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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Zimmer auf einem Stuhl sitzen, nur so dasitzen, wie erstarrt.
    Es mußte eine gute Ehe gewesen sein.
    Manchmal ging Taxifahren an die Nieren.
    Bastian hatte kaum Leerlauf in dieser Nacht und
machte gute Kasse. Gegen Morgen wurde er zu einer Wirtschaft gerufen. Man lud
ihm einen Volltrunkenen in den Wagen mit der Zusicherung »Den. können S’ ruhig
nehmen. Der randaliert nicht und tut auch nichts nicht verunreinigen, weil er
vorher einschlaft.« Man gab ihm seine Adresse, Bastian fuhr mit dem Schläfer
ab.
    Vor seinem Haus in Giesing hielt Bastian an und
versuchte, ihn 72 durch Rütteln und Anschreien aufzuwecken, jedoch
vergebens.
    Er hatte seine liebe Not, ihn aus dem Taxi zu
ziehen und auf die Füße zu stellen, hochkant, damit er sich besser ziehen ließ.
Wie einen Sandsack schleppte er ihn zum nächsten Laternenpfahl und lehnte ihn
dagegen, dabei sein Gewicht so auswuchtend, daß er wenigstens nicht sofort
umkippen konnte.
    Dann eilte er auf die Haustür zu und läutete
Sturm bei Rübensam, so hieß der tiefe Schläfer.
    Im ersten Stock wurde Licht, ein dicker
Frauenkopf mit verlegenen Haaren erschien am Fenster, Arme fuhren in einen
Bademantel.
    »Was ist?« fragte die dazugehörige Stimme
abwärts.
    Bastian zeigte auf den Mann am Laternenpfahl.
»Ist das Ihrer?«
    Die Frau beugte sich vor und schaute. »Wo ist
sein Hut?« Bastian fand den Hut des Mannes im Innern seines Wagens. Inzwischen
war der Mann zusammengesackt, aber senkrecht abwärts. Er saß nun am Fuße des
Laternenpfahls und schlief. »Ist er voll?« fragte die Frau.
    »Bis zum Rand«, versicherte Bastian.
    »Suffkopp«, sagte die Frau und schlug das
Fenster zu.
    Darauf klingelte Bastian noch einmal Sturm bei
Rübensam. »He — Sie! Wo soll ich mit ihm hin? Ich fahr’ die ganze Nacht, ich
will auch mal nach Hause.«
    Die Frau öffnete das Fenster um einen Spalt und
schimpfte: »Brüllen Sie nicht so! Sie wecken das ganze Haus auf.«
    »Ich will mein Geld. Ich kriege dreizehn Mark
fünfundsiebzig!«
    »Das müssen Sie erst mal beweisen«, sagte die
Frau.
    Bastian packte den menschlichen Sandsack samt
Hut und schleifte ihn zum Taxi zurück.
    Jetzt wurde es munter am Fenster. »Sie! Wo
wollen Sie mit meinem Gatten hin?«
    »Zur Wache.«
    Da war die Frau plötzlich zahm und versprach,
mit dem Portemonnaie herunterzukommen.
    Es war Samstagmorgen. Ein blitzblauer
Samstagmorgen, an, dem die Münchner ihre Familien und das Badezeug im Auto
verpackten, um an einen See zu fahren. Bastian kam um diese Zeit vom
Nachtdienst heim.
    Susi wickelte gerade das brüllende Kathrinchen.
Sie trug einen Kimono von der letzten japanischen Kaufhaus-Werbewoche, I ihr
frisch gewaschenes Haar umwehte ihre Schultern wie ein kastanienbrauner
Seidenteppich. Sie hielt ihm die Wange zum 1 Kuß hin.
    Bastian machte keinen Gebrauch von ihrem
Angebot. Er war zum Umfallen müde.
    »Warum schreit das Baby?« fragte er.
    »Es hat ausgeschlafen.«
    »Warum?«
    Susi begriff seine Frage nicht. »Ich mach’ uns
gleich Frühstück, | Bastian. Sei lieb und hol frische Semmeln, ja?«
    »Ich hole keine frischen Semmeln«, sagte er.
»Ich gehe schlafen.«
    »Ja, schlaf nur«, sagte sie und zu Kathrinchen:
»Daß du mir nicht den Papi weckst.«
    »Den wen????«
    »Den Onkel, meine ich natürlich.«
    Er war zu müde, um sich zu waschen. Zog sich bis
auf die Unterhose aus und stieg in der Kammer auf die wacklige Gartenliege, die
Susi mit seinen Betten hergerichtet hatte. Bastian streckte sich auf ihr aus,
da brach ihr Fußende zusammen. Er stand wieder auf und richtete das Fußende und
legte sich wieder hin und spürte etwas Hartes unter seinem Kopf. Er tastete
danach und hielt ein Praline in seiner Hand, ein Betthupferl.
    Susi meinte es wirklich gut mit ihm.
    Und auch Kathrinchen. Es untermalte seine
letzten wachen Minuten mit zornigem Krähen. Das war ganz natürlich für ein
gesundes Baby.
    Es war nur so ärgerlich, daß sein leiblicher
Vater, der Referendar in Köln, sich an diesem Samstagmorgen ausschlafen durfte,
während er, Bastian, der völlig unschuldig an diesem Schreihals war, ihm
zuhören mußte.
    Er schlief etwa eine Stunde. Dann träumte er, er
müßte bei seiner Schwester Leni und ihrem Mann, den er nicht ausstehen konnte,
die Gardinen aufhängen.
    Er stand auf einer Leiter, plötzlich polterte
und krachte es. Bastian fiel von der Leiter und wachte durch den spürbaren Abwärtsruck
auf.
    Das Krachen und Poltern kam aus der angrenzenden
Küche, an deren Wand die Liege stand. Etwas

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