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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Zahn sehen ließ, wußte ihre Tochter, was sie von
diesem Lächeln nicht zu halten hatte. »Er sagt, was er denkt. Wie alt ist er
eigentlich?«
    »Siebenundzwanzig.«
    »Siebenundzwanzig! Vier Jahre jünger als du!
Stört dich das nicht?«
    »Zumindest stört es Bastian nicht«, sagte
Katharina und hob die abgetrockneten Teller in den Küchenschrank.
    »Bestimmt hat er einen wertvollen Charakter.«
Frau Freude zog den Stöpsel aus dem Abwaschbecken. »Bloß ob das ausreicht!?«
    »Ausreicht? Wofür?«
    »Na ja - ich meine...« Sie war verlegen. »Für
eine Ehe ist doch noch was anderes entscheidend.«
    »Zum Beispiel?«
    »Beruf. Einkommen. Sicherheiten. Hat er
wenigstens Vermögen?«
    Kathinka lachte. »Bastian? Eine Kiste voll
Bücher hat er.«
    »Das ist natürlich nicht viel.«
    »Nein. Viel ist das nicht. Aber vielleicht kauft
er noch ein paar dazu.«
    Sie räumte die Bestecke ein. Frau Freude wischte
den Spültisch.
    »Und sein Bruder? Du kennst ihn doch, nicht
wahr?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Was und?« Dabei wußte Kathinka genau, worauf
dieses Gespräch hinauslaufen sollte.
    »Ist er dir sympathisch?«
    »O ja!«
    »Und er?« Vorsichtiges Anfragen. »Interessiert
er sich für dich?«
    »Er ist ganz verrückt nach mir.«
    Frau Freude warf den Lappen hinter sich ins
Becken und jubelte: »Na, das ist doch fabelhaft! Uns hat er ja auch so gut
gefallen. Frag deinen Vater. Wir hatten gehofft, er wär’s, den du heute
abholst.«
    »Und nun hab’ ich euch enttäuscht.«
    »Das will ich nicht sagen. Ich meine nur — im
Grunde paßt er viel besser zu dir und zu unserem Ganzen hier — .« Sie erfaßte
ihre Umgebung mit einer Geste.
    »Ja, das findet Bastian auch«, sagte Katharina.
    »Was?«
    »Daß sein Bruder im Grunde viel besser zu mir
passen würde als er.« Sie stellte die »guten« Gläser, die ihren ständigen
Wohnsitz nicht im Küchen-, sondern im Bauernschrank im großen Zimmer hatten,
auf ein Tablett. »Aber ich kann ja nicht beide lieben.« Und nahm das Tablett
auf, um ins Zimmer zu gehen, als ihre Mutter besorgt fragte: »Kathi?«
    »Ja?«
    »Ist es was Ernstes?«
    Kathinka überlegte einen Augenblick. »Mit
Bastian?« Sie lächelte. »Sehr ernst nicht, aber wunderschön.«
     
    Sie trug das Tablett über die knarrenden,
goldbraun gebohnerten Flurdielen, auf denen Fleckerlteppiche zum Stolpern
einluden, bis zum Wohnraum, drückte mit der Schulter die Tür auf und blieb
entgeistert stehen.
    Sie dachte, es äfft sie ein Spuk.
    Die beiden Männer bemerkten sie nicht. Bastian,
sein Glas in der Hand, schaute hingerissen und so, als ob er es nicht fassen
könnte, zu, wie Dr. Freude ihm die Auerhahnjagd erklärte. Gerade in diesem
Augenblick war er der Hahn persönlich. Ein imponierender Auerhahn, der in
Hemdsärmeln, prüfend nach links und rechts äugend, mit kleinen, schnellen
Schritten durch den Raum trippelte. Dabei stieß er ein hohles »klock — klock —
klock — klock !« aus. Erklärendes Flüstern in Bastians Richtung: »Jetzt
keine Bewegung. Kein Geräusch, sonst wird der Hahn mißtrauisch und
verschweigt.«
    Bastian, der gerade aufstehen und sein Glas
füllen wollte, verharrte bewegungslos und total verkrampft auf halber Höhe. Nun
machte Herr Freude einen langen Hals, flatterte mit den Armen, schloß die Augen
und stieß ein zischendes »Tschiiiiihhhhhschiiieh« aus. Leise zu Bastian: »Jetzt
dürfen Sie sich bewegen. Springen Sie ihn an! Schnell!«
    »Wen?« Bastian hielt die Spannung kaum noch aus.
    »Den Hahn. Er hört nichts, wenn er schleift.«
    Bastian entschloß sich, die fast geleerte
Weinflasche anzuspringen, goß ihren Rest mit solcher Hast in sein Glas, daß es
überschwappte, da — Harregott! — ließ ihn ein heftiges »Pschscht!« erstarren.
    »Nicht bewegen!«
    Und alles fing »klock — klockklock — klock «
von vorne an.
    Bastian stand, mit Glas und Flasche, auf einem
Bein vornübergeneigt wie ein Eisläufer, bemüht, Balance zu halten, und dachte
verzweifelt: »Jungejunge. Ist das ein Scheißspiel.« Katharina winkte ihre
Mutter heran. »Hast du Papa schon mal balzen sehen?«
    Frau Freude dachte nach. »Ja. Aber das ist lange
her. Das war in unserer Brautzeit.«
    »Komm mal mit.« Katharina führte sie auf
Zehenspitzen an die halbgeöffnete Wohnzimmertür.
    Frau Freude, die alles sehr ernst nahm, war über
das, was sich ihr bot, entsetzt.
    Im Vordergrund der verrenkt schwankende junge
Mann aus München und mitten im Zimmer flatterte ihr Gatte zu seltsamen

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