Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
müssten, bis wir eine passende Niere bekommen.“
„Das stimmt so nicht mehr.“
„Was soll das heißen?“
„Ich bin heute Abend nicht nur wegen Ihres Anrufs gekommen, sondern auch, weil ich eine Neuigkeit für Sie habe, auf die Sie schon lange warten.“
Janna spürte, dass sie bereit war, sich in ihr Schicksal zu ergeben. „Sie haben eine passende Niere bekommen? Sie steht für Lainey bereit?“
Um die Mundwinkel des Arztes spielte ein schmales Lächeln, dann erkundigte er sich ausweichend: „Wie geht es dem lieben Kind? Gut? Das hoffe ich doch sehr. Kein Rückfall, keine leichte Erkältung, die eine Operation problematisch machen würden?“
„Nein. Wenn Sie kurz mit reinkommen möchten …“
„Das wird unter diesen Umständen nicht möglich sein.“
„Nein, natürlich nicht.“ Behutsam legte sie die Hand auf seinen Arm. „Ich würde nur gern wissen … ich habe Sie doch nicht falsch verstanden, nicht wahr?“
„Man hat uns eine Niere zugesagt.“ Gowers Miene wurde sanfter, während er eine Hand über ihre kalten Finger legte.
Vielleicht war es ja besser so. Womöglich würde ja doch noch alles gut werden. „Zugesagt? Für wann?“
„Für demnächst. Anita wird sich bei Ihnen melden. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass der Preis gestiegen ist.“
Es dauerte einen Moment, bis die Botschaft bei Janna angekommen war. „Gestiegen? Aber ich habe doch wie vereinbart vorige Woche die letzte Rate bezahlt.“
„Tut mir Leid, aber Anita ist überzeugt davon, dass wir mit dem vereinbarten Preis nicht hinkommen, und wie Sie wissen, regelt sie meine gesamten finanziellen Angelegenheiten. Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass es immer schwieriger wird, solche Dinge zu arrangieren.“
„Ja, aber trotzdem.“
„Ihre Tochter ist nicht meine einzige Transplantationspatientin. Ich tue mein Bestes, um allen so weit wie möglich zu helfen, trotz der horrenden Kosten … komplizierte Liefer- und Aufbewahrungsbedingungen für die kostbaren Nieren, Abschlagszahlungen, Wachpersonal, solche Sachen eben. Das kostet alles eine Menge Geld.“
Sie glaubte, dass er ehrlich zu ihr war; das konnte sie ihm ansehen und an seiner Stimme hören. Es hatte ihr immer gefallen, wie Dr. Gower mit Lainey umgegangen war, und sie respektierte, was er für diejenigen tat, die sich nirgendwo anders hinwenden konnten. Sie hatte sich oft gefragt, was ihn veranlasst hatte, sich eine Klinik am Rande der Sozialviertel einzurichten, wo er sich neben seiner Arbeit auch noch für die Ärmsten der Armen engagierte. Entweder war es reine Selbstlosigkeit, wie Anita Fenton behauptete, oder es war die Verlockung, die Honorare in bar kassieren und damit am Fiskus vorbeilancieren zu können. Da er ihre Tochter auf Anhieb gemocht hatte, war er sogar mit dem Preis nach unten gegangen. Einige seiner Patienten, mit denen sie sich während Laineys offizieller Behandlung unterhalten hatte, hatten Summen von weit über hunderttausend Dollar für die heimliche Transplantation erwähnt. Janna war kein Preis zu hoch, um das Leben ihrer Tochter zu retten, aber jetzt fragte sie sich, ob das ursprünglich niedrigere Honorar vielleicht nur ein Köder gewesen war und Dr. Gower sie in ihrer Verzweiflung womöglich geschickt hinters Licht geführt hatte.
Mit so viel Entschiedenheit, wie sie aufbringen konnte, sagte sie: „Ich glaube nicht, dass ich noch mehr bezahlen kann.“
„Wenn Ihnen das Wohl Ihrer Tochter am Herzen liegt, wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben. Es handelt sich um weitere dreißig Prozent.“
Dreißig Prozent.
Dreißig Prozent mehr. Dreißig Prozent zusätzlich zu der für ihre Verhältnisse Schwindel erregend hohen Summe, die sie mühsam zusammengekratzt hatte, indem sie fast alles zu Geld gemacht hatte, was sie nur irgendwie hatte verkaufen können; zudem hatte sie sich von der Bank und allen Leuten, die sie kannte, Geld geliehen. Mit gepresster Stimme erwiderte sie: „Ich kann nicht.“
„Ich denke, Sie schaffen es, wenn Sie sich nur genug Mühe geben. Sie haben drei Tage Zeit, dann kommt Anita vorbei, um das Geld abzuholen.“
„Bitte“, sagte sie, auch wenn sie es hasste, betteln zu müssen, aber sie sah keinen anderen Weg. „Ich kann wirklich keinen weiteren Penny aufbringen. Es gibt niemanden, von dem ich mir noch etwas leihen könnte.“
„Versuchen Sie es bei Ihrem Gast“, empfahl Dr. Gower, wobei er ganz leicht den Mund verzog. „Ich wäre überrascht, wenn er es Ihnen
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