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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Volkers bedauernder Aussage erst Samstag oder Sonntag wieder
in Hamburg.
    Enttäuscht legte Christian auf. Während des Telefonats hatte Anna
ihn aufmerksam beobachtet. Sie nickte langsam und sagte: »Ich … okay …« Doch er
unterbrach sie, bevor sie den Namen nennen konnte: »Hör zu, wir machen das
anders: Wir haben einen Verdächtigen. Du siehst dir das Foto an, das wir von
ihm haben. Es ist nicht gut, aber … Ist es nicht dein Patient, lachst du mich
aus. Wenn er es ist, entscheidest du, wie du reagierst.«
    Anna griff ihre Jacke: »Gehen wir?«
    Die Einsatz-Wohnung der SOKO lag in nächtlicher
Stille. Nur eine der Deckenlampen flackerte sirrend, als wolle sie jeden Moment
ihren trüben Geist aufgeben. Das Licht hatte einige Insekten aufgeweckt, die
nun, ihrem unruhigen Instinkt folgend, gegen das Milchglas anflogen, wobei jede
Kollision wie der Aufprall eines geworfenen Steinchens klang. Annas und
Christians Schritte hallten unnatürlich laut auf dem Dielenboden im Flur.
Fröstelnd hatte sich Anna ihren breiten Seidenschal um den Oberkörper
geschlungen. Der leichte Regen, den ein warmer Westwind über die Stadt
versprühte, hatte das Haus etwas abgekühlt.
    Christian öffnete die Tür zum Besprechungszimmer und bot Anna einen
Stuhl an. Er bat sie, kurz auf ihn zu warten, denn er wollte Deterings Akte aus
seinem Zimmer holen. Christian ging hinaus und ließ Anna allein. Sicher wäre es
einfacher gewesen, Anna mit in sein Büro zu nehmen, um ihr das Foto von
Detering dort zu zeigen. Doch er wollte, daß sie sich die Pinnwand ansah. Die
Wand mit den toten Kindern. Eins neben dem anderen.
    Als er mit der Vergrößerung von Deterings Paßfoto in der Hand
zurückkam, die Daniel per Computer erstellt hatte, stand Anna mit dem Rücken zu
ihm vor der Pinnwand. Sie wirkte verkrampft, drehte sich nur langsam zu ihm um,
als er sie ansprach. Ihr tränenverschleierter Blick sprach Bände. Sie hatte
verstanden, daß er rücksichtslos genug war, ihr dieses Grauen vor Augen zu
führen, damit sie es sich nicht noch anders überlegte und sich auf ihre
Schweigepflicht zurück und aus der Verantwortung zog.
    »Es tut mir leid«, versuchte er sich zu entschuldigen.
    Sie nahm ihm die Akte aus der Hand und sah auf das Foto.
    »Das ist er«, sagte sie müde. Sie war selbst überrascht, wie wenig
Kraft sie nach den paar Minuten vor der Pinnwand noch hatte, um empört,
entsetzt oder enttäuscht zu sein.

Samstag, 2. Juli
    Am nächsten Morgen war Christian schon um sieben Uhr im
Büro. Er hatte Anna am Vorabend unerlaubt Einblick in Deterings Akte gewährt,
damit sie eventuell noch zusätzliche Anhaltspunkte fand, die eindeutig bestätigten,
daß Detering ihr Patient war. Anna hatte daran jedoch keine Zweifel, und
Christian mußte sich eingestehen, daß er sie aus rein persönlichen Gründen
aufgehalten hatte: Er wollte sie in seiner Nähe behalten, am liebsten die ganze
Nacht. Doch Anna war völlig erschöpft, und er brachte sie schließlich nach
Hause. Sie wollte schlafen, nur schlafen. Offensichtlich war ihr das aber kaum
gelungen, denn am Morgen fand er auf seinem Computer im Büro eine Mail von ihr,
die sie um halb vier in der Nacht abgeschickt hatte:
    Lieber Christian,
    während wir im Präsidium waren, bekam ich eine neue Nachricht.
Sie lautete:
    Und als ich das fünfte Siegel öffnete, sah
ich unter dem Altar die Seelen derer, die hingeschlachtet worden waren um des
Wortes Gottes und des Zeugnisses willen, das sie festhielten. Und sie schrien
mit lauter Stimme: ›Wie lange, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, (soll es
noch dauern), bis du Gericht hältst und unser Blut rächst an den Bewohnern der
Erde?‹ Da wurde einem jeden von ihnen ein weißes Gewand gegeben, und es wurde
ihnen gesagt, sie sollten sich noch eine kurze Zeit gedulden, bis auch ihre
Mitknechte vollzählig seien und ihre Brüder, die noch getötet werden sollten
wie sie.
    Ich habe die Stelle in der Bibel gefunden (konnte eh nicht
einschlafen). Es ist aus der Offenbarung, Kapitel 6, Vers 9. Was hältst Du
davon? »Offenbart« er sich so deutlich, damit er gefaßt wird? Oder bedeutet
das, daß er weitermachen will? Kannst du ihn stoppen?
    Alles Liebe, Anna
    Christian war nicht sicher, wie er das Verhalten dieses
Menschen zu interpretieren hatte. Jedenfalls hoffte er, daß das »geöffnete
fünfte Siegel« nicht bedeutete, daß irgendwo in Deutschland schon die fünfte
Kinderleiche lag. Jetzt galt es, die weitere Vorgehensweise genau abzuwägen.
Noch immer

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