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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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rutschte, so nah es ging, an sie heran.
    »Du solltest Urlaub nehmen.«
    »Nicht vor Oktober. Es geht nicht, Liebling,
wirklich...«
    »Im Oktober bin ich wahrscheinlich schon
Lehrer«, sagte Bastian ohne Lust darauf.
    »Vielleicht fahren wir einmal wieder über ein
Wochenende zu meinen Eltern. So schlimm war’s doch gar nicht für dich, oder?«
    »Eher komisch. Mir fehlen bloß ein paar Meter
von heut nacht.«
    »Daran, daß du Waldhorn geblasen hast, erinnerst
du dich vielleicht noch?«
    »Dunkel.«
    »Dunkel? Ziemlich grell sogar. Dann mußten wir
meinen Vater zu Bett bringen. Er hatte das Ziel der Klasse erreicht. Dann kamen
wir wieder herunter. Da saßest du Arm in Arm mit Bruder Hermann unterm
Auerhahn.«
    Bastian war entsetzt.
    »Mit dem Bluthund?«
    »Keine Sorge. Du hast ihn nicht gebissen. Du
hast >Schätzchen< zu ihm gesagt. Du warst überhaupt sehr lieb.«
    Bastian gab sofort das Kompliment weiter. »Wir
haben uns alle Mühe gegeben. Vor allem dein Vater.«
    »Mein Vater hat bloß Töchter. Der ist ganz
glücklich, wenn mal ein junger Mann da ist. Du hast ihm gefallen.«
    »Tja... eigentlich komisch. Wo wir doch so
verschieden sind.«
    Und dann schlief er wieder ein und überließ es
Kathinka, sie heil nach München und durch den starken, unberechenbaren
Montagfrühverkehr zu steuern.
    Dabei war sie selbst auch nicht die Frischeste.
Oh, gar nicht.
     
    Sie brachte zuerst Bastian nach Haus.
    Ehe er aus dem Wagen stieg, saß er einen
Augenblick so vor sich hin.
    »Weißt du, Kathinka, wie mir zumute ist?«
    »Nein.«
    »Wie Leuten, wenn sie im schönsten Sommer an den
Winter denken und an die Ausgaben zu Weihnachten.«
    Er trennte sich so schwer von ihr. Hatte bereits
Heimweh nach ihr, als er nach einem weichen Kinderkuß auf ihre Wange mit seinem
Koffer ausstieg.
    »Servus. Wir telefonieren.«
    Und als sie anfahren wollte, rief er laut ihren
Namen.
    Sie schaute zurück.
    Bastian trippelte mit flatternden Armen,
vorgestrecktem Hals und geschlossenen Augen um seinen Koffer herum, der auf dem
Pflaster stand. Er balzte zum Herzerweichen und zur Verblüffung
unausgeschlafener Passanten.
    Bastian hatte es gut, er konnte jetzt schlafen
gehen, während für sie der Dienst im Krankenhaus begann.
     
    Aber Bastian kam nicht zum Schlafen. Er stand
gerade mit seinem zweiten Frühstück in der Küche, als die Post durch den
Türschlitz fiel. Eine bunte Karte vom Wörther See war dabei. Dort verbrachte
seine Mutter ihren Urlaub.
    Und ein Brief.
    Bastian las den Absender und wurde blaß.
    Es war soweit.
    Er legte den Brief auf den Küchentisch und seine
angebissene Semmel dazu. Er zündete eine Filterzigarette am falschen Ende an
und drückte sie nach dem ersten Zug angeekelt in seiner Tasse aus.
    Dann nahm er den Brief wieder auf und sein
Frühstücksmesser, um den Umschlag aufzuschneiden.
    Mitten in dieser schicksalshaften Handlung
verlor er den Mut und legte beides auf den Küchentisch zurück.
    Nein.
    Nein, bitte, noch nicht. Warum sollte er sich
die Laune verderben. Hatte er so lange gewartet, konnte er jetzt auch noch ein
paar Tage länger in Ungewißheit bleiben.
    Ungewißheit war manchmal schöner.
    Außerdem gab es sowieso nur zwei Möglichkeiten. Entweder
enthielt der Brief die Nachricht, daß er nicht bestanden hatte — dann begann ab
November die Lernerei für die Prüfungen wieder von vorn. Wenn aber in dem Brief
sein Zeugnis drin war und die Mitteilung, daß er es geschafft hatte, so
bedeutete das seinen Abschied von München in etwa drei Wochen. Abschied —
wohin?
    Auf seinen Antrag auf Zulassung zum
Vorbereitungsdienst hatte er sich für den Regierungsbezirk Oberbayern gemeldet.
Die meisten Studenten hatten das getan.
    Vielen von ihnen war schon ihr Bestimmungsort
zugeteilt worden. Nix Oberbayern. Dörfer in Unterfranken waren dabei.
    Da gab’s auch Kinder, die unterrichtet
werden mußten. Aber die Zugverbindungen nach München!
    Es wäre ja alles nicht so schlimm, wenn es nicht
Katharina gäbe. Er konnte sie doch jetzt noch nicht verlassen.
    Und somit stopfte Bastian das schicksalsschwere
amtliche Schreiben in seinen Wäscheschrank zwischen die Winterpullover, damit
ihm sein Anblick nur ja nicht sein Glück verderben konnte.
    Wenn er in einer Woche nachschaute, war’s noch
früh genug.
     
     
    Bastian war auf dem Postamt, um für Katharina
ein Päckchen aufzugeben. Da stand ein Mann neben ihm und fragte: »Welchen haben
wir eigentlich?«
    Der Postbeamte sagte: »Den Zwölften.«
    Bastian dachte, er

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