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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Erfolg
sie versprach. Doch Christian brachte die Sache auf den Punkt: »Es ist eine
Chance. Eine kleine. Scheiße, ja.«

Viele Menschen gehen im Musterhaus ein und aus. Manche kommen
tagsüber, die wollen das Haus sehen. Andere kommen abends, die wollen den
Jungen sehen. Manche bringen selbst Kinder mit. Sowohl die, die tagsüber
kommen, als auch die, die abends kommen. Die Nachbarn freuen sich, wenn sie die
vielen Familien sehen. Es ist ein Zeichen für Wohlstand, wenn sich in der
Bundesrepublik so viele Menschen ein Eigenheim zulegen wollen und können. Und
es heißt auch, daß die gesellschaftlichen Werte noch nicht alle auf dem
Müllhaufen der Geschichte liegen, trotz der Hippies, die seit einigen Jahren
auf den Straßen randalieren. Nein, das Musterhaus steht für die festen
Fundamente der sozialen Ordnung. Manchmal kommen nur Männer. Die wollen
vermutlich ihre Frauen mit einem Haus überraschen, denken die Nachbarn. Vor
allem denken das Herr und Frau Petzold. Die wohnen direkt nebenan im Pfarrhaus
und haben spätabends nicht viel zu tun. Deswegen schauen sie gern mal rüber zum
Musterhaus. Sie sind mit dessen Bewohnern sogar befreundet, holen die Post und
gießen die Gummibäume, wenn die Nachbarn in Urlaub fahren. Den Jungen, den
finden sie etwas seltsam, weil er kaum redet und auch nicht mit anderen Kindern
spielt. Warum der Junge so wenig redet, wissen die Petzolds nicht. Sie würden es
auch nicht wissen wollen. Eigentlich will das keiner wissen. Nicht einmal der
Junge will es wissen. Deswegen hat er sich ein Spiel ausgedacht: Wenn abends
Besuch in das Musterhaus kommt – meistens Männer, manchmal ein einzelner,
manchmal mehrere, und ab und zu ist auch die ein oder andere Frau dabei –, dann
hält der Junge erst einmal, so lange er kann, die Luft an. Dann atmet er alles
aus und holt so lange keine Luft mehr, bis ihm ganz schwindlig wird. Dabei
starrt er an die mit weißer Rauhfaser tapezierte Decke. Auch wenn sein Vater
ihn schon nach unten in den Keller geholt hat, hält er noch heimlich die Luft
an. Wieder und wieder. Im Keller ist aber keine Rauhfasertapete, sondern eine
Plastikvertäfelung, die wie Holz aussehen soll. Das ist nicht so gut wie die
Tapete. Auf der Tapete kann er, wenn er lange genug ohne zu blinzeln
draufguckt, kleine Gesichter und Tiere sehen. Manchmal sind es Fratzen, die
machen ihm angst. Dann holt er Luft und fängt noch mal von vorne an. Im Keller
geht das nicht. Weil da keine Rauhfasertapete ist. Der Junge weiß genau, an
welchen Abenden er geholt wird und an welchen nicht. Er erkennt das schon am
Klingeln, glaubt er. Oder an den Stimmen der Männer. Wie sie flüstern und dann
plötzlich laut loslachen. Wenn er das hört, beginnt er sofort mit seinem Spiel
und hält die Luft an. Unten im Keller ist ihm dann schon ein wenig schwindlig.
Dann schalten sie das Licht der Kamera ein. Das Surren beruhigt ihn. Er sieht
in das Licht. Die Mutter hat ihm früher, als sie noch bei den Aufnahmen dabei
war, gesagt, er solle da nicht hingucken, das sei nicht gut für seine Augen.
Dem Vater ist es ganz recht, wenn der Junge in das weiße Licht guckt. Einmal
hat er zu einem Mann gesagt, der Junge sei ganz kamerageil, und dann haben die
Männer gelacht. Dem Jungen sind seine Augen egal. Das weiße Licht zieht ihn an.
Es ist so … leer. Der Junge verliert sich dann in dem weißen Licht. Und er
tritt durch den Lichtstrahl hinaus. Hinaus aus seinem Körper. Hinaus aus dem
Keller, hinaus aus dem Haus, der Straße, der Stadt, der Welt. Wenn das Licht
ausgeht, braucht er lange, bis er wieder zurück ist in der Welt. Manchmal ist
er dann schon wieder in seinem Zimmer. Und darf endlich schlafen.

 
     
     
    Hamburg trocknete unter permanenter Sonnenbestrahlung
langsam aus. Das Barometer stand stabil auf Hoch, die Temperaturen kletterten
über dreißig Grad Celsius. Nur im Schatten ließ es sich noch frei atmen. Selbst
in den Nächten blieb die für Hamburg typische kühle Brise aus, und das
aufgeheizte Mauerwerk der Häuser konnte nirgendwohin abstrahlen, denn die Luft
stand schwer in den Straßen und drückte mit ihrem Gewicht die Freude über den
endlich angekommenen Sommer nieder. In den Supermärkten und Bäckereien klagten
die Kunden über die Hitze mit der gleichen Intensität, mit der sie vor kurzem
noch über den scheinbar unaufhörlichen Regen gejammert hatten. Anna weigerte
sich, in dieses Lamento miteinzustimmen, auch wenn die Hitze ihr nicht mehr
gestattete, sich in den Pausen zwischen den

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