Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Eigentlich hätte er allein deshalb ein gewisses Verständnis für Hutch aufbringen müssen, doch das war nicht der Fall.
„Ich weiß beim besten Willen nicht, was du auf dem Grund und Boden meiner Schwester zu suchen hast“, redete Walker weiter und musterte Hutch mit zusammengekniffenen Augen.
Hutch ließ sich mit seiner Antwort Zeit. „Ich hielt es für angebracht, eine Entschuldigung anzubieten“, erwiderte er in ruhigem Tonfall. „Brylee war nicht bereit, sie anzunehmen.“
„Das hätte mich auch gewundert“, meinte Walker. „Ich fand sowieso, dass sie viel zu gut für dich ist. Auf lange Sicht hast du ihr wahrscheinlich einen Gefallen getan, die Hochzeit noch gerade eben abzusagen. Aber bei allem Verständnis hätte ich immer noch gut Lust, dir die Fresse zu polieren für alles, was sie deinetwegen durchgemacht hat.“
Zwar teilte Hutch zum größten Teil Walkers Meinung, allerdings sah er keine Veranlassung, auf seine wiederholten Bemühungen hinzuweisen, die Hochzeit schon viel früher abzusagen, nicht erst an jenem schicksalhaften Samstagnachmittag in der Kirche. Außerdem war er nach Three Trees gekommen, um sich bei Brylee zu entschuldigen, nicht bei ihrem Bruder.
„Wenn du dich mit mir prügeln willst, Walker, dann musst du das nur sagen.“ Der andere Mann schien über die Vor- und Nachteile nachzudenken, die Sache hier auf dem Parkplatz vor dem Lagerhaus zu regeln. Letztlich jedoch schüttelte er den Kopf. „Du bekommst schon noch die Quittung für das, was du ihr angetan hast“, winkte er ab und fragte dann: „Nimmst du dieses Jahr am Rodeo teil?“
„Tue ich das nicht immer?“, gab Hutch zurück. Er wusste, Walker lieferte die Stiere und die Pferde für derartige Veranstaltungen überall im Westen, darunter auch in Parable. Er war bekannt dafür, dass er Tiere züchtete, die sich fast nicht zureiten ließen.
Walker grinste hämisch. „Dann will ich doch mal hoffen, dass du den Bullen erwischst, den ich dir gönne. Der walzt wirklich alles platt.“
„Ich kann‘s kaum erwarten“, hielt Hutch amüsiert dagegen, dann trennten sich ihre Wege. Er kehrte zu seinem Wagen zurück, Walker ging ins Lager.
Als Hutch in seinem Truck saß und den Motor anließ, überlegte er, was er sich eigentlich von diesem ersten Wiedersehen mit Brylee nach dem Weltuntergang vor dem Altar versprochen hatte. Er wusste es nicht so recht, aber auf jeden Fall hatte er gehofft, einen ersten Schritt tun zu können, um irgendwann das Kriegsbeil zu begraben.
Immerhin war es ja nicht so, dass sie sich aus dem Weg gehen konnten. Zwischen Parable und Three Trees lagen gerade mal dreißig Meilen, und beide Städtchen waren eng miteinander verbunden. Also würden sie sich zwangsläufig von Zeit zu Zeit begegnen.
Seufzend fuhr er los. Vielleicht hatte Brylee ja in dem Punkt recht gehabt, dass er gar nicht hergekommen war, um sich wieder mit ihr zu vertragen, sondern dass er in erster Linie sein Gewissen hatte erleichtern wollen. Trotzdem hatte er zumindest versucht, etwas zu unternehmen, damit sie wenigstens wie zivilisierte Menschen miteinander umgehen konnten.
Vermutlich war es aber einfach noch zu früh gewesen, und nun stand er vor der Frage, ob die Wir-hassen-Hutch-Kampagnen neuen Auftrieb erfahren würden, nachdem deren Drahtzieher - Brylees Freundinnen und Angestellte - mehr oder weniger Zeugen dieser erneuten Konfrontation geworden waren.
Heutzutage hielt sich ja leider jeder für den geborenen Starreporter.
„Tja, Cowboy-Mann“, sagte er leise zu sich selbst. „Du hast es so gewollt, also finde dich damit ab.“
Er nahm den direkten Weg zurück nach Parable.
Und zu Kendra.
Madison war außer sich vor Freude, als Kendra sie am Nachmittag aus der Tagesstätte abholte und ihr das neue Haus zeigte, in dem sie schon bald wohnen würden. Daisy zeigte sich genauso begeistert und fing sofort an, den großen Garten hinter dem Haus zu erkunden.
Es gab zwei ziemlich großzügig bemessene Schlafzimmer und zwei vollwertige Badezimmer, außerdem einen kleinen Raum, den Kendra als Büro nutzen wollte. Die Küche war sonnendurchflutet, es gab genügend Schränke und sogar eine kleine Vorratskammer. Das Wohnzimmer wurde von dem großen, zum Baustil des Hauses passenden Kamin geprägt, und bei näherem Hinsehen konnte man im hölzernen Sims kleine Haken erkennen, an denen zu Weihnachten die Strümpfe für die Geschenke aufgehängt wurden.
Insgesamt war es schlichtweg das perfekte Haus, das nur einen Haken
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