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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Francs für den Steinbutt!«
    Es war die schöne Normande, die zuletzt geboten hatte. Florent erkannte sie in der Front der Fischfrauen wieder, die sich an den eisernen Stangen, die den Auktionsraum abschlossen, aufgestellt hatten. Der Morgen war kühl. Eine Reihe von Pelzkragen war da, ein Zurschaustellen großer weißer Schürzen, die Bäuche, Brüste und riesige Schultern noch runder machten. Den hohen Haarknoten ganz mit Löckchen verziert, die Haut weiß und zart, zeigte die schöne Normande ihre Spitzenschleife inmitten der mit Seidentüchern bedeckten wirren und zerzausten Frisuren, der Trinkerinnennasen, der unverschämt aufgerissenen Mäuler, der wie zerschlagene Töpfe abgestoßenen Gesichter. Auch sie erkannte Frau Quenus Vetter und begann, erstaunt, ihn hier zu sehen, gerade mit ihren Nachbarinnen darüber zu tuscheln.
    Der Stimmenlärm wurde so stark, daß Herr Verlaque von seinen Erklärungen absah. Auf der Straße wurden mit langgedehnten Rufen, die aus riesigen Schalltrichtern zu kommen schienen, große Fische ausgeboten; einer besonders brüllte mit einem heiseren und geborstenen Gezeter, von dem die Dächer der Markthallen erzitterten: »Miesmuscheln! Miesmuscheln!« Aus den umgestülpten Säcken kollerten die Miesmuscheln in die Körbe; andere wurden mit der Schaufel herausgeschippt. Körbe zogen vorüber mit Rochen, Seezungen, Makrelen, Meeraalen, Lachsen, wurden von den Verteilern herzu und wieder fortgetragen inmitten des sich verdoppelnden Stimmengewirrs und des die Eisenstangen zum Krachen bringenden Gedränges der Fischfrauen. Der Auktionsausrufer, der Bucklige, fuchtelte aufgeregt mit seinen hageren Armen in der Luft herum und schob die Kinnbacken vor. Schließlich stieg er auf einen Schemel, hochgepeitscht von den Rosenkränzen der Zahlen, die er mit aller Kraft hinausschleuderte, den Mund verzerrt, die Haare wie vom Wind zerzaust, und entrang seiner ausgetrockneten Kehle nur ein unverständliches Pfeifen. Oben war von dem städtischen Steuerbeamten, einem ganz in einen falschen Astrachankragen eingemummelten alten Männchen, nichts weiter zu sehen als eine Nase unter einem schwarzen Samtkäppchen; und die große brünette Listenführerin auf ihrem hohen Holzstuhl schrieb gelassen, die Augen ruhig in dem von der Kälte ein wenig geröteten Gesicht, ohne auch nur mit den Wimpern zu zucken, ungerührt von den lärmenden Geplärr des Buckligen, das ihr die Röcke hinaufkroch.
    »Dieser Logre ist hervorragend«, murmelte Herr Verlaque lächelnd. »Er ist der beste Auktionsausrufer vom ganzen Markt … Der würde Ihnen noch Stiefelsohlen für Seezungen verkaufen.«
    Er ging mit Florent in die Halle zurück. Als sie wieder am Auktionsstand für Süßwasserfische vorbeikamen, wo zurückhaltender geboten wurde, sagte er, daß hier der Absatz sinke und sich die Flußfischerei in Frankreich in großen Schwierigkeiten befinde. Ein Ausrufer, der blond und verschmitzt aussah, erteilte mit eintöniger Stimme und ohne Handbewegungen den Zuschlag für die Sendungen Aale und Krebse, während sich die Verteiler längs der Behälter anschickten, die Fische mit ihren Keschern herauszuholen.
    Inzwischen wurde das Gewühl an den Verkaufsständen noch größer. Herr Verlaque erfüllte seine Aufgabe, Florent einzuweisen, mit aller Gewissenhaftigkeit, bahnte sich mit Ellenbogenstößen den Weg und fuhr fort, seinen Nachfolger in das dichteste Gedränge der Auktionen zu führen. Die großen Händlerinnen standen gelassen da, warteten auf die schönen Stücke und luden die Thunfische, Steinbutte und Lachse den Trägern auf die Schultern. Am Boden hockend, teilten sich die Straßenhändlerinnen die Körbe mit gemeinsam erstandenen Heringen und kleinen Klieschen. Auch Bürger waren da, einige Rentiers aus entfernteren Stadtvierteln, die um vier Uhr morgens hierhergekommen waren, um einen frischen Fisch zu kaufen, und sich schließlich den Zuschlag für eine riesige Ladung Seefische für vierzig bis fünfzig Francs erteilen ließen, die sie unter ihren Bekannten absetzten und dazu den ganzen Tag draufwandten. Jähe Püffe trieben Keile in die Menge. Eine Fischfrau, der es zu eng wurde, verschaffte sich mit erhobenen Fäusten und von unflätigen Schimpfworten geschwollener Kehle Platz. Dann schlossen sich die dichten Mauern wieder. Jetzt erklärte Florent, der fast erstickte, daß er genug gesehen und alles verstanden habe.
    Als ihm Herr Verlaque herauszukommen half, sahen sie sich ganz dicht der schönen Normande

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