soll einen dicken Knüppel in Reichweite haben.“
„Sorge dafür, dass er es auch wirklich tut“, sagte er mit flüchtigem Lächeln. „Gute Nacht, cara .“
Als Carlotta ins Wohnzimmer zurückkehrte, stand ihre Mutter am Fenster und schaute Lord Darvell nach.
„Nun“, sagte sie. „Er ist ein sehr netter Gentleman. Ist er mit Mr. Ainslowe von Malberry Court verwandt?“
„Er ist sein Bruder, Mama.“ Carlotta errötete, ob des argwöhnischen Funkelns in den Augen ihrer Mutter.
„Ah, dann ist er wohl der reiche Verehrer, den deine Tante in ihren Briefen erwähnte.“
Carlottas Wangen färbten sich dunkelrot. „Lord Darvell ist nicht vermögend, Onkel Broxted hält ihn für einen Tunichtgut.“
„Wie schade, denn er scheint mir von angenehmen Wesen zu sein. Es war außergewöhnlich zuvorkommend von ihm, dich die weite Strecke hierher zu kutschieren.“ Sie seufzte. „Nun ja, du hast weitaus bessere Aussichten, als dass du dich mit einem attraktiven Gesicht zufriedengeben müsstest.“
Es war ein seltsames Gefühl, nach den Annehmlichkeiten von Broxted House wieder in der Schlafkammer im Haus ihrer Eltern aufzuwachen. Es dauerte eine Weile, bis Carlotta wusste, wo sie war, und ihre Träume von der Wirklichkeit unterscheiden konnte. Und obwohl ihr Vater verletzt im angrenzenden Zimmer lag, fühlte sie sich befreit von Beklommenheit und Kummer – ihre steten Begleiter während der Tage in London. Still lag sie da, lauschte dem Vogelgezwitscher vor ihrem Fenster und genoss das Glücksgefühl, das sie beim Gedanken an ein Paar haselnussbraune Augen erfüllte, die sie liebevoll anblickten. Sie befand sich nicht länger im Streit mit Luke. Irgendetwas hatte sich seit dem Zeitpunkt, da sie den Brief aus Malberry erhalten hatte, geändert. Instinktiv hatte sie sich in ihrer Not an Luke gewandt, und er war ihrer stummen Bitte um Hilfe ohne Zögern gefolgt. Und er hatte sie cara genannt – Liebes. Mit vor Freude hüpfendem Herz schlüpfte Carlotta aus dem Bett. Luke hatte versprochen, sie an diesem Morgen zu besuchen!
Nachdem sie sich angekleidet hatte, schaute sie nach ihrem Vater. Ganz offenkundig hatte ihre Mutter die ganze Nacht an seinem Bett gesessen, weshalb Carlotta unverzüglich ihren Platz einnahm und sie anwies, sich auszuruhen. Es gab wenig zu tun, ihr Vater schlief ruhig, doch sie wusste, dass ihre Mutter nicht zur Ruhe kommen würde, wenn nicht jemand über ihn wachte. Eine Stunde verging, und während Carlotta in dem stillen Schlafzimmer saß, dachte sie an die Reise nach Malberry. Als sie neben Luke in der Karriole gesessen hatte, war sie so besorgt um ihren Vater gewesen, dass sie Lukes Erklärungen kaum Beachtung geschenkt hatte.
Sie schloss die Augen. Zwar verstand sie nun, warum er an jenem Tag gegangen war, nachdem er die Pläne ihres Onkels vernommen hatte. Dennoch wünschte sie, er hätte sie aufgesucht, hätte mit ihr gesprochen. Sie schüttelte den Kopf. Nun, das ließ sich nicht mehr ändern. Unvermittelt aber wurde ihr bewusst, wie Luke an jenem Tag zumute gewesen sein musste. Damals war er nicht der selbstbewusste, forsche junge Mann gewesen, den sie kannte. Nein, er war in höchstem Maße verunsichert, ob er ihren Eltern willkommen sein würde, da er zwar einen Titel besaß, aber kein Vermögen, und damit ganz gewiss nicht den Vorstellungen einer guten Partie entsprach, die Lord Broxted für seine Nichte im Sinn hatte.
„Oh Luke“, flüsterte sie. „Ob du Vermögen hattest oder nicht, war mir gleich – es hat nie eine Rolle gespielt!“
Aus ihren Gedanken gerissen, hob sie den Kopf, als ihre Mutter mit einem großen Korb ins Zimmer trat.
„Schau nur,
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