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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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fol­ger­te dar­aus, daß er des Lü­gens mü­de ge­wor­den war, und das über­rasch­te ihn über­haupt nicht. Jo­na­thon war ein mi­se­ra­bler Lüg­ner. Nicht nur, daß die Lü­gen an sich völ­lig un­glaub­haft wa­ren – er zwin­ker­te auch noch bei je­der ein­zel­nen wie ein Ir­rer mit Asche im Au­ge.
    „Wenn ich Ih­nen von un­se­rem Stern er­zäh­le“, schlug Jo­na­thon vor, „sind Sie dann be­reit, uns da­für von Ih­rem zu er­zäh­len?“ Der Ali­en senk­te den Kopf ein we­nig, und sein lan­ger Hals schwank­te hin und her. Es war ganz of­fen­sicht­lich, daß Jo­na­thon Reynolds Ant­wort große Be­deu­tung bei­maß.
    Al­so sag­te Reynolds: „Mit Ver­gnü­gen“, ob­gleich er sich ei­gent­lich kei­ne In­for­ma­ti­on über die Son­ne vor­stel­len konn­te, die bei die­sen We­sen be­son­de­re Über­ra­schung aus­lö­sen wür­de. Gleich­viel, man hat­te ihn hier­her­ge­sandt, um so­viel wie mög­lich über die Ali­ens her­aus­zu­fin­den, oh­ne da­bei et­was Wich­ti­ges über die Mensch­heit preis­zu­ge­ben. Die­ser In­for­ma­ti­ons­aus­tausch über Ster­ne schi­en ihm ein si­che­rer Weg zu sein.
    „Dann wer­de ich be­gin­nen“, sag­te Jo­na­thon, „und bit­te ver­zei­hen Sie die un­ge­naue Aus­drucks­wei­se. Mei­ne Kennt­nis­se Ih­rer Spra­che sind be­grenzt. Ich neh­me an, Sie ha­ben für die­sen Be­reich ein spe­zi­el­les Vo­ka­bu­lar.“
    „Ein tech­ni­sches Vo­ka­bu­lar, al­ler­dings.“
    Der Ali­en sag­te: „Un­ser Stern ist ein Bru­der des Ih­ren. Oder bes­ser ei­ne Schwes­ter? In Zei­ten in­ten­sivs­ter Ver­bun­den­heit ist sei­ne – oder ih­re? – Weis­heit ma­kel­los. Zu Zei­ten ist er auch zor­nig – an­ders als Ihr Stern –, aber die­se Zei­ten sind sel­ten, und sie dau­ern auch nicht län­ger als ein paar flüch­ti­ge Au­gen­bli­cke. Zwei­mal hat er die Ver­nich­tung un­se­rer Zi­vi­li­sa­ti­on in Au­gen­bli­cken höchs­ten per­sön­li­chen Zor­nes an­ge­kün­digt, aber nie­mals hat er es für er­for­der­lich ge­hal­ten, die­se Vor­her­sa­ge auch zu er­fül­len. Ich wür­de sa­gen, er ist eher freund­lich denn ra­send, eher sanft­mü­tig denn bru­tal. Ich glau­be, er liebt un­ser Volk tief und fest. Un­ter den Ster­nen des Uni­ver­sums ist sei­ne Stel­lung nicht be­deu­tend, aber er ist un­ser Hei­mat­stern, und wir müs­sen ihn ver­eh­ren. Und das tun wir na­tür­lich auch.“
    „Spre­chen Sie wei­ter“, sag­te Reynolds.
    Jo­na­thon fuhr fort, und Reynolds lausch­te ihm. Der Ali­en sprach von sei­ner per­sön­li­chen Be­zie­hung zu dem Stern und da­von, wie der Stern ihm in Zei­ten in­di­vi­du­el­ler Fins­ter­nis ge­hol­fen hat­te. Ein­mal war er ihm bei der Part­ner­su­che be­hilf­lich ge­we­sen, und die dar­aus re­sul­tie­ren­de Ver­bin­dung war nicht nur voll­kom­men, sie war ge­ra­de­zu gött­lich ge­we­sen. Die gan­ze Zeit hin­durch re­de­te Jo­na­thon über sei­nen Stern wie ein ehr­fürch­tig-from­mer Ju­de über den Gott des Al­ten Tes­ta­ments ge­spro­chen hät­te. Zum ers­ten Mal be­dau­er­te Reynolds jetzt, daß er den Re­cor­der hat­te zer­stö­ren müs­sen. Wenn er ver­such­te, Kel­ly von die­sem Ge­spräch zu be­rich­ten, wür­de sie ihm kein Wort glau­ben. Wäh­rend er sprach, zwin­ker­te der Ali­en nicht ein ein­zi­ges Mal, nicht ein­mal kurz – und Reynolds sah ge­nau hin.
    Schließ­lich war er fer­tig. Er schloß: „Aber dies ist nur ein An­fang. Wir kön­nen ein­an­der so viel ge­ben, Br­ad­ley Reynolds. Wenn ich nur erst mit Ih­rem tech­ni­schen Vo­ka­bu­lar ver­traut bin. Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen ge­trenn­ten We­sen­hei­ten – die großen Bar­rie­ren der Spra­che …“
    „Ich ver­ste­he“, sag­te Reynolds.
    „Das wuß­ten wir. Aber nun sind Sie an der Rei­he. Er­zäh­len Sie mir von Ih­rem Stern.“
    „Wir nen­nen ihn ‚Son­ne’“, sag­te Reynolds. Da­bei kam er sich mehr als nur ein biß­chen al­bern vor – aber was soll­te er sonst sa­gen? Wie konn­te er Jo­na­thon sa­gen, was er wis­sen woll­te, wenn er es selbst nicht wuß­te? Al­les, was er über die Son­ne wuß­te, wa­ren Tat­sa­chen. Er wuß­te, wie heiß sie war, wie alt sie war, er kann­te ih­re Mas­se,

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