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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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öffnen, um niemand aufmerksam zu machen. Die Mausefalle war aufgestellt.
    Die einzige Sorge der schönen Lisa war bei der ganzen Angelegenheit der Schlag, den der arme Quenu erhalten würde. Außerdem fürchtete sie, er könnte mit seinen Tränen alles fehlgehen lassen, wenn er erführe, daß die Polizei da sei. Deshalb erheischte sie von Auguste den Schwur unbedingtesten Schweigens. Sie ging zurück ihr Korsett anlegen und erzählte dem verschlafenen Quenu eine Geschichte. Eine halbe Stunde später stand sie gekämmt, geschnürt, zurechtgemacht, mit rosigem Gesicht auf der Schwelle der Fleischerei. Auguste machte gelassen das Schaufenster. Quenu erschien einen Augenblick auf dem Bürgersteig, gähnte leicht und erwachte vollends in der frischen Morgenluft. Nichts deutete auf das Drama hin, dessen Knoten oben geschürzt wurde.
    Aber der Kommissar machte selber das Viertel aufmerksam, indem er bei den Méhudins in der Rue Pirouette eine Haussuchung vornehmen ließ. Er hatte die genauesten Berichte. In den anonymen Briefen, die bei der Präfektur eingegangen waren, wurde versichert, daß Florent meistens bei der schönen Normande schlafe. Vielleicht hatte er sich dorthin geflüchtet. Von zwei Mann begleitet, kam der Kommissar im Namen des Gesetzes an der Tür rütteln. Die Méhudins waren kaum aufgestanden.
    Die Alte öffnete wütend, war dann aber sofort beruhigt und grinste, als sie erfuhr, worum es sich handelte. Sie setzte sich hin, band ihre Kleider fest und erklärte den Herren:
    »Wir sind ehrbare Leute, wir haben nichts zu fürchten; Sie können suchen.«
    Da die Normande nicht schnell genug die Zimmertür öffnete, ließ der Kommissar sie einstoßen. Sie zog sich gerade an, hatte die Brust frei, ließ ihre herrlichen Schultern sehen und hielt einen Unterrock zwischen ihren Zähnen. Dieses rücksichtslose Eindringen, das sie sich nicht erklären konnte, brachte sie außer sich. Sie ließ den Unterrock los und wollte sich im Hemd und mehr rot vor Wut als vor Scham auf die Männer stürzen.
    Angesichts dieser großen nackten Frau trat der Kommissar vor, nahm seine Leute in Schutz und sagte mehrmals mit seiner kalten Stimme:
    »Im Namen des Gesetzes! Im Namen des Gesetzes!«
    Da fiel sie schluchzend in einen Armsessel, von einem Weinkrampf geschüttelt, weil sie sich zu schwach fühlte, weil sie nicht verstand, was man von ihr wollte. Ihre Haare hatten sich gelöst, das Hemd reichte ihr nicht bis zu den Knien, und die Polizeibeamten blickten verstohlen hin, um sie zu sehen. Der Polizeikommissar warf ihr einen Schal zu, den er an der Wand hängen fand. Sie hüllte sich nicht einmal damit ein. Sie weinte noch mehr, als sie zusah, wie die Männer rücksichtslos ihr Bett durchwühlten, die Kissen abtasteten und die Laken untersuchten.
    »Was habe ich denn nur getan?« stotterte sie endlich. »Was suchen Sie denn in meinem Bett?«
    Der Kommissar sprach den Namen Florents aus, und da die alte Mehudin auf der Zimmerschwelle stehengeblieben war, schrie die junge Frau auf und wollte sich auf die Mutter stürzen:
    »Ah! Die Schurkin! Die war es!« Sie würde sie geschlagen haben. Man hielt sie zurück und hüllte sie mit Gewalt in den Schal ein. Sie wehrte sich und stieß mit erstickter Stimme hervor: »Wofür halten Sie mich denn! Dieser Florent ist niemals hier hereingekommen, verstehen Sie! Nichts ist zwischen uns gewesen. Man versucht im Viertel über mich herzuziehen, aber soll doch jemand herkommen, mir etwas ins Gesicht sagen, dann werden Sie schon sehen. Und wenn Sie mich danach ins Gefängnis stecken, das ist mir gleich … So! Florent! Ich habe Besseres als ihn! Ich kann heiraten, wen ich will; vor Wut sollen die alle platzen, die Sie hergeschickt haben.«
    Diese Woge von Worten beruhigte sie. Ihre Raserei richtete sich gegen Florent, der an allem schuld war. Sie wandte sich an den Kommissar, um sich zu rechtfertigen:
    »Ich habe nichts gewußt, mein Herr. Er sah sehr sanft aus, er hat uns getäuscht. Ich wollte nicht auf das hören, was erzählt wurde, denn die Menschen sind so gehässig … Er kam dem Kleinen Stunden geben und ist dann wieder weggegangen. Ich gab ihm zu essen und habe ihm auch oft einen schönen Fisch geschenkt. Das ist alles … Ah! Nein, das wäre ja noch schöner! Man wird mich nicht mehr erwischen, so gutmütig zu sein!«
    »Aber«, fragte der Kommissar, »er muß Ihnen doch Papiere in Verwahrung gegeben haben?«
    »Nein, ich schwöre Ihnen, nein … Mir, mir wäre das gleich, ich würde

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