Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
Tagen.“ Er beobachtete, wie sie darauf reagierte. Dass sie ihre Lippen nicht noch fester zusammenpresste, veranlasste ihn zu der Überlegung, dass sie offenbar in kürzeren Zeiträumen plante. Das beunruhigte ihn, außerordentlich sogar.
„Wird wohl ein großes Ereignis, stimmt’s?“ fragte sie schließlich.
„Für Tunica Parish ist es die Hochzeit des Jahres. Und das will etwas heißen, weil die Hochzeit meines Cousins Luke im Frühjahr schon für ziemlich viel Wirbel gesorgt hat. Er hat nämlich die Liebesromanautorin April Halstead geheiratet.“
„Und was ist an dieser Hochzeit jetzt so besonders?“
„Erstens ist der Bräutigam der Sheriff, und zweitens heiratet er eine reiche Frau von der Ostküste.“
„Komisch, dass du bis jetzt noch nichts davon gesagt hast.“
„Du hast nicht gefragt. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass mein Terminkalender dich nicht interessiert. Oder ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass ich auch ein Leben haben könnte?“
Er sah ihr an, dass sie daran nie wirklich gedacht hatte, oder vielleicht nahm sie ja auch an, dass die Fotografie sein Leben war. Zumindest war sie damit nicht weit von der Wahrheit entfernt.
„Arty hat die Hochzeit zwar erwähnt“, sagte sie, „aber von der Anprobe wusste er wahrscheinlich nichts. Der Sheriff ist jedenfalls entschlossen, dafür zu sorgen, dass du bei der Trauung anwesend bist, und ich soll dich daran erinnern, falls ich dich sehe.“
Guter alter Roan, dachte Clay. Der Sheriff hatte offenbar irgendeinen vagen Verdacht, andernfalls hätte er ihr diese Botschaft nicht mit auf den Weg gegeben. „Ich habe es nicht vergessen.“
Sie schaute sich im Zimmer um, offenbar auf der Suche nach weiterem Geschirr, da sie sich einen Moment später bückte und das Glas nahm, das er auf dem Fußboden neben dem Bett abgestellt hatte. Nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatte, sagte sie: „Es tut mir Leid, dass du meinetwegen deinen Termin verpasst hast.“
„Macht nichts. So wie ich Roan kenne, bestellt er den Smoking einfach in seiner Größe, weil wir ungefähr die gleiche Statur haben.“
„Na, dann ist es ja gut.“ Sie stellte das Glas, das sie in der Hand hatte, auf den obersten Teller und wandte sich ab.
Ihr spitzer Ton machte ihm klar, dass er ihre Entschuldigung vom Tisch gewischt hatte, als ob er sie als eine reine Formsache betrachtete. Aber sie hatte es allem Anschein nach tatsächlich ernst gemeint. Irgendetwas quält sie, dachte er. Sie sah erschöpft aus und hatte dunkle Ringe unter den Augen.
„Wenn es dir wirklich Leid tut“, sagte er, „könntest du mich ja freilassen.“
Abrupt drehte sie sich an der Tür noch einmal um und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „So Leid tut es mir auch wieder nicht.“
„Das dachte ich mir“, erwiderte er, aber sie schien es nicht mehr zu hören. Mit einem schiefen Lächeln beobachtete er, wie sich ihr verführerischer Körper seinen Blicken entzog.
Den Rest des Tages verbrachten sie einigermaßen friedlich. Lainey diente als Puffer und nützliches Kommunikationsmittel, weil sie mehr Zeit damit verbrachten, mit der Kleinen und über sie zu sprechen als miteinander. Aber Clay war sich ziemlich sicher, dass sie spürte, dass zwischen ihm und ihrer Mutter irgendetwas vorging. Manchmal schaute sie Janna mit derselben wütenden Verzweiflung an wie Ringo, wenn dieser sich wieder einmal anschickte, ihre Zeichenblätter aufzufressen.
Irgendwann am Spätnachmittag, nachdem die Kleine ihren Mittagsschlaf beendet hatte, stiegen Janna und Lainey in das uralte Aluminiumboot, das Clays Erinnerung nach schon immer am Bootssteg lag. Janna ruderte in die Richtung, in der Artys Behausung lag. Sie hatte ihm nicht gesagt, wohin sie wollte oder wann sie zurückzukommen beabsichtigte, doch Clay nahm an, dass sie nach dem Becher der Aphrodite suchen wollte.
Er konnte nicht umhin, ihre Tatkraft zu bewundern, auch wenn er dadurch zu ihrem Opfer geworden war. Fasziniert schaute er zu, mit welcher Anmut und Kraft sie die Ruder ins Wasser eintauchte und dann kraftvoll zurückzog. Sie wirkte durch und durch weiblich – diese Frau, die ihre Tochter allein großzog, ihre Stoffkreationen aus kaum mehr als Farbe und Fantasie schuf und die entschlossen war, es sogar mit giftigen Schlangen und Krokodilen aufzunehmen, solange sie nur das bekam, was sie wollte. Alles würde sie auf sich nehmen, um das, was sie liebte, zu beschützen und bewahren.
Obwohl er sie als so stark einschätzte,
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