Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind
wusste gar nicht, dass du welche brauchst, Kumpel."
„Brauche ich auch nicht."
„Gut. Wunderbar. Wenn du dann aufhören könntest, dich wie ein Zehnjähriger mit einem neuen Beutel Murmeln zu benehmen, kämen wir hier vielleicht noch etwas weiter."
Der Blick, den Wade ihm zuwarf, hätte jeden anderen Mann zusammenzucken und sich zurückziehen lassen. Nat hielt ihm einfach nur stand.
Plötzlich zuckten Wades Mundwinkel. Er drehte den Kopf weg und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als versuche er, ein Grinsen zu verbergen. Dann wandte er sich wieder Nat zu. „Und was hast du auf dem Herzen?"
„Eine ganze Menge, beispielsweise die Frage, wann du beabsichtigst, von hier aufzubrechen. Und wie du nach Grand Point gelangen willst."
„Wir brechen jetzt auf", erklärte er und sah Chloe eindringlich an. „Jetzt beziehungsweise so schnell, wie wir fertig sein können. Und du kannst uns fahren. Du hast einen Leihwagen und bist ganz versessen darauf, nach Grand Point zu kommen."
„Gut. Ich rufe Maggie an, während ihr packt."
„Sag ihr, dass ich dich nicht aus den Augen lassen werde", gab Wade zurück.
Nat nickte, dann grinste er breit. „Das werde ich machen", sagte er. „Auf jeden Fall. Dann kriegt sie richtig was zu lachen."
15. KAPITEL
Chloe hätte sich eher foltern lassen, als zuzugeben, dass sie sich für Wades Zuhause interessierte. Sie versuchte, unbeteiligt und ein wenig müde zu wirken. Das Letzte, was sie wollte, war, ihm irgendeine Hoffnung auf eine langfristige Beziehung zu machen.
Sie hatte nicht erwartet, dass Wade Benedict weiterhin eine Rolle in ihrem Leben spielen würde, wenn sie erst einmal die Vereinigten Staaten erreicht hatten. Ihr Plan war gewesen, mit anderen islamischen Frauengruppen in Kontakt zu kommen, ein Teil dieses Netzwerks zu werden und weiterhin mitzuarbeiten, um ihrer Sache zu helfen. Für einen Mann hatte es in ihrem Plan keinen Platz gegeben, und das war auch jetzt nicht anders. Warum bloß erschien ihr dann der Gedanke so schrecklich, sich von ihm verabschieden zu müssen?
Er war der einzige Amerikaner, den sie kannte, abgesehen von den Großeltern mütterlicherseits, doch die zählten nicht wirklich. Er war auch der Einzige, der wusste, was sie hinter sich gelassen hatte. Er war die einzige Verbindung zwischen jenem Leben und einer ungewissen Zukunft. Wahrscheinlich war dies der Grund, warum ihr der Gedanke, ihn loszulassen, so unerträglich war.
Aber sie musste es tun. Er war ihr nichts schuldig, ganz egal, was sich in der letzten Nacht zwischen ihnen abgespielt hatte. Das war die Vereinbarung gewesen, und dabei würde sie auch bleiben. Er würde sich ohne Zweifel ebenfalls daran halten. Er war zwar einverstanden gewesen, sie zu retten, er mochte eine gewisse Verantwortung dafür empfinden, dass sie in Sicherheit war, aber er hatte nicht erklärt, sich für den Rest ihres Lebens um sie zu kümmern.
Es war eine ruhige Fahrt gewesen, auf der sich die beiden Männer beiläufig über Verschiedenes unterhielten - in erster Linie über Lokalpolitik, Sport und nationale Ereignisse der letzten Wochen. Da sie zu den beiden ersten Themen nichts und zum dritten kaum etwas beizutragen hatte, verbrachte sie die meiste Zeit damit, aus dem Fenster zu sehen und zu versuchen, nicht nachzudenken.
Der Wagen durchfuhr eine Kurve. Vor ihnen stellte sich ein Mann auf die Straße und versperrte ihnen den Weg. Er trug Jeans und ein T-Shirt in Tarnfarben sowie eine passende Schirmmütze, die er tief ins Gesicht gezogen hatte. Sein Gewehr hielt der Mann so lässig, als handele es sich um eine natürliche Verlängerung seines Arms.
„Hey", meinte Nat, als er abbremste. „Sieht so aus, als bekämen wir ein Empfangskomitee."
„Mein Cousin Luke", sagte Wade. „Du erinnerst dich bestimmt, dass ich von ihm sprach."
„Sieht aus, als wüsste er, was er da macht."
Allerdings, dachte Chloe.
Der große dunkelhaarige Mann hätte mühelos als Wades Bruder durchgehen können, so groß waren die Ähnlichkeiten zwischen den beiden.
Während sie anhielten, machte Nat das Seitenfenster auf. Wade beugte sich zum Fahrersitz hinüber. „Hey, Cousin", rief er. „Wie kommts, dass du Wache schieben darfst?"
„Pures Glück. Es hätte mir auch passieren können, dass ich Fenster zunagele oder Besorgungen mache." Luke nahm eine lässige Haltung an und beugte sich vor. Er nickte Nat zur Begrüßung zu, dann inspizierte er rasch den Wagen. „Ma'am", sagte er und tippte gegen den Schirm seiner
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