Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze
Autoren: Belinda Bauer
Vom Netzwerk:
von nutzlosen Informationen, Gesprächsfetzen und Sticheleien, von Miss-Marple-Theorien und bösem Blut geradezu überschwemmt worden.
    Als das Licht am wolkenverhangenen Winterhimmel zu verblassen begann, traf sich das Einsatzkommando im Red Lion mit Marvel, um Informationen auszutauschen. Sehr schnell stellten sie fest, dass ihre kollektiven Ansichten auf einen einzigen Verdächtigen, nämlich den Dorfdieb Ronnie Trewell, hinausliefen. Anfangs hatten sie noch gedacht, sie hätten drei vielversprechende Spuren. Nach fast einer Stunde hatten sie jedoch ausgeknobelt, dass »Ronnie Hinkefuß«, Ron Trewell und »der Bursche, der so komisch geht« ein und dieselbe Person waren  – und dass der Kerl bloß Autos klaute.
    Trotzdem notierte Reynolds pflichtschuldig den Namen, schrieb »alias Ronnie Hinkefuß (hinkt?)« daneben in sein Notizbuch und kam sich dabei vor wie einer der Fünf Freunde aus Enid Blytons Jugendromanen.

    Außerdem berichtete das Team, dass mehrere Leute ziemlich kurz angebunden gewesen seien, weil sie bereits mit dem Dorfbobby gesprochen hätten.
    »Dieser Idiot, der an der Nase von dem Opfer rumgewackelt hat?« Marvel furchte die Stirn.
    »Ich glaube, ja«, antwortete Reynolds. »PC Holly.«
    »Klingt ja richtig weihnachtlich. Mr. Stechpalmenzweig«, bemerkte Elizabeth Rice, und Grey lachte zu laut. Als dächte er, sie würde dafür vielleicht mit ihm ins Bett gehen.
    Marvels ohnehin schon faltiges Gesicht wurde noch zerknautschter, und er schnippte wiederholt mit dem Fingernagel gegen sein Glas Bitter Lemon, als wäre die Welt rundum in Ordnung, wenn er nur ein ordentliches Bier hätte.
    Niemand hatte irgendetwas über Samstagnacht zu berichten, das irgendwie ungewöhnlich gewesen wäre. Denn inzwischen wussten sie ebenso gut wie jeder Dorfbewohner, dass es etwas ganz Normales war, wenn Neil Randall sich volllaufen ließ und umkippte, und dass  – wie sie aus mindestens vier verschiedenen Quellen erfahren hatten  – Angela Stirk im Bellbow Cottage im Taumel der Leidenschaft immer kläffte wie ein Hund. 
    »Gab anscheinend schon ’ne einstweilige Verfügung deswegen«, berichtete Grey mit einem Hauch von Bewunderung in der Stimme. »Und ihr Mann ist draußen auf den Bohrinseln!«
    Marvel starrte in sein Glas, während ihm langsam die Wahrheit dämmerte.
    »Nichts«, stellte er fest. »Die haben uns überhaupt nichts erzählt.«
    »Vielleicht gab’s ja nichts zu erzählen«, meinte Reynolds beschwichtigend.
    »Oder sie haben ihrem Kumpel Holly schon alles auf die Nase gebunden.«
    »Wäre möglich«, bemerkte Singh.
    »Scheißlandeier«, sagte Marvel zu laut, und Reynolds warf
einen schuldbewussten Blick auf die Stammgäste, die an der Bar saßen und das Kaminfeuer in Beschlag genommen hatten. Anscheinend hatte keiner von ihnen etwas gehört. Zumindest ging niemand mit einer Heugabel auf Marvel los.
    »Es scheint, als hätte Mrs. Priddy keine Feinde gehabt«, lotste Reynolds seine Kollegen achselzuckend zu dem Opfer zurück. Es half in solchen Fällen immer, an das Opfer erinnert zu werden  – so konzentrierten sich alle wieder, wenn sie abschweiften oder ins Streiten kamen.
    »Ja. Allmählich denke ich, das war ein Zufallsmord.« Rice trank ihre Limonade aus und wischte sich auf eine Art und Weise den Mund ab, die Marvel überlegen ließ, ob sie vielleicht lesbisch war.
    »Nichts ist reiner Zufall«, belehrte er sie. »Es gibt bestimmt einen Grund  – auch wenn niemand außer dem Mörder diesen Grund versteht.«
     
    Der Killer beobachtete Jonas mit kalten Augen, während dieser seine Hausbesuche machte. Sah, wie er gegen Will Bishops merkwürdige Logik anrannte, sah ihn von dem schmalen Gehsteig heruntertreten, damit Chantelle Cox mit ihrem hässlichen rotblonden Säugling in seinem Billig-Kinderwagen vorbeikonnte. Er verachtete es, wie er die Straße nach einem heimlichen Beobachter absuchte, den er spüren, aber nicht sehen konnte.
    Jonas Holly sollte die Menschen doch beschützen.
    Hätte er getan, was er eigentlich tun sollte, dann hätte der Killer gar nicht angefangen  – und wäre vielleicht an seinem Treiben gehindert worden.
    Der Killer war hier, weil Jonas seinen Job nicht machte.
    Und solange er seinen Job weiter nicht machte, würde der Killer nur immer stärker werden.

20 Tage
    Jonas bekam einen anonymen Anruf von Linda Cobb, dass Yvonne Marsh im Schlüpfer auf der Schaukel säße. Er erkannte Lindas Stimme und wusste, dass ihr das klar war, aber Anonymität war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher