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Der Beschützer

Der Beschützer

Titel: Der Beschützer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Graf
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davor, ihnen dadurch Realität zu geben. Torres verharrte am Rand des Platzes und kehrte ihm den Rücken zu. Kim nahm an, daß ein neuerlicher Wutanfall bevorstand, aber dann schwankte die Klingonin und hielt sich an einem der Tische fest, als die Knie unter ihr nachgaben.
    Der Fähnrich sprang auf und lief los. Während der letzten Meter verstärkte sich die Übelkeit in ihm.
    »Soll ich Hilfe holen?« fragte er und trachtete danach, Torres zu stützen.
    »Nein!« entfuhr es ihr. Ihre Finger schlossen sich so fest um Kims Arme, daß er befürchtete, noch in einigen Wochen blaue Flecken zu haben – falls sie überhaupt solange überlebten.
    »Haben Sie Schmerzen?« erklang eine besorgte Stimme hinter ihnen.
    Kim rechnete damit, daß sich Torres mit einem plötzlichen Ruck umdrehte, und nur dieser Umstand bewahrte ihn davor, das Gleichgewicht zu verlieren und zu fallen. Er drehte sich ebenfalls um und trat vor die Klingonin. Es ging ihm nicht darum, sie zu schützen – vielmehr wollte er sie daran hindern, sich auf die Person zu stürzen, die an sie herangetreten war.
    »Bespitzeln Sie uns?« zischte B’Elanna. Sie schob sich etwas näher an Kim heran, machte jedoch keine Anstalten, an ihm vorbeizutreten. Die Ocampa-Frau wich trotzdem einen Schritt zurück, »Ich dachte, wir sind keine Gefangenen.«
    Die Frau blinzelte und schüttelte langsam den Kopf – sie wußte, was Torres anstellen konnte, wenn sie außer Kontrolle geriet. Kim erinnerte sich: Diese Ocampa hatte er nach seinem ersten Erwachen gesehen. Sie war zugegen, als Torres wild um sich schlug und versuchte, aus dem Krankenzimmer zu entkommen.
    »Nein, ich habe Sie nicht bespitzelt«, sagte sie. »Ich bin gekommen, um Ihnen etwas zu geben.« Nervös sah sie nach rechts und links, als befürchtete sie, ihrerseits beobachtet zu werden. Schließlich gab sie sich einen Ruck und kam näher.
    Irgend etwas veranlaßte Kim, ihr entgegenzugehen.
    Die Frau drückte ihm eine kleine grüne Phiole in die Hand.
    »Ich weiß nicht, ob es Ihnen hilft.« Sie flüsterte fast. »Es ist eine Arznei.« Sie blickte über Kims Schulter hinweg und lächelte unsicher, als auch Torres näher trat. »Einige Ocampa haben den Weg und auch die Stadt verlassen. Sie bauen Obst und Gemüse an. Durch Zufall fanden sie folgendes heraus: Das an bestimmten Obstbäumen wachsende Moos kann eine heilende Wirkung entfalten.« Unbehagen huschte durch ihr Gesicht. »Ichc bedauere sehr, was mit Ihnen geschehen ist.«
    Was mit uns geschehen ist? wiederholte Kim in Gedanken.
    Boten diese Worte den ersten Hinweis darauf, daß sie den Planeten nicht mit den seltsamen Schwellungen erreicht hatten? Handelte es sich nicht um eine Infektion, sondern umc Manipulation?
    Was auch immer der Fall sein mochte: Das Verhalten dieser Ocampa-Frau stellte eine willkommene Abwechselung dar.
    »Wir danken Ihnen«, sagte Kim und schloß die Finger um die Phiole. »Aber wir können nur dann überleben, wenn wir Gelegenheit erhalten, die Oberfläche zu erreichen und zu unseren Leuten zurückzukehren.«
    Ein Schatten senkte sich auf die Züge der Krankenschwester.
    »Die Ältesten würden darauf hinweisen, daß es den Wünschen des Beschützers widerspricht.«
    »Und Sie?« fragte Torres. Sie sprach in einem herausfordernden Tonfall, und gleichzeitig klang ihre Stimme erstaunlich sanft.
    Die Ocampa wandte den Blick ab. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich; Kim sah erst Skepsis, dann so etwas wie kindliche Verwirrung.
    »Der Beschützerc « Sie schüttelte den Kopf und biß sich auf die Unterlippe. »Seit einigen Monaten verhält sich der Beschützer seltsam.« Die Frau zuckte unsicher mit den Schultern. »Er entführt Personen, liefert mehr Energiec «
    Kim wechselte einen raschen Blick mit Torres. »Er liefert Energie?«
    Die Ocampa musterte ihn so, als sei sie von der Frage überrascht. »Er schickt uns dreimal soviel Energie wie früher.
    Inzwischen ist genug gespeichert, um alle Einrichtungen der Stadt fünf Jahre lang zu versorgen.«
    Kim dachte in diesem Zusammenhang an die Autonomie der Bunker während der unruhigen Zeiten am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Er schauderte innerlich. »Sind die Gründe dafür bekannt?«
    »Wenn wir fragen, so fordert man uns auf, den Entscheidungen des Beschützers zu vertrauen.« Die Ocampa schwieg und wandte sich halb ab.
    Das Schweigen, so hatte Kims Mutter oft betont, sei das beste Werkzeug des Überzeugens. Was sich mit Tränen, Zorn und Drohungen nicht erreichen ließ,

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