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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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legte ein Markstück darauf und drehte
noch einmal die Nummer vom Krankenhaus.
    Diesmal erwischte er Katharina. Sie hatte es
eilig.
    Ihm fiel nichts ein, was er sagen sollte, außer:
»Ach. Mensch, du — warum bist du da? Warum bist du nicht hier? — Ich? Ich bin
bei einem Freund — Kathinka — war schön heut.«
    »Ja, war schön — « kam ihre Stimme zurück.
    »Nur viel zu kurz.«
    »Ja, Bastian, viel zu kurz...«
    »Weißt du, sie ist wundervoll«, sagte er,
nachdem er eingehängt hatte, und saß mit einem Gesicht da wie aufgegangen.
»Ja«, sagte Kaspar.
    »Sie ist klein - bis hier geht sie mir bloß.
Aber das ist einerseits das Schöne, und andererseits merkst du es gar nicht.
Das macht ihre Persönlichkeit... Du mußt sie mal mit ihren Patienten erleben...
Nicht diese blöde Jovialität, die Ärzte manchmal mit Kranken haben. Sie nicht.
Sie ist so ruhig und menschlich, einfach...«
    »Wundervoll«, gähnte Kaspar.
    Es war inzwischen halb zehn.
    »Ja«, nickte Bastian und griff zum Telefonhörer.
    »Ich ruf’ sie noch mal an. Ich muß sie fragen,
was ihre Blasen machen. Sie war so tapfer...«
    Kaspar bot ihm keinen Saft mehr an, er hatte
auch schon den Aschenbecher fortgeräumt.
    Bastian sagte höflichkeitshalber: »Tja, dann
werde ich mal gehen...«
    Kaspar stand sofort auf, damit er es sich nicht
noch anders überlegte.
    Bastian spürte einen starken, ziehenden Schmerz
in den Beinen, er konnte kaum auftreten — aua — was war ihm denn bloß
geschehen!?
    »Sagtest du nicht mehrmals, du warst auf einem
Berg?« erinnerte sich Kaspar.
    »Meinst du, das kommt davon?«
    Bastian quälte sich am Treppengeländer hinunter.
Er teilte jede Stufe, die er bewältigt hatte, durch ein Stöhnen seinem
Kommilitonen mit, der oben auf dem Treppenabsatz stand und ihm interessiert
nachsah.
     
     
     

Martha Guthmann fährt U-Bahn
     
    Bastian schlief wie ein Toter in seiner
Rumpelkammer. Er hörte weder das Telefon noch Susi, die im Nachthemd an seiner
Liege stand und »Aufstehen!« rief.
    Sie suchte sich schließlich sein Ohr und
trompetete seinen Namen hinein, wobei sie gleichzeitig heftig an ihm rüttelte.
Es war, als ob sie einen Groschen in sein Ohr geworfen hätte, der unterwegs im
Gehörgang hängenblieb, nach mehreren Püffen tiefer hinunter rutschte und
endlich bei seinem Bewußtsein ankam.
    »Ja — was’n los?«
    »Du mußt aufstehen. Schnell!«
    Bastian fuhr hoch, aus dem Bett und mit einem
Schmerzensschrei wieder hinein.
    Susi, mit der neidischen Moral der
Ausgeschlafenen, die am Sonntag nichts Amüsanteres vorhatten, als früh zu Bett
zu gehen, sagte: »Du bist aber schön verkatert.«
    Bastian tastete zuerst nach seinem linken Bein
und setzte es vorsichtig auf den Boden, dann tat er dasselbe mit dem rechten
und hielt ihr seine Hand hin: »Zieh mal an mir.« Er wimmerte, während sie ihn
in die Höhe wuchtete.
    »Das kommt vom Saufen.«
    »Was heißt Saufen? Halt’ ich mir den Kopf oder
die Haxen?«
    »Wo warst du denn?«
    »Auf’m Berg.«
    »Du? Welchem Berg denn?«
    Das wußte er nicht.
    »Aber du mußt doch wissen, wie der Berg geheißen
hat.«
    »Es stand nicht dran.« Er lahmte hinter ihr aus
der Kammer. »Warum hast du mich eigentlich geweckt?«
    »Gerade ist angerufen worden. Eine
Telegrammdurchsage. Deine Großmutter kommt um acht Uhr vierunddreißig auf dem Hauptbahnhof
an. Du möchtest sie abholen.«
    Bastian war plötzlich oberhalb seines
Muskelkaters voll Heiterkeit. »Sie kommt schon heute? Sagenhaft. — Wie spät
haben wir’s eigentlich?«
    »Zwanzig vor acht. Ich mach’ dir schnell Tee.«
    Er lahmte ins Bad und versuchte, mit beiden
Händen ein Bein über den hohen Rand der Wanne zu hieven, jedoch es gelang ihm
auch beim dritten Anlauf nicht.
    Na schön, duschte er eben morgen.
    »Du, Bastian«, rief Susi von der Küche her.
»Warum kommt deine Großmutter so plötzlich zurück?«
    »Ich nehme an, sie hat Sehnsucht nach
Kathrinchen.«
    »Glaubst du?« sagte sie froh.
     
    Elf Minuten vor Ankunft des Zuges war er auf dem
Bahnhof. Sechs Minuten brauchte er, um eine Telefonzelle zu finden, die nicht
besetzt war und dennoch funktionierte. Dann dauerte es noch einmal zwei
Minuten, bis er Katharinas müde, zärtliche Stimme in der Hand hielt.
    »Liebling...«
    »Hmhm?«
    »Hast du gut geschlafen?«
    »Es ging heut nacht. Ich bin nur zweimal gerufen
worden. Wo bist du denn? Da ist so ein Krach...«
    »Auf dem Bahnhof«, sagte er. »Meine Großmutter
abholen. Sie kommt gleich selbst.«
    »Du,

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