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Der Besuch der alten Dame

Der Besuch der alten Dame

Titel: Der Besuch der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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ersten.
    Der Erste nimmt das Beil zu sich. Der Zweite, ein gepflegter Geschäftsmann, kommt.

    FRAU ILL Grüß Gott, Herr Helmesberger.
    Fräulein Luise geht elegant gekleidet vorüber.

    DER ERSTE Die macht sich sauber Illusionen, sich so zu kleiden.
    FRAU ILL Schamlos.
    DER ERSTE Saridon. Die Nacht gefeiert bei Stockers.
    Frau Ill reicht dem Ersten ein Glas Wasser und das Mittel.

    DER ERSTE Alles voll Journalisten.
    DER ZWEITE Schnüffeln im Städtchen herum.
    DER ERSTE Werden auch hier vorbeikommen.
    FRAU ILL Wir sind einfache Leute, Herr Hofbauer. Bei uns suchen sie nichts.
    DER ZWEITE Sie fragen alle aus.
    DER ERSTE Eben interviewen sie den Pfarrer.
    DER ZWEITE Der wird schweigen, hat immer ein Herz für uns arme Leute gehabt. Chesterfield.
    FRAU ILL Aufschreiben?
    DER ERSTE Aufschreiben. Ihr Mann, Frau Ill? Sah ihn lange nicht.
    FRAU ILL Oben. Geht im Zimmer herum. Seit Tagen.
    DER ERSTE Das schlechte Gewissen. Schlimm hat er's mit der armen Frau Zachanassian getrieben.
    FRAU ILL Ich leide auch darunter.
    DER ZWEITE Ein Mädchen ins Unglück stürzen. Pfui Teufel. Entschlossen Frau Ill, ich hoffe, daß Ihr Mann nicht schwatzt, wenn die Journalisten kommen.
    FRAU ILL Aber nein.
    DER ERSTE Bei seinem Charakter.
    FRAU ILL Ich habe es schwer, Herr Hofbauer.
    DER ERSTE Wenn er Klara bloßstellen will, Lügen erzählen, sie hätte was auf seinen Tod geboten oder so, was doch nur ein Ausdruck des namenlosen Leids gewesen ist, müssen wir einschreiten.
    DER ZWEITE Nicht wegen der Milliarde.
    DER ERSTE Aus Volkszorn. Die brave Frau Zachanassian hat, weiß Gott, genug seinetwegen
    durchgemacht. Er schaut sich um. Geht's hier in die Wohnung hinauf?
    FRAU ILL Der einzige Aufgang. Unpraktisch. Aber im Frühling bauen wir um.
    DER ERSTE Da will ich mich mal hinpflanzen.

    Der Erste stellt sich ganz rechts auf, die Arme verschränkt, mit dem Beil, ruhig, wie ein Wärter. Der Lehrer kommt.

    FRAU ILL Grüß Gott, Herr Lehrer. Schön, daß Sie uns auch einmal besuchen.
    DER LEHRER Ich benötige ein starkes alkoholisches Getränk.
    FRAU ILL Steinhäger?
    DER LEHRER Ein Gläschen.
    FRAU ILL Sie auch, Herr Hofbauer?
    DER ERSTE Nein, danke. Muß noch nach Kaffigen mit meinem Volkswagen. Ferkel einkaufen.

    35
    FRAU ILL Und Sie, Herr Helmesberger?
    DER ZWEITE Bevor diese verfluchten Journalisten das Städtchen nicht verlassen haben, trinke ich keinen Tropfen.
    Frau Ill schenkt dem Lehrer ein.

    DER LEHRER Danke. Stürzt den Steinhäger hinunter.
    FRAU ILL Sie zittern, Herr Lehrer.
    DER LEHRER Trinke zuviel in der letzten Zeit. Eben im Goldenen Apostel war eine ziemlich scharfe Zecherei, direkt eine alkoholische Orgie. Hoffentlich stört Sie meine Fahne nicht.
    FRAU ILL Noch eins wird nicht schaden. Schenkt ihm wieder ein.
    DER LEHRER Ihr Mann?
    FRAU ILL Oben. Geht immer hin und her.
    DER LEHRER Noch ein Gläschen. Das letzte. Schenkt sich selber ein.

    Der Maler kommt von links. Neuer Manchesteranzug, buntes Halstuch, schwarze Baskenmütze.

    DER MALER Vorsicht. Zwei Journalisten fragten mich nach diesem Laden.
    DER ERSTE Verdächtig.
    DER MALER Ich tat, als wüßte ich nichts.
    DER ZWEITE Klug.
    DER MALER Hoffentlich kommen sie in mein Atelier. Malte einen Christus.
    Der Lehrer schenkt sich wieder ein. Draußen gehen die beiden Frauen vom zweiten Akt elegant gekleidet vorbei und betrachten die Ware im fingierten Schaufenster.

    DER ERSTE Diese Weiber.
    DER ZWEITE Gehn ins neue Kino am hellichten Tag.

    Von links kommt der Dritte.

    DER DRITTE Die Presse.
    DER ZWEITE Dichthalten.
    DER MALER Aufpassen, daß er nicht nach unten kommt.
    DER ERSTE Dafür wird gesorgt.

    Die Güllener stellen sich rechts auf. Der Lehrer hat die Flasche halb ausgetrunken und bleibt am Ladentisch stehen. Zwei Pressemänner kommen mit Photoapparaten. Hinter ihnen erscheint der vierte Güllener.

    PRESSEMANN I Guten Abend, ihr Leute.
    DIE GÜLLENER Grüß Gott.
    PRESSEMANN I Frage eins: Wie fühlt ihr euch, allgemein gesprochen?
    DER ERSTE verlegen Wir sind natürlich erfreut über den Besuch der Frau Zachanassian.
    DER DRITTE Erfreut.
    DER MALER Gerührt.
    DER ZWEITE Stolz.
    PRESSEMANN I Stolz.
    DER VIERTE Kläri ist schließlich die unsrige.
    PRESSEMANN I Frage zwei an die Frau hinter dem Ladentisch: Es wurde behauptet, Ihr Mann hätte Sie Claire Zachanassian vorgezogen.

    Stille.

    DER ERSTE Wer behauptet das?
    PRESSEMANN I Die beiden kleinen, dicken, blinden Onkelchen der Frau Zachanassian.
    Stille.

    DER VIERTE zögernd Was erzählten die

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