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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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und Unschuld für Sie
bedeuten.«
    Dante wandte sich zu ihr um, blieb aber stehen.
    »Schuld ist blutrot, kackbraun, nachtschwarz. Unschuld ist weiß.
Weißes Licht. Schuld ist erwachsen, Unschuld ist kindlich. Schuld ist Körper,
Unschuld ist Seele. Schuld ist sinnlich, Unschuld ätherisch. Schuld tut weh,
Unschuld ist schmerzfrei. Schuld tötet. Unschuld wird getötet.«
    Plötzlich war Anna klar, warum Dante sie so faszinierte. Weil er in
ihr die Erinnerung wachrief an ihre Motivation, Psychologie zu studieren. Weil
er sich nicht einfach öffnen ließ nach den Methoden aus dem Lehrbuch, die sie
nur abzurufen brauchte, professionell die Distanz wahrend. Weil sie an ihn nur
herankommen konnte, indem sie auch an ihre eigenen Wunden rührte. Weil er ein
Verletzter war, dessen Schmerz sie fühlen und verstehen wollte, statt ihn auf
dem Seziertisch mit dem messerscharfen Instrument der Analyse
auseinanderzunehmen.
    Dante sagte: »Ich habe Ihnen eine Mail geschrieben. Ein Gedicht.«
    »Haben Sie es geschrieben?«
    Er schüttelte den Kopf: »Nein. Aber ich verstehe es. Vielleicht
verstehen Sie mich.«
    Er nahm seine Jacke und wandte sich zum Gehen.
    »Wollen Sie schon gehen? Die Zeit ist noch nicht um.«
    Dante sah mit seinen dunklen Augen wie vom Grund des Marianengrabens
herauf: »Das weiß man nie.«
    »Keinen neuen Termin?«
    »Ich werde Ihnen mailen, okay?«
    Dante ging, ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen.
    Hamburg dampfte wie eine Waschküche, während die Sonne
versuchte, die Stadt zu trocknen und die schnell ziehenden Cumuluswolken
aufzulösen. Als Dante auf die Straße trat, legte sich die Feuchtigkeit der Luft
wie warme Seide auf seine Haut. Er fragte sich, ob er gut gewesen war. Er hatte
einiges plazieren können, aber er war auch aus der Rolle gefallen. Wie klug war
diese Maybach? War sie schon soweit? Oder war das Gedicht verfrüht? Sie durfte
auf keinen Fall zu viele Unterscheidungen treffen. Das würde alles gefährden.
Aber wahrscheinlich gab es gar nicht soviel, was zu unterscheiden war, beruhigte
er sich. Schließlich waren sie eins. Trotzdem. Am besten würde er nicht mehr
hingehen, sich nur noch per Mail bei ihr melden. Er würde ihr bald die
Offenbarung schicken. Die Zeit war um, sie wußte es nur noch nicht.
    Dante lief nachdenklich die Straße entlang, als ihm plötzlich ein
Kind entgegenkam, einen Teddy im Arm haltend. Die Mutter stand einige Meter
weiter, ins Gespräch vertieft mit einer anderen Frau, und achtete nicht auf ihr
Kind. Kurz vor Dante stolperte das Kind über eine Bodenunebenheit und fiel hin.
Der Teddy rollte ihm aus der Hand und blieb in einer Pfütze liegen. Das Kind
schrie gellend auf und ging, ohne Luft zu holen, zu einem langgezogenen Heulton
über. Dante bückte sich und hob den Jungen hoch. Er streichelte ihm über den
Kopf und sprach beruhigend auf ihn ein. Die Mutter, durch das Weinen aufmerksam
geworden, rannte herbei und riß Dante das Kind aus den Armen. Sie bedachte ihn
mit einem vorwurfsvollen Blick und fuhr ihn an: »Lassen Sie mein Kind los!«
Dante sah sie durchdringend an und ging ohne ein Wort weiter. Zwei Schritte,
dann lag der Teddy vor ihm. Dante sah in die gläsernen Knopfaugen, hielt inne,
erschrocken, von einer unüberwindlichen Barriere gestoppt. Er erstarrte. Ihm
wurde schwindlig. Die Geräusche der vorüberfahrenden Autos traten in den
Hintergrund, wurden leiser und leiser, bis sie sich zu einem undefinierten
Brummen und Surren vermengten, ein Surren, ja, das war es, das Surren einer
Kamera. Der Alkoholgeruch seines Vaters stieg ihm in die Nase. Da war das
Lachen der Männer, ihr heiseres, forderndes Flüstern. Ihre Finger. Ihn fror,
ihm wurde übel. Dante spürte, daß er die Luft anhielt. Er wehrte sich, schlug
sich mit der Faust hart auf den Brustkorb, einmal, zweimal, zwang sich, tief
einzuatmen, schüttelte den Kopf, verbannte das Surren der Kamera, das Flüstern
der Männer, nahm die Autogeräusche wieder wahr, vereinzeltes Hupen, hastende
Menschen, die Stadt um ihn herum, alles bestens, er sah den Teddy, es war doch
nur ein häßliches, zotteliges Stofftier, und er beförderte es mit einem
kräftigen Tritt aus seinem Blickfeld.
    »Sie sind ja krank!« rief ihm die Mutter schrill hinterher und
sammelte den Teddy wieder auf. Dante sah sie nicht mehr an, ging leicht
schwankend weiter.
    Anna beobachtete die Szene von ihrem kleinen vorderen Balkon
aus. Sie war direkt nach Dantes Abgang hinausgetreten, um eine Zigarette zu
rauchen. Und während sie

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