Der Bernstein-Mensch
sie die Zeichnungen begreifen, nur der Aufbau der Faradayschen Schale kam ihr befremdlich vor. Es war ein einfacher Partikeldetektor, der darauf ausgerichtet war, die Hochenergieelektronen oder -protonen zu zählen, die von einem kleinen Metallgitter aufgesogen wurden.
Mara seufzte. Sie bog sich in ihrem Sitz zurück und wandte ihr Gesicht noch einmal dem Jupiter zu. Jetzt, da die Dunkelheit das Orb verschlungen hatte, wirkte er noch riesiger. Sie starrte in die schwellenden Stürme. Tsubata erhob sich aus seinem Sitz und zog sich, mit den Händen übereinandergreifend, über das Shuttle, um dies und jenes zu überprüfen. Mara erkannte Gesichter in den fließenden Streifen des Jupiter. Sie lächelte. Wer waren denn die?
Zwanzig Minuten vor dem Rendezvous und auf Befehl der Flugüberwachung drehte Mara das Shuttle um die eigene Achse, so daß es rückwärts weiterglitt. Ein kleiner Punkt in ihrem Rücken schwoll zu einem silbrigen Kasten an, aus dem Sensoren und eine Mikrowellen-Scheibe herausragten. Mara kam er unglaublich alt vor – und klein, weniger als zwei Meter im Durchmesser und von Narben übersät.
„Wie lange ist er schon hier draußen?“ fragte sie.
„Etwa vier Jahre.“
„Warum sieht er so mitgenommen aus?“
„Es gibt eine Menge Müll im Jupiterorbit. Genug Mikrometeoriten für einen kleinen Planeten wahrscheinlich.“
Sie betrachtete den Satelliten. „Er sieht wirklich antik aus. Ich glaube, ich werde ihn mir genauer ansehen.“
Sie sprang aus ihrem Sitz, gekrümmt, um die Richtung nicht zu verfehlen, und betätigte ihre Manöverdüsen.
Tsubata rief: „Warten Sie!“
„Ich kann das ebensogut besorgen.“ Sie näherte sich dem Satelliten.
„Aber Sie sind nicht qualifiziert. Sie sollen zusehen!“
„Ich bin ein lausiger Zuschauer.“ Sie glitt näher heran, und mit einem kurzen Schwall aus ihren Düsen bremste sie neben S-106. Tsubata redete immer noch, aber es fiel ihr nicht schwer, ihn zu ignorieren; sie schwebte um den Kasten herum, ermittelte die fraglichen Einschübe und zog flink eine Reihe von Schaltkreistafeln heraus. Die Konfiguration der Faradayschen Schale war leicht ausfindig zu machen. Sie zog die Steckverbindungen ab und legte einen Bypass an. „Der hier hat wirklich was abgekriegt“, sagte sie. „Der Schaltkreis hat ein Loch, so groß wie ein Zehncentstück. Soviel über die Feinheiten der Elektronik.“
Tsubata schmollte immer noch. „Das war sehr dumm von Ihnen, Mara. Sie hätten die Platinen verklemmen können.“
„Hab’ ich aber nicht.“
„Wenn Sie Techniker werden wollten …“
„Will ich. Aber ich bin lieber ein Hammer als ein Nagel.“
Tsubata verstummte. Mara löste die Tafel ab und nahm sorgfältig Kurs zum Shuttle. Eingedenk ihrer Ausbildung achtete sie darauf, ihre Düsen nicht auf S-106 zu richten, damit er nicht aus dem Gleichgewicht kam. Sie schnallte sich fest und reichte Tsubata die Schaltkreistafel. Mit einer ungeduldigen Geste hielt er ihr ein Ersatzteil hin.
„Nehmen Sie das und setzen Sie es ein“, sagte er. „Aber ich komme mit.“
„Fein.“
Gemeinsam installierten sie das neue Teil. Tsubata schloß seine Analysegeräte an und ließ eine Testsequenz ablaufen. Noch immer zeigten sich gelegentliche Kurzschlüsse und ein anomaler Überlastungsindex. Er befahl ihr, zum Shuttle zurückzukehren. Sie legte sich zwei spitze Erwiderungen zurecht, beschloß aber dann, es hingehen zu lassen; sie war sich nicht sicher, ob sie die notwendigen Reparaturen allein durchführen konnte, und irgend etwas sagte ihr, daß sie Tsubata an einen Punkt gebracht hatte, den er nicht überschreiten würde.
Vom Shuttle aus beobachtete sie, wie er eine
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