Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
kehrte mit einem Essenstablett zurück. Sie aß das Fleischbällchen, den Kohl und das Vollkornbrot aus Höflichkeit, obwohl sie kaum etwas schmeckte. Anschließend versuchte sie ihn zu überzeugen, dass er genauso gut nach Hause gehen könne, da sie und Lainey hier gut aufgehoben seien. Er schien ihr zuzustimmen, ging aber trotzdem nicht. Warum er unbedingt bleiben wollte, war ein Rätsel, das zu lösen sie zu müde war. Doch am späten Nachmittag wurde es ihr schlagartig klar.
Janna hörte zuerst die Stimmen, gesenkte Frauenstimmen, die sich angeregt unterhielten, vor dem Zimmer jedoch verstummten. Als die Tür aufging, schaute sie in der Erwartung, wieder einmal eine Krankenschwester oder einen Pfleger zu sehen, auf.
Die beiden Frauen, die ins Zimmer traten, sahen jedoch nicht im Geringsten wie Krankenhauspersonal aus. Die eine war gertenschlank und wirkte elegant in ihrer blauen Seidenhose, der dazu passenden Bluse und dem braunen, von blonden Strähnen durchzogenen Haar, das sie zu einer kleinen Krone hochgesteckt hatte. Die andere hatte sommersprossige Haut, rotes Haar, das im Nacken von einem Gummiband zusammengehalten wurde, und trug ein locker fallendes lavendelfarbenes Leinenkleid. Mit dem Baby, das in ihrer Armbeuge schlummerte, bot sie das Bild einer sanften und mütterlichen Frau.
Janna setzte sich auf der kleinen Couch aufrecht hin, während sie die beiden anschaute. „Tut mir Leid“, begann sie, „aber ich glaube, Sie haben sich im Zimmer …“
„Nur hereinspaziert“, fiel Clay ihr ins Wort, stand mit einem gewinnenden Lächeln auf und breitete in einer Willkommensgeste die Arme aus. Liebevoll drückte er die beiden Frauen an sich, dann beugte er sich nach unten und gab dem Baby einen flüchtigen Kuss auf den mit schwarzem Flaum bedeckten Kopf. Danach drehte er sich zu Janna um.
„Darf ich dir zwei meiner Lieblings-Benedictfrauen vorstellen, Janna?“ sagte er. „Die mit der zukünftigen Highschool-Queen im Arm ist Regina, die Angetraute meines Cousins Kane, und bei der anderen handelt es sich um unsere lokale Berühmtheit, eine Schriftstellerin, die mit meinem Cousin Luke verheiratet ist, bekannter allerdings unter dem Namen April Halstead. Ladys, das ist Janna, eine Freundin von Denise, die zurzeit in deren Angelhütte wohnt. Und das niedliche Ding da im Bett ist ihre Tochter Lainey.“
Benedict-Frauen. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da wäre Janna überglücklich gewesen, sie kennen zu lernen. Sie hatte davon geträumt, zu ihnen zu gehören. Jetzt war ihre erste Reaktion Argwohn, gefolgt von einer unbestimmten Angst.
„Was machen Sie hier?“ fragte sie mit gepresster Stimme.
April wechselte mit Clay und Regina einen schnellen Blick, dann trat sie einen Schritt vor. „Roan hat uns angerufen, weil er dachte, dass Sie vielleicht ein bisschen Unterstützung brauchen könnten. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus?“ Sie streckte die Hand aus. „Ich freue mich, eine Freundin von Denise kennen zu lernen. Oder von Clay.“
Die Frau verfügte über die unerschütterliche Selbstsicherheit der Menschen, die nicht nur schön, sondern darüber hinaus auch noch berühmt waren. Gleichzeitig war sie natürlich, mit einem warmen Lächeln, in dem eine unterschwellige Liebenswürdigkeit mitschwang, die ebenso entwaffnend wie bezaubernd wirkte. Sie war alles, was eine Benedict sein sollte und was Janna nicht war. Und es war unmöglich, sie nicht zu mögen.
„Danke“, sagte Janna in kühlem Ton, während sie die Hand nahm, die April ihr hinstreckte. „Es ist nett von Ihnen, sich die Mühe zu machen, aber uns geht es gut.“
„Heißt das, dass es Ihrer Tochter besser geht?“ erkundigte sich Regina, während sie ebenfalls einen Schritt nach vorn trat. „Ich habe einen Sohn, der nur ein bisschen älter ist als Ihre Lainey. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn Stephen so krank wäre.“
„Lainey ist noch nicht über den Berg“, gab Clay an Jannas Stelle zurück. „Aber ihr Zustand ist stabil, und sie ist eine Kämpfernatur.“
„Wir hoffen das Beste. Ich bin mir sicher, dass alles gut werden wird.“ Dies war seit Jahren Jannas Standardantwort auf alle Nachfragen, und der Hauptgrund dafür war, dass sie keine Lust hatte, immer wieder alle grausamen und deprimierenden Einzelheiten auszubreiten. Außerdem stellte sie mit Argwohn eine wachsende Neigung bei sich selbst fest, Clay in ihr Denken mit einzubeziehen, als ob es irgendeine Art Band zwischen ihnen gäbe. Doch das
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