Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
herumtrug. Sofern er überhaupt gewinnen sollte.
Er war wild und unbekümmert, ein kleiner Junge im Körper eines erwachsenen Mannes. Im Geiste setzte sie Bullenreiten mit auf die Liste der Dinge, die Hutch Carmody zu einem Mann machten, der für sie völlig verkehrt war.
Leise seufzend bog sie ab und fuhr in Richtung Gemeindezentrum. Beim Blick in den Innenspiegel sah sie Daisy, die auf der Sitzbank stand und sich mit den Vorderpfoten an der Rückenlehne abstützte, um aus dem Rückfenster zu schauen, wo der Festplatz hinter ihnen zurückfiel.
„Darf Daisy auch mit zum Rodeo?“, wollte Madison plötzlich wissen.
„Da wäre sie gar nicht gut aufgehoben, Sweetheart“, erklärte Kendra. „Sie könnte getreten werden, oder wir verlieren sie und finden sie nicht wieder. Und außerdem ist es da so laut, dass sie bestimmt Angst bekommen würde.“
„Aber hat sie zu Hause keine Angst, wenn sie ganz allein ist?“, überlegte Madison.
„Zu Hause ist sie gut aufgehoben“, versicherte Kendra ihr.
Dann hatten sie auch schon das Gemeindezentrum erreicht, und aus der Gruppe Kinder auf dem Spielplatz neben dem Gebäude löste sich ein Mädchen und kam zu ihnen gelaufen.
„Das ist Becky“, rief Madison fröhlich. „Sie ist meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt!“
Kendra lächelte und schaute zu Becky. Das blonde Mädchen trug Jeans, eine Baumwollbluse und ein Paar neonpinke Cowboystiefel, wahrscheinlich das gleiche Paar, das Madison an sich genommen hatte. Nach Beckys strahlendem Lächeln zu urteilen, war der Vorfall längst vergessen.
Kaum war der Wagen zum Stehen gekommen, wand sich Madison aus ihrem Kindersitz und stieg aus, während Daisy aufgeregt bellte.
„Das ist meine Mommy“, sagte Madison zu Becky und zeigte auf Kendra, die in ihrer Arbeitskleidung - einem maßgeschneiderten beigefarbenen Hosenanzug - neben der Fahrertür stand. „Mommy, das ist Becky. Sie ist schon sechs, aber sie mag mich trotzdem, obwohl ich erst vier bin.“
Wegen des grellen Sonnenscheins blinzelte Becky ein wenig, als sie Kendra ansah. „Meine Mom will Sie anrufen, damit Sie sich kennenlernen können, bevor Madison zu uns kommen und übernachten kann.“
„Dann freue ich mich schon, wenn deine Mom anruft“, sagte Kendra und reichte ihr die Hand. Insgeheim hielt sie Madison noch für zu jung, um bei einer Freundin zu übernachten, aber sie wollte den Mädchen nicht die gute Laune verderben und schwieg vorläufig.
Becky schüttelte Kendra ohne zu zögern die Hand. „Mom sagt, dass Sie ja nicht wissen können, ob unsere Familie nicht vielleicht aus Axtmördern besteht.“
„Das möchte ich aber bezweifeln“, sagte sie lachend, auch wenn sie schon ein wenig erschrak, als sie sich das bildhaft vorstellte. Beckys Familie konnte erst vor Kurzem nach Parable gezogen sein, da sie keine Ahnung hatte, um wen es sich handeln mochte.
Madison winkte Daisy zu, die es inzwischen auf den Beifahrersitz geschafft hatte und die Nase gegen die Seitenscheibe drückte. Dann wartete sie geduldig ab, während sich Kendra vorbeugte und ihr einen Abschiedskuss auf die Stirn gab.
„Sei ein braves Mädchen“, sagte Kendra leise.
So jung Madison auch noch war, verdrehte sie schon jetzt die Augen über Kendras Geste, und tat so, als sei ihr das alles sehr unangenehm. „Mache ich, Mommy. Meistens.“
„Versuch, mehr als nur ‚meistens‘ hinzukriegen, okay?“, gab Kendra zurück, verschränkte die Arme und legte den Kopf schräg. Zwar sah sie ihre Tochter mit ernster Miene an, aber mit ihren Augen ließ sie ihr ein Lächeln zukommen, um sie wissen zu lassen, dass sie nicht ganz so streng mit ihr war, wie es den Anschein hatte.
Madison und Becky fassten sich kichernd an den Händen und liefen zurück zum Spielplatz zu den anderen Kindern und ihren Aufsichtspersonen. Erst als sie auch tatsächlich dort angekommen waren, stieg Kendra wieder in ihren Wagen ein und fuhr los. Der betrübt dreinblickenden Daisy versicherte sie, dass alles in Ordnung war.
Als sie ihr Büro erreichte, stand Deputy McQuillan vor der Tür auf dem Fußweg und wartete. Wieder trug er seine Uniform. Daisy knurrte ihn an, nachdem Kendra ausgestiegen war und auf den Mann zuging. „Guten Morgen“, begrüßte sie ihn mit einem freundlichen, aber unverbindlichen Lächeln.
McQuillan sah Daisy mit solcher Verachtung an, dass Kendra fürchtete, er könnte die Hündin treten wollen, doch dann wandte er sich wieder Kendra zu. „Ich habe beschlossen, einen
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