Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
Vom Netzwerk:
Aufmerksamkeitspegel stieg schlagartig wieder
an.
    »Ich habe Ihr Buch gelesen. Sie interessieren sich für die Abgründe
der menschlichen Seele.«
    Anna lehnte sich zurück: »Das tun alle Psychologen.«
    »Sie glauben, daß die Kindheit einen Menschen zerstören kann.«
    Anna blickte ihn unwissentlich mißtrauisch an: »So allgemein habe
ich das nie formuliert.«
    Carlos machte wieder eine längere Pause.
    »Ich bin sehr viel unterwegs und kann nicht regelmäßig zu Ihnen in
die Sitzung kommen. Wäre es zwischendurch möglich, mit Ihnen auch per Mail zu
kommunizieren?«
    Anna sah ihn sich genauer an. Schöne, kräftige Hände. Gute Figur,
sportlich, schmale Hüften. Sein Gesicht war sehr symmetrisch, ein wenig zu grob
geschnitten, dafür aber um so ausdrucksstärker. Die Augen, dunkel, fast
schwarz, wirkten abwesend, wenn er zu Boden sah oder im Raum umherblickte. Sah
er sie jedoch an, schien seine komplette Konzentration in den Pupillen
gebündelt wie ein schwarzer Laserstrahl. Der Blick ging tief, verstörte sie.
    »Das ist nicht üblich und erlaubt keine direkte und spontane
Interaktion, die sehr wichtig ist für das Verhältnis zwischen Therapeut und
Klient«, antwortete sie.
    Er schwieg.
    Es wäre nun an Anna gewesen, ebenfalls wieder zu schweigen, doch
etwas an diesem Mann machte sie neugierig.
    »Wollen Sie über Ihre Kindheit reden?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    Sie schwieg.
    »Ich will nur erzählen, was mir so durch den Kopf geht. Ich will
nicht, daß Sie mir Fragen stellen.«
    Anna lächelte: »Dann fragen Sie .«
    Carlos lächelte ebenfalls ein wenig: »Aus den Fragen, die ich Ihnen
stelle, können Sie Rückschlüsse auf meinen Charakter ziehen.«
    »Soll ich das nicht?«
    »Auch auf meine Kindheit?«
    Sie sah ihm in die Augen: »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    Er lächelte. »Ich habe viele Fragen. Ich weiß nur noch nicht,
welche. Sie sind noch nicht ausformuliert. Aber ich will sie stellen … Und ich
habe Bilder im Kopf. Geschichten. Ich will sie erzählen.«
    »Tun Sie das«, meinte Anna.
    Carlos erhob sich: »Das nächste Mal. Ich melde mich … Danke.«
    Damit ging er.
    Anna wollte den seltsamen Eindruck, den ihr Besucher hinterlassen
hatte, möglichst bald wieder abschütteln. Sie machte sich schnell, aber
diszipliniert einige handschriftliche Notizen über Dantes Kurzauftritt auf der
Bühne ihrer Praxis. Was trieb ihn wohl zu ihr? Anna klappte die neuangelegte
Akte entschlossen zu. Sie verschwendete keinen weiteren Gedanken an Dante, denn
sie war überzeugt, nie wieder von ihm zu hören.
    Yvonne brachte Nachschub an Mineralwasser, was als winzige
Pause genutzt wurde. Alle füllten ihre leeren Gläser neu und tranken, um den
Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen wieder auszugleichen. Pete fiel auf,
daß Yvonne sich von hinten über Daniel beugte und unauffällig an seinem wie
immer zum gepflegten Pferdeschwanz zusammengebundenen Haar schnupperte, während
sie ihm eine neue Flasche hinstellte. Lächelnd beugte sich Pete zu Karen und
fragte sie leise, ob die beiden was miteinander hätten.
    »Yvonne ist seit ewigen Zeiten heimlich in Daniel verliebt. Alle
wissen es, nur er nicht. Und Yvonne weiß natürlich nicht, daß alle es wissen.
Das ist unsere ganz private Telenovela hier. Herd und ich haben eine Wette
laufen: Merkt Daniel es zuerst, oder geht Yvonne in die Offensive? Ich habe auf
Yvonne gesetzt«, tuschelte Karen amüsiert zurück.
    Christian warf den beiden einen ungeduldigen Blick zu. Ohne auf die
erschöpften Mienen seiner Kollegen Rücksicht zu nehmen, bat er Pete: »Machen
Sie weiter. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Pete nickte und konzentrierte sich wieder aufs Thema: »Hat der
Bestatter bei Klaus Backes seinen ersten Fehler gemacht? Das erste Kind, das
jemand vermißt! Hat er nicht sorgfältig genug recherchiert? Dazu später.
Bleiben wir bei den Gemeinsamkeiten der ersten drei Morde. Kannten sich Täter
und Opfer? Möglich. Jedenfalls wurden die Opfer vermutlich mit Bedacht
ausgewählt. Wie hat sich der Täter den Opfern genähert? Wenn wir von
Straßenstrichern ausgehen, stellt diese Frage keine Schwierigkeiten für den Mörder
dar. Die steigen in jedes Auto. Wenn es sich aber nicht um Stricher handelt,
wie hat er die Kinder in seine Gewalt gebracht? Leider auch kein Problem.
Unbeobachtet ansprechen und dann ohne Risiko überwältigen geht bei den meisten
Kids, egal wie gut ihre Eltern sie behüten. Dann allerdings hätten wir
Vermißtenanzeigen. Weiter:

Weitere Kostenlose Bücher