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Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)

Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)

Titel: Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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riesigen, glitzernden Hand.
    Sein Blick wanderte weiter, bis er den Wasserturm erreichte.
    So wie die Anhöhe, auf der er jetzt stand, besaß auch dieses klapprige alte Bauwerk eine besondere Bedeutung für ihn. Er hatte Bullen und Mustangs geritten, die von mittelmäßig bis diabolisch reichten und die ihn über die Jahre hinweg ein paar Knochenbrüche gekostet hatten. Er war auf einigen der tosendsten Flüsse im Westen unterwegs gewesen, er war halsbrecherisch schnell Auto gefahren, hatte Skydiving und Bungeespringen mitgemacht, ohne auch nur einmal Angst zu verspüren.
    Aber da war ja noch der Wasserturm.
    So wie die meisten Kinder, die in Parable aufwuchsen, war auch er einmal hinaufgeklettert, hatte sich von einer morschen Sprosse zur nächsten auf der uralten Leiter nach oben gewagt, während sein Herz so laut schlug, dass er nichts anderes mehr hörte, und während ihm die Angst so sehr die Kehle zuschnürte, dass er kaum noch atmen konnte.
    Auf dem schmalen Laufsteg in rund fünfzehn Metern Höhe war er dann vor Angst erstarrt und hatte sich am Geländer festgeklammert, während der Wasserturm an sich wie eine Kirmesattraktion zu schwanken schien. Kalter Schweiß war ihm ausgebrochen, und er hatte trotz der sommerlichen Hitze am ganzen Leib gezittert. Als ob das nicht peinlich genug gewesen wäre, hatte auch noch Slade Barlow anwesend sein müssen.
    Slade, sein Halbbruder und zu der Zeit sein ärgster Feind, der ihn herausgefordert hatte, den Wasserturm zu besteigen. Ironischerweise war es dann auch Slade gewesen, der zu ihm nach oben gekommen war und so lange auf ihn eingeredet hatte, bis er sich in der Lage gefühlt hatte, wieder nach unten zu klettern. Allerdings war auch sonst niemand zugegen gewesen. Glücklicherweise.
    Selbst jetzt, nach so vielen Jahren, bereitete ihm die Erinnerung ein so unangenehmes Gefühl im Magen, als hätte er etwas Verdorbenes gegessen.
    Er zwang sich dazu, den Blick vom Wasserturm abzuwenden. Die meisten Leute in der Stadt waren der Meinung, dass man das ohnehin überflüssig gewordene Relikt endlich abreißen sollte, bevor sich noch ein Kind bei einer Mutprobe verletzte oder sogar das Genick brach. Seltsam war, dass darüber zwar diskutiert wurde, aber niemand etwas unternahm, damit das Ding endlich verschwand. Vielleicht war es Nostalgie und die Erinnerung an die verflossene Jugend, vielleicht auch nur pure Trägheit, und irgendwie begnügten sich die Leute damit, immer nur über einen Abriss zu diskutieren.
    Hutch seufzte ein wenig deprimiert und fragte sich, wieso er überhaupt hergekommen war. Er ging zu Remington, griff nach den Zügeln und saß auf. Nachdem er ein paar Sekunden lang in den Steigbügeln gestanden hatte, um die Beine zu strecken, ließ er sich in den Sattel sinken und machte sich auf den Weg nach Hause, wo er von niemandem erwartet wurde.
    Gegen Mittag zeigte Kendra dem ersten potenziellen Käufer das Herrenhaus, einem Geschäftsmann aus San Francisco, der nach eigenen Angaben auf der Suche nach guten Gelegenheiten war, in die er investieren konnte. Seine Frau hatte schon immer eine Pension in einer Kleinstadt wie Parable eröffnen wollen.
    Kendra hörte ihm aufmerksam zu und lächelte freundlich, stellte und beantwortete Fragen, und schließlich verriet sie dem Mann, dass es in der Stadt bereits drei Pensionen gab, die sich nur mit Mühe über Wasser halten konnten.
    Der Mann nahm das betrübt zur Kenntnis, dankte Kendra für ihre Zeit und fuhr dann in seinem gemieteten SUV weg. Wahrscheinlich hatte er seiner Frau versprochen, sich das Objekt anzusehen, das hatte er nun getan, und er konnte das Thema reinen Gewissens abhaken. Kendras Instinkt hatte ihr bereits gesagt, dass er kein Angebot abgeben würde, dennoch war sie nicht entmutigt.
    Anschließend kehrte sie ins Büro zurück, wo Daisy immer noch fest schlafend in der gleichen Ecke lag wie zuvor, als Kendra gegangen war. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und aß zu Mittag - ein Becher Joghurt und ein Apfel.
    Den Kunden durch das Herrenhaus zu führen war trotz der Überzeugung, dass dabei nichts herauskommen würde, eine angenehme Ablenkung von dem Wirrwarr in ihrem Kopf gewesen. Aber jetzt, da sie allein in ihrem ruhigen Büro saß, kehrten die Gedanken an Hutch und an das bevorstehende Treffen am Nachmittag schnell wieder an die Oberfläche ihres Verstands zurück.
    Niemand rief an, um sie wieder abzulenken.
    Der Monitor ihres Computers starrte sie an, als wollte er sie in einem Stück

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