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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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    Und beider Atem duftete nach Marillenschnaps.
     
    Der Schnaps hatte überhaupt keine Wirkung auf
den Stiefel gehabt, er blieb so unnachgiebig, wie er zuvor gewesen war. Somit
kam Katharina auf Socken zu Tal und auf Bastian gestützt — was beim Abstieg für
beide recht umständlich war, aber schön.
    Es war ein einziges Gestolpere, mit einer
Stimmung dabei, so leicht wie das Elfengehüpfe auf Jugendstilbildern.
    Katharina gefiel es in Bastians Arm.
    Bevor sie ins Auto stiegen, schaute er noch
einmal am Berg hoch.
    »Da oben war ich. Da war ich richtig oben. Th —
, glaubt mir in München kein Aas.«
     
    In einem Wirtsgarten in der Jachenau fanden sie
einen schattigen Tisch, an dem noch niemand saß.
    Bastian stürzte sich in ein Bier. Ein
zischendes, kühles Labsal — da, trink mal, Kathinka...
    Dann las er ihr die Speisekarte vor wie ein
Gedicht. »Rostbraten, Wiener Art — mit gemischtem Salat.«
    »Wiener Art«, wiederholte sie versonnen.
    »Möchtest du?«
    »Nein. Aber sag mir noch was Liebes.«
    »Rahmgulasch.«
    Wollte sie auch nicht.
    »Kaiserschmarrn.«
    Das war’s.
    Bastian legte die Karte fort und holte sich ihre
Hand über den Tisch und küßte jede Fingerkuppe einzeln.
    Katharina sah ihm dabei zu.
    Es war vor allem Zärtlichkeit, was sie für ihn
empfand. Ein bißchen war er auch der Bruder, den sie sich immer gewünscht
hatte, aber nur ein bißchen.
    Sie wollte ihn haben und behalten, solange es
eben ging. Sehr lange würde es bestimmt nicht gehen, dazu waren sie zu
verschieden.
    Der Gedanke an ein absehbares Ende gleich zu
Anfang einer Liebe ist derselben sehr zuträglich. Er läßt die Liebe bewußter
genießen. Intensiviert die Gefühle...
    Vielleicht lag Katharinas gehaltvolles
Nachdenken mit entfernt aufklingenden Schicksalsmotiven am Marillenschnaps, von
dem sie bergab immer wieder einen Schluck getrunken hatten.
    Es gab aber auch eine ganz einfache Erklärung
dafür: die Angst, ein plötzliches, ungewohntes Glück wieder zu verlieren.
    Und dann mußte sie an Susi Schulz denken.
    Katharina sagte: »Ich denke gerade an Susi
Schulz.«
    Bastian gab darauf ernüchtert ihre Hand frei und
suchte nach seinen Zigaretten. Ihm fiel ein, daß er heute abend nach Haus
kommen würde wie zu Weib und Kind.
    »Ja, das ist ein Problem«, sagte er. »Sie denkt
manchmal wie ein Kind. Völlig naiv und emotionell. Sie wünscht sich im
Augenblick einen Vater für Kathrinchen. Sie hat zufällig mich wiedergetroffen.
Sie mag mich. Schon sieht sie Kathrinchens Vater in mir und findet es ganz
selbstverständlich, bei mir zu wohnen.«
    »Wenn sie’s noch lange tut...«
    »...hat sie mich paralysiert«, gestand er,
ehrlich besorgt. »Ich bin ihrer Unlogik einfach nicht gewachsen. Ich kann ihr
nicht mit Realitäten kommen. Ich kann mir den Mund fußlig reden — sie hört nur
das, was sie möchte. Und wenn ich dann grob werde, kriegt sie diesen Rehblick.
Schon hab’ ich Angst, sie tut sich was an.«
    »Weiß sie, daß du mit mir heute unterwegs bist?«
    »Nein.«
    »Und warum nicht?«
    »Sie liegt mir wie ein Klotz auf meinem
Gewissen«, verteidigt er sich.
    »Nur auf deinem Gewissen?« fragte Katharina.
    »Ja doch. Wo denn sonst? — Und in meinem Bett«,
fiel ihm noch ein.
    »Und wo liegst du?«
    »Auf einer Gartenliege in der Rumpelkammer.
Zweimal bin ich mit dem Ding schon zusammengebrochen.« Er sah sie an.
»Kathinka, hilf mir!«
    Sie nahm eine Zigarette aus seinem auf dem Tisch
liegenden zerknautschten Päckchen.
    »Zuerst einmal machst du einen großen Fehler. Du
läßt sie in dem Glauben, es gäbe keine andere Frau in deinem Leben. Damit
bestärkst du sie in ihrem Vorhaben, sich bei dir einzunisten.«
    »Was soll ich denn machen? Sie heult ja gleich
los.«
    Die Kellnerin kam an ihren Tisch und fragte, ob
sie schon gewählt hätten.
    »Schmarrn«, sagte Bastian unwirsch.
    »Kaiserschmarrn«, erläuterte Katharina
freundlich. »Zweimal.«
    »Keine Suppe?«
    Bastian hörte nicht.
    »Ob du eine Suppe möchtest«, fragte Katharina
sanft. »Leberknödel-, Gulasch-, Frittatensuppe. Hühnerbouillon«, zählte die
Kellnerin auf.
    »So geht’s nicht weiter«, sagte er vor sich hin.
»Wir müssen eine Lösung finden. Eine, die keinem weh tut.«
    »Leberknödelsuppe«, sagte Katharina zur
Bedienung, die bei allem Betrieb, der sonntags anfiel, diese heitere,
vollbusige, oberbayrische Geduld bewahrte.
    »Weißt du eine Lösung?« fragte Bastian, als sie
gegangen war. »Zu meinen Eltern wollte sie nicht. Bleibt

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