Der Bastian
Lauten.
»Dietmar!« schrie sie auf. »Dietmar, was machst du denn?« Die Jagd war aus.
Bastian lockerte seine Glieder und trank.
Herr Freude zog seine Jacke wieder an und wußte
nicht, ob er verlegen sein sollte.
»Ich führe Herrn Guthmann gerade in die Gründe
der Auerhahnjagd ein.«
»Ja aber — interessiert ihn denn das überhaupt?«
Herr Freude hob die Flasche gegen das Licht und
stellte fest, daß sie leer war. Er ging zur Tür, um eine neue zu holen.
»Er hat es jedenfalls gesagt.«
»Jawohl, hab’ ich«, bestätigte Bastian. »Ich
hab’s mir nur nicht so umständlich vorgestellt.«
Montag früh I
Frau Freude stieß die Läden auf. Morgensonne
fiel grell über Herrn Freudes Augen her. Plötzlicher Durchzug ließ die Tür ins
Schloß fallen: ein scharfer Schmerz in seinem Schädel. Und dazu die muntere
Stimme seiner Frau: »Aufstehn, Liebchen! Aufstehen.«
Er mochte nicht antworten.
»Dietmar!«
Noch immer nicht.
Da setzte sie sich auf seinen Bettrand und
raubte ihm seinen Schutz, die hochgezogene Decke. »Weißt du, wie spät es ist?
Halb acht. Die Pflicht ruft!« Diesen letzten Satz sang sie beinah.
Er grunzte abwehrend.
»Möchtest du vielleicht ein Süppchen?«
»Süppchen«, ekelte es ihn.
»Oder soll ich dir lieber ein Bircher-Müsli
machen? Ich denk’ ja bloß an deinen Magen, Liebchen.«
»Der Wein war gut, sogar sehr gut«, verteidigte
er seinen edlen Tropfen.
»Aber schwer. Ich erinnere mich, wie wir damals
in Würzburg waren als junges Ehepaar. Wir haben Steinwein getrunken. Solange
wir saßen, habe ich nichts gemerkt. Aber als wir aufstanden... Erinnerst du
dich, Dietmar? — Ich suchte Halt an deinem Arm und fand keinen. Erinnerst du
dich?«
»Du warst volltrunken«, murmelte Herr Freude und
versuchte, sich vor den Sonnenstrahlen zu retten.
»Ihr auch. O Gott, wie wart ihr blau heut
nacht.« Sie hob seine herumliegende Garderobe vom Boden auf. »Das Hemd kannst
du nicht mehr anziehen. Dabei hast du’s nur gestern abend angehabt. Sag mal,
Dietmar, wäschst du dir nicht mehr den Hals?«
»Wie geht’s denn dem Guthmann?« erkundigte er
sich.
»Der hat nichts gesagt, außer daß er dich grüßen
läßt. Er kriegte kaum die Zähne auseinander.«
»Ist er schon fort?«
»Aber Liebchen! Kathis Dienst fängt um halb acht
an. Um halb sechs sind sie gefahren.«
»Schade...« Es tat Herrn Freude wirklich leid.
»Aber er wird wiederkommen. Ich habe ihn für
September eingeladen. Ihn und seinen Bruder, deinen Waidgenossen.«
»Klappzahn...«, erinnerte sich Herr Freude.
Seine Frau nahm frische Wäsche für ihn aus dem
Schrank. Dabei sagte sie: »Wenn Kathi nicht weiß, welcher Guthmann der richtige
für sie ist, muß ich eben ein bißchen nachhelfen.«
Er blinzelte zu ihr hinüber, die so provozierend
ausgeschlafen eins seiner Oberhemden auseinandernahm, um zu prüfen, ob ihm auch
kein Knopf fehlte.
»Als ob deine Töchter jemals auf dich gehört
hätten...«
Montag früh II
»Fahr Landstraße, bitte«, hatte Bastian gebeten.
»Autobahn sind soviel Menschen.«
Nun lag er neben ihr im Liegesitz, einen
feuchten Seiflappen auf der Stirn, den der Fahrtwind kühl hielt.
Er schlief.
Er wachte auf und stöhnte.
»Na?«
»Aber meine Großmutter hatte mich gleich
gewarnt. >Trink nicht soviel<, hat sie gesagt...« Er drehte den
Seiflappen um, die kühle Seite auf seine Stirn. »Meine Großmutter hatte ja soo
recht! Wie geht’s denn dir?«
»Etwas besser. Ich hatte ja auch eine Flasche
weniger.«
»Ich muß mal, Kathinka.«
»Hier?«
Die Landschaft war gerade sehr übersichtlich.
»Kommt ja keiner. Und wenn — mei! Geht’s mir
schlecht.« Dies stellte er fest, als er ausstieg.
Aber die Morgenstille war ungeheuer. Und diese
Luft! Irgendwie lebte er falsch. Was wollte er eigentlich in der Stadt?
Kathinka hupte, weil sie einen Autobus im Rückspiegel entdeckt hatte. Der
Autobus ratterte vorüber.
Dann kam noch ein Auto von vorn, und dann kam
nichts mehr.
Bastian erfreute sich am Tauglitzern der Wiese
im Morgensonnenschein und an seinem eigenen Regenbogen. Er stieg nur ungern ins
Auto zurück.
»Müssen wir denn wirklich nach München? Du
kannst doch auch mal krank sein, Kathinka. Ich hab’ schon öfter von Ärzten
gehört, die plötzlich krank geworden sind. Zum Beispiel der Ohrenarzt meiner
Tante Rosa in Tutzing...«
»Bastian!« seufzte Katharina.
»Ich schweig’ ja schon stille. Aber es ist
schade, sehr, sehr schade.« Er
Weitere Kostenlose Bücher