Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Mobiliar aus dem Hauptgebäude war viel zu groß und zu verspielt, um in einem schlichten Kolonialbau einen Platz zu finden. In einem der Gästezimmer stand ein großes Bett, das sie mitnehmen konnte, zusammen mit der Couch mit Blumenmuster aus dem Arbeitszimmer. Tische und Stühle aus Opals altem Apartment würden ihren Zweck erfüllen. Aber Kendra wollte auch noch Platz für Neues lassen.
Sie stellte den Motor ab und holte Madison aus dem Kindersitz, dann machten sie einen Wettlauf bis zum Cottage. Drinnen wurden sie bereits sehnsüchtig von Daisy erwartet, die zur Begrüßung aufgeregt bellte.
Kendra stellte ihre Handtasche ab, ging ins Badezimmer, um sich die Hände zu waschen, anschließend durchforstete sie den Kühlschrank nach geeigneten Zutaten für ein Abendessen. Wenig später schnitt sie Gemüse für einen Salat klein, in den sie übrig gebliebene Hühnerbrust geben würde, da hörte sie auf einmal, wie ein Wagen in die Einfahrt zum Grundstück gefahren kam. Ein Blick aus dem Küchenfenster zeigte ihr, wie soeben Hutch Carmody aus seinem Truck ausstieg.
Ihr Magen verkrampfte sich, und ihr Herz begann zu rasen, während sie die Hände an einem Spültuch abwischte. Als sie nach draußen ging, wurde sie von Daisy und Madison überholt, die eben noch in der Küche gespielt hatten und die sich nun ausgelassen auf Hutch stürzten. Er lachte über ihre Späße und hob Madison hoch, damit er sie auf seine Schultern setzen konnte. Sie klammerte sich dort oben fröhlich jauchzend an ihm fest.
Im Licht der Nachmittagssonne glänzte Hutchs Haar goldgelb, während Madisons Kopf wie von kupfernen Flammen eingerahmt war. Die Hündin lief vor Freude bellend um die beiden herum und ergänzte dieses Bild, das auf Kendra so glücklich und so natürlich wirkte, als würden diese drei zusammengehören.
„Ich war heute schon mal hier“, sagte Hutch, während er Madison von den Schultern nahm und behutsam absetzte. Kaum stand sie vor ihm, streckte sie die Arme wieder nach ihm aus, um erneut hochgenommen zu werden. „Aber ihr wart nicht zu Hause.“
Im ersten Moment konnte Kendra nichts erwidern. Sie wusste, sie würde wohl niemals den Anblick der drei vergessen, dieses Bild von unbeschreiblicher Schönheit, das wie eine Vision aus einem Paralleluniversum wirkte, in dem sie alle eine Familie sein konnten.
„Hallo, jemand zu Hause?“, fragte Hutch grinsend, als sie weiter schwieg. Er stand jetzt dicht vor ihr, so dicht, dass sie ihn hätte berühren können. Den Kopf hielt er ein wenig schräg. Gleichzeitig versuchte Madison an seinem Bein nach oben zu klettern, bis er endlich ein Einsehen hatte und sie erneut auf seine Schultern setzte.
„Komm rein“, hörte Kendra sich sagen. Ihre Stimme klang heiser und völlig fremd.
Er nickte und folgte ihr. An der Tür ging er in die Knie, damit Madison nicht mit dem Kopf gegen den Rahmen stieß. Als er sie im Haus wieder herunterhob, schien es ihr zu genügen, sich einfach in seiner Nähe aufzuhalten.
Am kleinen Esstisch setzte er sich auf den Stuhl, den Kendra ihm anbot. Sie brachte ihm einen Kaffee - schwarz und damit so, wie er ihn am liebsten trank.
Es war schon witzig, welche Eigenheiten anderer Leute man sich einprägte. Meistens waren es die kleinen, alltäglichen Dinge, zum Beispiel wie jemand seinen Kaffee trank oder wie jemand auch nach einem schweißtreibenden Tag auf der Ranch inmitten von Rindern immer noch nach frisch gewaschener und an der Sonne getrockneter Kleidung duftete.
Kendra musste innerlich den Kopf darüber schütteln, dass sie so etwas überhaupt denken konnte. Sie schickte eine protestierende Madison ins Badezimmer, weil sie sich vor dem Essen Gesicht und Hände waschen sollte. Natürlich marschierte Daisy hinter ihrem jungen Frauchen her, schaute aber unterwegs immer wieder zu Hutch.
„Willst du zum Essen bleiben?“, fragte Kendra und hoffte, sie klang einigermaßen nachbarschaftlich.
„Nein, danke“, erwiderte er ohne jede weitere Erklärung, was typisch für ihn war.
Aus dem Badezimmer hörte sie das Wasser laufen und Madison reden, die Daisy ohne Atempause vom neuen Haus und ihrem neuen Bett erzählte und überlegte, ob sie wohl am Abend vor dem Zubettgehen noch eine DVD würde anschauen dürfen.
„Weshalb bist du hier?“, fragte sie schließlich sehr verhalten und in keiner Weise fordernd. Nach den Dingen, die Madison während der Fahrt gesagt hatte, fühlte sie sich einfach emotional zu erschöpft, als dass sie jetzt noch Lust
Weitere Kostenlose Bücher