Der Befehl aus dem Dunkel
haben Sie sich vorzüglich ausgedacht.«
Doch Dale machte ein finsteres Gesicht.
»Was? Wir sollen diesen Verbrecher laufenlassen? Ich weiß bestimmt, daß Sie es eines Tages bereuen werden, wenn Sie nicht jetzt die Gelegenheit benutzen, diesen Satan für immer unschädlich zu machen.«
Georg wiegte nachdenklich den Kopf.
»Vielleicht haben Sie recht. Wir wollen uns jetzt die Mühe, Turi Chan in unserer geistigen Gewalt zu halten, erleichtern, indem wir uns an dem Apparat ablösen und auch Marian dabei zu Hilfe nehmen.« —
Als Turi Chan am nächsten Morgen erwachte, fühlte er eine unerklärliche Müdigkeit in seinen Gliedern. Er bemühte sich vergeblich, die Füße aus dem Bett zu bringen. Ebenso unbegreiflich erschien es ihm, daß er trotz schärfster Anstrengung nicht fähig war, seine Gedanken klar zu ordnen. —
Dr. Oné trat gerade in die Kabine Turi Chans, als Clennan auf Georgs Kabinentür zuging.
»Er hat den Doktor holen lassen«, sagte Clennan lachend zu Georg, der unter der Antenne saß. »Eben ist er zu ihm reingegangen. Das wird eine harte Nuß für Dr. Oné geben.«
Georg schüttelte den Kopf, winkte Clennan zu schweigen und dachte mit stärkster Konzentration. —
Und so geschah es, daß zum Erstaunen Turi Chans Dr. Oné sofort nach seinem Eintritt erklärte: »Jawohl, Sie haben starke Schmerzen in den Füßen. Sie können sich nicht bewegen. Ich werde Ihnen eine ordentliche Morphiumspritze geben.«
Er zog ein Etui aus der Tasche und verabfolgte Turi Chan eine Injektion. »Wenn Sie beim Einlaufen in Singapur noch nicht erwacht sein sollten, werde ich Sie auf Ihren Anschlußdampfer hinübertragen lassen.«
Turi Chan sah den Arzt mit Augen an, aus denen größte Überraschung sprach. Wie konnte der Mann wissen, daß er selbst das alles gedacht hatte und ihm sagen wollte?
Die Flut der vielen sich in seinem Kopf kreuzenden Gedanken verebbte in der immer stärker werdenden Müdigkeit, die das Morphium ihm brachte. Gleich, nachdem Dr. Oné die Kabine verlassen hatte, lag er in festem, tiefem Schlaf, aus dem er erst erwachte, als der Dampfer »Utrecht« den Hafen von Singapur verlassen hatte und auf die hohe See hinaussteuerte. —
Es setzte ihn kaum in Erstaunen, daß seine Füße wieder ihren Dienst versahen, als er den Versuch machte, aufzustehen.
Darüber, daß die Lähmung, die Schmerzen, überhaupt sein ganzer Zustand nicht auf eine natürliche Indisposition zurückzuführen war, hatte er wenig Zweifel. Während der ganzen langen Fahrt bis Hongkong beschäftigte er sich fast ausschließlich mit Gedanken über das rätselhafte Erlebnis. Kaum, daß er nachts einige Stunden Schlaf fand.
*
In einem alten Sandsteingebäude des Städtchens Georgetown im Nordosten Australiens, wo einst für kurze Zeit ein großer Diamantenrausch geherrscht hatte, war von der australischen Regierung eine landwirtschaftliche Schule und ein kleines pflanzenphysiologisches Institut eingerichtet worden. Hier hatte Dr. Musterton als Leiter dieses Instituts mit seinem Assistenten Arngrim seine Tätigkeit aufgenommen. An das Gebäude schloß sich ein großer Botanischer Garten für Akklimatisierungsversuche mit allerlei ausländischen Gewächsen an. —
»Das hier ist mein Versuchsfeld«, sagte Jan Valverde zu Georg Astenryk, dem er eben von dem neuen Institut erzählt hatte. Er wies dabei auf ein größeres, frisch gepflügtes eingezäuntes Areal, das sich von dem Abhang, auf dem sie standen, bis zum Fluß hinunterzog.
»Ich denke, wir steigen hier von den Pferden und nehmen unseren Imbiß unter dem großen Eukalyptus da oben. Da haben wir einen weiten Blick, und ich kann dir alle Schönheiten der Gegend zeigen.«
Sie schritten die Höhe hinauf, banden ihre Pferde fest und traten in den Schatten des alten Eukalyptusbaumes. Während Georg mit dem Feldstecher die Bergkämme im Süden und Osten betrachtete, hatte sich Jan zwischen den Wurzeln des mächtigen Stammes ausgestreckt und begann sein Frühstück zu verzehren.
Sein rotes Gesicht, die gutmütigen, braunen Augen deuteten auf Hang zu ruhiger, behaglicher Lebensführung. Wenn auch seine Haare an den Schläfen schon stark ergraut waren, so bewiesen doch die breiten Schultern und die elastische Haltung, daß er die erste Hälfte der Dreißig kaum überschritten hatte.
»Der kleine Flußlauf da unten ist die Grenze meines Besitzes. Aber komm, setz dich zu mir und iß, wir haben noch einen gehörigen Ritt vor uns. Und fahre fort mit deinen Erzählungen aus
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