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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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despotischer
Natur. Ehe Susi Schulz nachdenken und über den jähen Abschied von Bastian in
Rehblicke ausbrechen konnte, war sie bereits in einem humorlosen Eßzimmer
zwischen Kredenz und Aufsatz-Büfett etabliert. Kathrinchens Körbchen wirkte
darin wie ein aus Versehen verlorenes buntes Osterei.
    Susis erste Handlung in der neuen Umgebung war
das Bügeln ihres Zigeunerrocks, den sie früher auf Partys getragen hatte. Denn
Susi ging ins Theater.
    Katharina hatte die Karte von einer Patientin,
einer Schauspielerin, erhalten und Bastian gegeben: »Ich hab’ eh keine Zeit.
Schick die Susi. Hat sie ein bißchen Abwechslung.«
    Bastian stand daneben, wie Susi versuchte, ihren
Rock in der Taille zuzuhaken. Das war Schwerstarbeit. »Dabei hab’ ich — nur
noch — zwei Pfund — zuviel — .«
    »Aber überleg dir mal, ‘n Kilo Rindfleisch. Das
ist auf einem Batzen eine ganz schöne Portion«, gab Bastian zu bedenken. »Warum
quälst du dich? Laß das Ding doch auf und zieh was drüber. Du hast doch so ‘ne
Weste.«
    Er war wirklich sehr lieb und reich an Ratschlägen,
seitdem sie nicht mehr bei ihm wohnte. Er machte ihr sogar Komplimente.
    »Du siehst irre gut aus.«
    Susi strahlte. »Danke. Aber ich find’s so
traurig, daß ich allein gehen muß. Kannst du nicht mitkommen?«
    »Ins Theater? Unmöglich. Ich hab’ ‘ne Einladung.«
    »Von einer Frau?«
    Bastian überlegte. Dann sagte er mutig:
    »Ja, Susi.«
    Sie nickte bloß und biß sich auf die Lippen.
    »Du hast keinen Grund, traurig zu sein. Soll ich
dir mal aufzählen, wie gut du’s hast, ja, soll ich mal? Du hast endlich eine
Bleibe. Innenarchitektonisch ist das hier zwar keine direkte Erfüllung. Aber du
wohnst billig, und du hast eine babynarrische Oma mitgemietet. Du kannst
fortgehen, wann du willst. Du kannst bald wieder arbeiten. Du hast es so viel
besser als viele andere junge Mütter. Du hast immer jemand da, der dein Baby
hütet.« Bastian sah sich um. »Wo ist die Omi eigentlich?«
    »Keine Ahnung. Sie wollte bloß mal was
ausprobieren, hat sie gesagt. Das war um vier. Jetzt ist es sieben.«
    »Sie wird schon kommen«, tröstete er. »Sie weiß
ja, daß du ins Theater gehst.«
    Um halb acht war Bastian bei Katharina Freude
vorgesehen, zum erstenmal bei ihr zu Haus. »Ich koche«, hatte sie gesagt, »sei
bitte pünktlich.«
    Bastian hatte das Warten zu Haus nicht ertragen
und war deshalb früher aufgebrochen, um Susi das vergessene Ölbild und einen
Koffer vorbeizubringen. Dieser Umweg sollte die Wartezeit totschlagen.
    Die Wartezeit war um, er wollte gehen, er kam
sogar schon zu spät, wenn er jetzt loslief, denn es war sieben Uhr zwanzig. Und
Martha Guthmann noch immer nicht zurückgekehrt.
    »Ich versteh’ das nicht, es muß ihr was passiert
sein«, jammerte Susi.
    »Meiner Großmutter? Das kann ich mir einfach
nicht vorstellen. Komm, wir hauen ab.«
    »Ich kann nicht fort«, jammerte Susi.
    »Wegen Kathrinchen?«
    »Wegen dem Hausschlüssel. Deine Großmutter hat
keinen mit.«
    »Scheiße«, sagte Bastian.
    »Da hat man zum erstenmal nach so langer Zeit
was vor und freut sich —!«
    »Dann geh doch! Los, mach schon! Schmeiß dich
vor ein Taxi — dann schaffst du’s noch zum ersten Akt.«
    »Und du? Du hast doch auch was vor!«
    »Bei mir klingelt es nicht um acht und macht die
Türen dicht.«
    »Nein, nein, ich bleibe hier«, und dabei stopfte
sie Fahrgeld in ihr Perlentäschchen.
    »Red keinen Blödsinn, lauf-!«
    »Du bist so lieb, Bastian — so lieb — .« Sie
küßte ihn im Davoneilen. Ein Duft wie von Vanillepudding blieb von ihr zurück.
Bastian fühlte sich wie der heilige Sebastian, sein Schutzpatron, als der
beschloß, Märtyrer zu werden.
    Da hatte er Mutter und Kind endlich solide
untergebracht. Hatte Mutter auch noch mit Theaterkarte versorgt. Glaubte sich
endlich wieder entscheidungsfrei. Freute sich wie blöd auf Katharina. Endlich
Katharina... Und was widerfuhr ihm?
    Er saß in Omas Wohnung mit dem Säugling fest.
    Denn Martha Guthmann fuhr U-Bahn.
    Fuhr U-Bahn wie im Rausch, kam in Gegenden, in
denen sie noch nie gewesen war, stieg mehrmals um, verstieg sich, schaute
zufällig einmal auf eine Uhr und wollte tot Umfallen vor Schreck.
    Fiel aber nicht, sondern rannte über den
Bahnsteig, an dem der Zug gerade hielt, rief lauthals Gott an und die heilige
Familie — Wo bin ich denn hier?! Was mach’ ich denn hier?! — , ergriff den
nächstbesten Mitmenschen am Revers: »Sie!!! Ich muß heim!!! Ich
such’ meine

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