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Der Bestienhelm

Der Bestienhelm

Titel: Der Bestienhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Die Wellen außerhalb der Bucht bekamen winzige Schaumkronen, die im Mondlicht schimmerten. Sadagar wickelte sich enger in den dicken Mantel und wartete. Seine Augen versuchten die Dunkelheit zu durchdringen, die zwischen den Felsen und über dem Land lag. Er horchte angestrengt. Aber er hörte weder Schritte noch Hufschlag.
    Etwa eine Stunde verging. Dann wieherte eines der angepflockten Pferde grell und langgezogen. Jenseits des Hügels antwortete ein anderes Pferd, schwächer und undeutlicher.
    Sadagar bewegte sich schnell, huschte vom Schiff herunter und sprang von der Reling in den schwarzen Sand. Dann turnte er auf den ersten Felsen hinauf, presste sich in eine tiefe Falte und spähte in die Richtung, aus der er die Laute gehört hatte. Noch hatte sich der Himmel nicht gefärbt, noch war der flackernde Glanz der Sterne nicht vergangen. Sadagars Unruhe wuchs, bis schließlich tatsächlich das Geräusch hart galoppierender Pferde zu hören war. Das dumpfe, hastige Trommeln kam näher und wurde lauter.
    Dann hoben sich für einen Moment drei Reiter gegen die Kuppe des Hügels ab und stoben, wieder unsichtbar geworden, genau auf das Versteck des Einhornschiffs zu.
    Das müssen sie sein, sagte sich Steinmann Sadagar. Aber in dieser Nacht traute er niemandem, nicht einmal seinen eigenen Beobachtungen. Er hob das Enterbeil und wartete, bis die drei Reiter sich fast unterhalb des Felsens befanden.
    *
    Immer dann, wenn er aufgeregt war, fiel Nottr in sein einfaches, schwer verständliches Idiom zurück. Obwohl er seit dem Zusammentreffen mit Mythor unablässig gelernt hatte, stolperte ab und zu seine Zunge. Er zügelte sein Pferd und stotterte: »Elivara fast tott. Grässlich. Wir fürchten uns vor Anblick.«
    Nottr sprang aus dem Sattel, und Mythor zwang den Dämonenpriester abzusteigen. Er selbst ließ Aerinnen nicht aus den Augen. Mit steifen Bewegungen, als sei er eingefroren, kletterte Aerinnen von dem bockenden Pferd herunter. Über den Männern ertönte eine halblaute Stimme: »Dieses Stottern! Es kann nur Nottr sein. Hast du Mythor und den Priester bei dir?«
    »Komm herunter, Sadagar«, sagte Mythor erleichtert, »und hilf uns!«
    Sadagar rutschte den Felsen herunter und sprang zwischen die Männer. Die Pferde scheuten und wurden an den Zügeln zurückgerissen. Sadagar versuchte, den Dämonenpriester genauer zu erkennen, aber es war zu dunkel. Schnell berichtete er, was sich in der Zwischenzeit geändert hatte. Schweigend hörte Mythor zu, dann deutete er mit dem Schwert auf das Heck des träge schaukelnden Schiffes und befahl: »An Bord, Aerinnen!«
    »Wir haben eine Strickleiter ausgebracht.«
    Sadagar und Nottr schlangen die Zügel der schweißnassen Pferde an den untersten Ast des Baumes. Nottr nahm Mythors Waffen vom Sattel herunter und erklärte: »Ich habe sie hinter dem Hügel getroffen. Von der Stelle aus sahen wir Nyrngor brennen. Es scheinen Flüchtlinge unterwegs zu sein. Bald ist die Nacht vorbei.«
    Sadagar deutete zum Schiff. »Elivara sieht fürchterlich aus. Sie versteht nichts mehr, wenn man zu ihr spricht.«
    »Diese verfluchte Magie!« knurrte Nottr. »Ich traue diesem Dämonenpriester nicht. Er hat sicher einen schmutzigen Plan.«
    »Hoffentlich kann Mythor ihn zwingen, Elivara zu helfen.«
    Sie kletterten an Bord der Kurnis. Die Rüstung König Carnens wurde von den Männern in eine kleine Kammer neben dem Heckaufbau gebracht. Dann öffneten sie die Tür zu dem größeren Raum. Mythor versperrte mit seinen Schultern den Eingang und trat zur Seite. Vor ihm stand Aerinnen und ließ seinen Blick angsterfüllt zwischen Elivara und Mythor hin und her gehen. Nottr und Sadagar stellten sich an der Wand rechts und links von Mythor auf.
    »Du hast diese Frau auf dem Gewissen!« sagte Mythor und näherte sich mit erhobenem Schwert dem Dämonenpriester. »Und du wirst den Bestienhelm wieder entfernen. Wie das geschieht, ist deine Sache. Aber tu es schnell, wenn du am Leben bleiben willst, Aerinnen!«
    Kalathee ließ das feuchte Tuch fallen, sprang auf und flüchtete sich zu Nottr. Voller Verwunderung, aber ebenso überrascht wie begehrend legte der Lorvaner ihr den Arm um die Schultern.
    »Beginne dein Ritual, Priester!« schrie Mythor. Ein langer Blick in das Gesicht Elivaras zeigte ihm, wie schlimm es um die Königin stand. Aerinnen trat einen Schritt vor. Auch er sah die milchigkristallene Kruste, die bis auf die Augen, die Nasenlöcher und den Mund fast alle Hautteile des kreidebleichen Gesichts

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