Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
sie schlagfertig. „Ich werde mich daran erinnern.“ Damit wirbelte sie herum und eilte, ohne eine Antwort abzuwarten, in die Küche.
Die Pfannkuchen, kaum größer als Glasuntersetzer und mit warmer Apfelsoße serviert, schmeckten ebenso köstlich wie die heiße, würzige Wurst, die es dazu gab. Lainey bestand darauf, in Clays Zimmer zu essen, und Janna widersprach nicht, sondern nahm ihren Teller mit an ihren Arbeitstisch, als ob sie Angst hätte, ihn mit ihrer Tochter allein zu lassen.
Es war kein besonders gemütliches Frühstück. Nachdem sie gegessen hatten, sammelte Janna die Teller ein und trug sie in die Küche. Dann kehrte sie zu den beiden zurück und arbeitete an einer Serie mit Wasservögeln, während Clay ihrer Tochter noch ein paar Dinge erklärte, die bei der Handhabung einer Kamera wichtig waren.
Er war gerade dabei, eine weitere Aufnahme von dem Mädchen zu schießen, das im Schneidersitz auf dem Bett hockte und durch ein anderes Objektiv linste, als Janna einen leisen Laut von sich gab, der ihn veranlasste aufzuschauen. Er merkte, dass sie ihn und ihre Tochter mit angespanntem Gesicht und einem verräterischen Glitzern in den Augen beobachtete. Er stutzte und spürte Verärgerung in sich aufsteigen.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“ fragte er ungehalten. „Ich tue ihr doch gar nichts.“
„Nein. Es ist nur, weil …“ Hilflos deutete sie erst auf seine Kamera und dann auf Lainey.
Verdutzt starrte Clay sie an. Er schaute seine Kamera an und gleich darauf Lainey. „Weil was?“
„Weil Fotos so etwas Bleibendes sind. Ich meine, verglichen mit den Menschen, die man darauf sieht.“
Clay beobachtete sie noch eine Sekunde länger. Dann dämmerte ihm, dass er Jannas Empfinden nach Fotos von einem Mädchen gemacht hatte, das so krank war, dass jeder Tag sein letzter sein konnte, während er einfach nur ein bisschen herumgespielt hatte, um sich die Zeit zu vertreiben. Die nächsten Fotos von Lainey schoss er in grimmiger Konzentration. Falls Janna es bemerkte, sparte sie sich jedoch jeden weiteren Kommentar.
Einige Zeit später stand er auf und stellte sich so, dass er ihr beim Malen zusehen konnte. Während sie mit ihrem Pinsel einem blauen Reiher Gestalt verlieh, sagte er: „Sie sind gut, verflixt gut sogar.“
„Sie müssen es ja wissen.“ Janna war so unbeeindruckt von seinem Kompliment, dass sie nicht einmal aufschaute.
„Ich bin unter Künstlern aufgewachsen. Meine Mutter hat in New Orleans im alten Industriegebiet ein Atelier und eine Galerie.“
Janna horchte auf. „Sie malt? Kann es sein, dass ich schon von ihr gehört habe?“
Clay nannte ihr den Namen, der nicht derselbe war wie seiner, da seine Mutter nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen hatte. Er fand es ein wenig amüsant, dass Jannas Augen bei dieser Information respektvoll aufblitzten. „Sie ist eine Traditionalistin“, fuhr er mit einem Schulterzucken fort, „die ebenso für ihre Vogelstudien in Pastell bekannt ist wie für ihre Aquarelle, die Szenen aus dem French Quarter zeigen.“
„Und Sie malen auf Zelluloid.“
Es war genau die Art, wie er mit der Kamera arbeitete. Er versuchte sich nicht darüber zu freuen, dass sie es gesehen hatte, aber er wusste, dass er schon verloren hatte. Aus reinem Selbstschutz heraus sagte er: „Meine Mom würde Ihnen sagen, dass Ihr blauer Reiher auf seinen Flügeln ein paar korallenrote Tupfer haben sollte. Ich glaube, ich habe eine ziemlich naturgetreue Nahaufnahme, auf der man die Farbe gut sehen kann. Sie ist in meiner Tasche, falls Sie sie sehen wollen.“
„Ich … ja, gern. Danke.“
Er hatte das Gefühl, dass ihr diese Worte nur schwer über die Lippen gekommen waren, aber er hatte bereits zu viel von ihrer Arbeit gesehen, um nicht zu wissen, dass ihre professionelle Herangehensweise sie zwang, Einzelheiten zu korrigieren, falls es erforderlich war. Während er in der Seitentasche seiner Fototasche herumkramte, förderte er neben verschiedenen Reiherstudien einen Packen Fotos zu Tage, auf dem noch weitere Bewohner der Sümpfe zu sehen waren. Es schmeichelte seinem Selbstbewusstsein, als er sah, dass sie die Fotos aufmerksam studierte.
Endlich schaute sie auf. „Die sind für Ihr nächstes Buch, nehme ich an?“
Einen Moment sah er sie schweigend an, dann fragte er: „Sie wissen, dass ich vorher schon eines gemacht habe?“
Statt einer Antwort zog sie eine Ausgabe des couchtischgroßen Bandes mit seinem Foto auf der Rückseite hervor.
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