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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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fiele gleich um vor Schreck.
Denn am 15. August hatte Großmutter Guthmann ihren siebzigsten Geburtstag, und
er hätte ihn beinah vergessen.
    Er fuhr deshalb zu ihrer Wohnung, in der
Hoffnung, Susi anzutreffen. Frauen wissen besser, was man Frauen schenkt und
dazu noch zum Siebzigsten.
    Immer diese unvorhergesehenen Ausgaben! Zu
schade, daß er in diesem Fall seine Großmutter nicht anpumpen konnte. Aber das
vertrug sich nicht mit der Pietät.
    Susi war allein zu Haus. Er mußte mehrmals
klingeln, bis sie endlich öffnete — im Bademantel, ein Frottiertuch um den Kopf
geschlungen.
    »Ach Bastian, du? Gibt’s dich auch noch? Komm
rein, ich wasch’ mir gerade die Haare. Ich dachte schon, du hättest uns
vergessen.«
    »Du schaust hübsch aus. Handtuch steht dir. Mein
Fräulein Großmutter nicht da?«
    »Nein«, sagte Susi. »Willst du Kathrinchen
sehen? Sie ist gerade wach.«
    Kathrinchen hatte sich in den letzten Wochen zu
einem liebenswürdigen Menschlein entwickelt.
    »Sie guckt pfiffig«, stellte Bastian fest.
    Während Susi ihre Haare eindrehte, zog er ein
Taschentuch hervor und versuchte, daraus etwas herzustellen.
    »Paß auf, Kathrinchen, das wird ein Häschen. Paß
auf. Moment — gleich wird ein Häschen draus. — Es wird kein Häschen«, sagte er
bedauernd und steckte das Tuch wieder ein. »Leider.« Kathrinchen lachte
trotzdem. Ein Traumkind!
    »Was soll ich unser aller Oma bloß zum
Geburtstag schenken?« schrie er unter die Haube, unter der Susi jetzt ihre
Haare trocknete. »Weißt du nicht was Gescheites?«
    »Sie wünscht sich eine Tiefkühltruhe.«
    »Eine was? Ich hab’ an etwas für zwanzig Mark
gedacht. Das ist das Äußerste.«
    »Ich gebe fünfzig dazu«, sagte Susi. »Das muß
ich schon. Sie ist so ein Schatz.«
    »Und woher nehmen wir den Rest? So ‘n Ding
kostet doch paar Hundert!«
    »Schließlich hast du ja noch einen gut
verdienenden Bruder.«
    »Klappzahn? Der Geizknochen? Der erinnert sich
wahrscheinlich nicht mal daran, daß Omi siebzig wird.« (Er selbst hätte es
beinah auch vergessen, aber das war natürlich etwas anderes. Bei ihm war’s
Schußligkeit, bei Klappzahn Gleichgültigkeit.) »Dann mußt du ihn dran
erinnern«, sagte Susi.
    Aber das lehnte Bastian entschieden ab. »Wenn
ich zu ihm geh’ und sage: >Du mußt Oma was schenken<, dann reagiert er
so, als ob ich ihn anpumpen will.«
    »Dann geh’ ich eben zu ihm«, sagte sie.
    Bastian staunte. Susi war in den letzten Wochen
nicht nur sehr hübsch geworden, sondern auch zu selbständigen Unternehmungen
bereit.
    »Du kennst ihn doch gar nicht.«
    »Nein. Aber deine Großmutter soll ihre
Tiefkühltruhe haben.«
    »Wozu eigentlich? Wozu braucht sie in ihrem
Alter noch eine Tiefkühltruhe, wo sie ein Leben lang ohne ausgekommen ist? Wo
ist sie überhaupt?«
    »Bei Ferry Blanc. Muß aber jeden Augenblick
zurückkommen.«
    »Wer ist Ferry Blanc?«
    »Ein Schnulzenstar. Kennst du nicht?«
    Bastian schüttelte irritiert den Kopf. »Als ich
Oma das letzte-mal sah, war sie doch noch ganz normal.«
    »Sie kann nichts dafür. Sie hat den Besuch in
einem Preisausschreiben gewonnen.«
    »Sie gewinnt immer so seltsame Sachen«, sagte
Bastian. »Das letztemal war’s ein Bastelkasten. Und nun ein Sänger.«
    »Der erste Preis war eine Tiefkühlbox. Darum hat
sie mitgemacht«, sagte Susi.
     
     
     

Martha und Ferry
     
    Das Anwesen lag in Grünwald, von hohen Hecken
abgeschirmt. Ein Bungalow im Halbrund um einen Swimming-pool in Nierenform. An
den Hauswänden schmiedeeiserne Möwen und Rehe. Auf der Terrasse ein Außenkamin
mit Grill. Dort fand das zwanglose Beisammensein zwischen Ferry Blanc, seinem
Manager, dem Illustriertenreporter, einem Fotografen und Martha Guthmann statt.
    Sie saß in ihrem guten Braunseidenen in einer
Hollywoodschaukel, und neben ihr saß ein Stofftier, das ihr gleich bei der
Ankunft überreicht worden war. Warum, wußte keiner so recht, aber Großmutter
freute sich dennoch darüber. Jetzt war Kathrinchen zwar noch zu klein für einen
Teddybären, aber später...
    »Nun, liebe Frau Guthmann, noch ein Käffchen?«
    »Nein, danke«, sagte Großmutter, »ich hatte
schon zwei. Ich möcht’ ja noch schlafen heute nacht.«
    »Vielleicht ein Likör?« Die Fragen stellte der
Manager des Gesangstars, ein athletischer Typ mit schwindendem Haarwuchs.
    »Was Süßes?« sagte sie besorgt, denn davon
kriegte sie immer Sodbrennen.
    »Aber vielleicht einen Whisky, ja?« Es klang so,
als ob er bei jedem Wort auf die Uhr schaute

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