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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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großen Trockenheit, morgen
wiederzukommen, und fuhr heim.
    Susi sah Großmutter mit ihrem feuchten Rehblick
entgegen. »Er ist also wirklich gefahren?«
    »Ja. Ist er«, sagte Großmutter und setzte ihren
Hut ab. »Glauben Sie, daß er sie heiraten wird?«
    »Er sagt nein. Aber darauf kommt’s sowieso nicht
an. Bastian ist nicht der Typ, der von sich aus heiratet. Bastian wird geheiratet. Und wenn die Freude will —? Aber ich glaub’s nicht. In
Liebesangelegenheiten denken die meisten Frauen vernünftiger als Männer — außer
Ihnen, Kindchen, warum heulen Sie denn nun wieder? Haben Sie wenigstens die
Kartoffeln aufgesetzt?«
    Wie sollte Susi an Kartoffeln denken, wenn
Bastian zur Freude fuhr?
    Martha Guthmann war ärgerlich. Kein Sinn für
Realität in diesem Mädchen, bloß Gefühle. Und die immer am falschen Objekt.
    Dann tat ihr die Susi wieder leid.
    »Ich hätt’s ja auch lieber gesehen, wenn er und
Sie... Aber was sollen wir machen? Mit Gewalt ist kein Bulle zu melken.«
     
    Bastian warf seinen Koffer ins Netz und wandte
sich, Platz nehmend, an den einzigen Mitreisenden in diesem Abteil.
»Verzeihung, ist hier Raucher?«
    Der Mann legte seine Zeitung nieder, nahm die
Pfeife aus dem Mund. »Nein. Wieso?«
    »Dann ist es ja gut«, sagte Bastian und holte
seine Zigaretten vor.
    Der Mann sah sehr englisch aus oder sehr
österreichisch, was bei einem gewissen Schnurrbarttyp aufs selbe herauskommt.
Nach einer Weile faltete er die Zeitung zusammen, klopfte seine Pfeife aus und
ging hinter der Fenstergardine schlafen. Das war der Moment, wo Bastian seinen
Koffer herunterholte und die Papierschere herausnahm, um sich mit ihrer Hilfe
die Nägel zu maniküren.
    Danach besah er sich seine von Großmutter
beanstandeten Socken. Sie waren nicht nur verfärbt, sie hatten auch ein Loch.
Bastian nahm seinen »Kulturbeutel« und ging mit ihm auf die Nächstliegende
Zugtoilette, wo er sich einschloß.
    Zwischen Prien und Traunstein war er mit einer
kniffligen Denkaufgabe beschäftigt, die nicht nur seine Intelligenz, sondern
vor allem seine Füße lösen mußten.
    Er hatte dieselben von ihren unvorteilhaften
Socken befreit und dabei festgestellt, daß ihre Sohlen dringend einer Säuberung
bedurften.
    Aber wie? Wenn der eine Fuß oben im Sparbecken
Wasser haben wollte, mußte der andere Fuß unten auf einen Hebel treten. Mit dem
linken Fuß auf dem linken Hebel und dem rechten im winzigen Lavoir ging das ja
noch. Aber mit dem rechten Fuß auf dem linken Hebel und dem linken Fuß im
Lavoir setzten die Schwierigkeiten ein.
    Bastian fiel zweimal um, aber nicht hin, dazu
war das Kabinett zu klein. Er lachte sehr, denn er hatte sich sein kindliches
Gemüt bewahrt.
    In Traunstein verließ er die Toilette, die
nackten, nicht ganz trockenen Füße halb in den Schuhen, den »Kulturbeutel«
unterm Arm.
    Ein hübsches Mädchen, das nach ihm das unter
Wasser stehende WC betrat, fand seine Socken auf dem Klodeckel und trug sie ihm
nach, was ihm sehr peinlich war. Sobald der Zug den Bahnsteig verlassen hatte,
zog Bastian das Abteilfenster herunter und warf sie in die oberbayrische Landschaft.
    Der pfeiferauchende Anglo-Österreicher sah ihm
dabei zu. »Warum?«
    »Sie gefallen meiner Großmutter nicht.«
    »Ah so.«
    Der Mann verstand ohne Wundern. Das gefiel
Bastian an ihm.
     
    Wie die meisten Gartenbesitzer scherte Dr.
Freude seine Rasenfläche mittags zwischen eins und drei. Diese weitverbreitete
Unsitte läßt darauf schließen, daß Motormäher während der Mittagsruhe anderer
Leute besonders erfolgreich zu handhaben sind.
    Frau Freude in ihrem Liegestuhl hörte sich eine
Weile diese Belästigung mit an, gab es auf, zu schlafen, dachte kurzfristig
sogar an Sabotage und verwarf diesen Plan wieder bei der Vorstellung, wie lange
es dauern würde, bis ein Handwerker kam, um das Sabotierte zu reparieren.
    Sie stand auf, ging um die Hausecke und legte,
sobald sie ins Blickfeld ihres Mannes geriet, vier Fingerspitzen leidend an die
Schläfen.
    Er rief ihr etwas zu, was sie mit einem
Achselzucken beantwortete.
    Er brüllte.
    Sie zuckte bedauernd.
    Da stellte er endlich den Motormäher ab. Was für
ein unbeschreiblicher Genuß für die gesamte Umgebung.
    »Ich hab’ dich leider nicht verstanden,
Dietmar«, sagte Frau Freude. »Was hast du gebrüllt?«
    »Der Mann, den Kathi mitbringt — was ist das für
einer?«
    »Ich weiß nur, daß er Guthmann heißt.«
    »Guthmann, Guthmann...« Herr Freude kramte in
seinem Gedächtnis. »Aus

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