Der Beschützer
um sich gleichzeitig mit dem Logbuch und der Arbeitseinteilung für den kommenden Tag zu befassen.
»Inzwischen wissen wir, daß die Energieimpulse von der fremden Raumstation dem fünften Planeten des nächsten Sonnensystems gelten. Vielleicht wurden sie verwendet, um Kim und Torres zu jener Welt zu transferieren.«
Ein rhythmisches Summen erklang, und daraufhin blieb ihr nichts anderes übrig, als den Kopf zu heben und auf den Monitor zu blicken. Das kleine Projektionsfeld zeigte ihr die gerade gesprochenen Worte, mehr nicht. Janeway blinzelte verwirrt – und rang sich zu der Erkenntnis durch, daß sie den Türmelder gehört hatte. Sie seufzte und lehnte sich zurück.
»Herein.«
Tuvok trat vier Schritte weit in den Bereitschaftsraum, blieb stehen und legte die Hände auf den Rücken. Hinter ihm sah Janeway kurz die halbdunkle Brücke mit den beschädigten Konsolen, bevor sich die Tür wieder schloß. Hatte ihr Sicherheitsoffizier dort die ganze Zeit über allein gearbeitet?
Manchmal fragte sie sich, ob Vulkanier jemals schliefen.
»Ich habe eine Veränderung bei den Impulsen bemerkt, Captain«, sagte Tuvok förmlich. »Die zeitlichen Abstände zwischen ihnen verkürzen sich.«
Interesse erwachte in Janeway. »Die Impulse folgen schneller aufeinander?«
Tuvok nickte kurz. »Die betreffenden Intervalle sind seit unserer Ankunft um null Komma vier sieben Sekunden geschrumpft. Ich habe keine Erklärung dafür.« Janeway lachte leise – es klang viel zu bitter – und winkte den Vulkanier näher. »Es ist eins der vielen Rätsel, mit denen wir es zu tun haben. Sehen Sie sich das hier an.«
Sie drehte den Monitor und lehnte sich ein wenig zur Seite, damit sich Tuvok über ihre Schulter beugen konnte, ohne dabei einen körperlichen Kontakt zu riskieren. Sie hatte mehrmals Geschichten über Vulkanier gehört: Angeblich vermieden sie unter allen Umständen, Menschen zu berühren. Janeway wußte nicht recht, was sie von solchen Behauptungen halten sollte, doch eins stand fest: Tuvok achtete immer darauf, angemessene Distanz zu wahren, und sie respektierte dieses Gebaren.
Er beobachtete das planetare Diagramm unter den aufgezeichneten Worten. In der graphischen Darstellung beschränkten sich die Impulse der Raumstation auf einige dünne Linien zwischen der gegenwärtigen Position der Voyager und dem Planeten.
Janeway deutete auf die statistischen Daten. »Die ganze Welt ist eine einzige große Wüste. Es gibt keine Meere oder Flüsse.« Sie lehnte sich wieder zurück und schüttelte den Kopf. »Die elementaren Merkmale eines Planeten der Klasse M sind vorhanden, aberc « Sie wählte ein Element der Eigenschaftsbeschreibung und vergrößerte es, woraufhin es die Hälfte des Bildschirms beanspruchte. »Der Atmosphäre fehlen nukleogene Partikel.«
Tuvok wölbte eine Braue. »Es würde bedeuten, daß sich keine Wolken bilden können. Wodurch Regen unmöglich wird.«
Janeway nickte und kaute auf der Unterlippe. »Ich kenne Hunderte von Planeten der Klasse M, und bei ihnen allen enthält die Atmosphäre nukleogene Partikel. In diesem Fall muß eine sehr außergewöhnliche Umweltkatastrophe stattgefunden haben.« Sie gähnte – und versuchte darüber hinwegzutäuschen, indem sie sich das Gesicht rieb. »Nach den notwendigen Reparaturen nehmen wir Kurs auf den fünften Planeten«, sagte sie schließlich. »Sie sind müde, Captain«, stellte Tuvok fest. »Sie sollten sich hinlegen und schlafen.«
Janeway spürte, wie sie errötete – es gefiel ihr nicht, bei einer Schwäche ertappt zu werden. Sie lenkte sich ab, indem sie nach dem Datenblock griff.
»Kims Mutter hat sich mit mir in Verbindung gesetzt, kurz bevor wir die Erde verließen«, sagte sie. Geistesabwesend betätigte sie Tasten und ›blätterte‹ durch den Datenspeicher des kleinen Geräts. »Eine sehr sympathische Frau. Harry Kim ist ihr einziger Sohn.« Es fiel ihr seltsam schwer, diese Worte auszusprechen. »Er hatte seine Klarinette zu Hause gelassen, und sie wollte wissen, ob es noch möglich sei, das Musikinstrument nachzuschicken.« Sie sah zu Tuvok auf.
»Wußten Sie, daß er bei der Juilliard Youth Symphony Klarinette spielte?«
Der Vulkanier schwieg zwei oder drei Sekunden lang. »Ich hatte keine Gelegenheit, Mr. Kim kennenzulernen.«
Es klang endgültig, so als rechnete er nicht mit der Möglichkeit, dem Fähnrich irgendwann einmal zu begegnen.
»Ich kannte ihn kaum«, räumte Janeway ein. »Und das gilt auch für die anderen an Bord. Ich
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