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Der Beutegaenger

Titel: Der Beutegaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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als alle anderen, und er hatte sie nie vergessen. Und irgendwann, als er erkannt hatte, dass er eine wie sie nie wieder finden würde, hatte er sich auf die Suche nach ihr gemacht ...
    »Aber sie kann doch nicht gezwungen werden, sich ganz gegen die eigenen Bedürfnisse zu entscheiden und . . .«
    Es war nicht einfach gewesen, sie zu finden, denn sie hatte viel dazugelernt. Sie verwischte ihre Spuren jetzt sorgfältiger als früher, und sie ging auch nicht mehr zum Schwimmen. Es hatte viel Zeit und Mühe gekostet, sie zu finden. Unzählige Briefe, Fahrten, Anrufe. Die Eltern schon tot. Immer andere Namen an den Türen. Nirgendwo Nachbarn, die sie zu Gesicht bekommen hätten. Er schüttelte den Kopf. Oh nein, es war ganz und gar nicht einfach gewesen. Ein paar Mal war er kurz davor gewesen, aufzugeben. Doch dann hatte er seine Frau angesehen. So wie jetzt.
    »... meinst du nicht auch?«
    Er lächelte sie an. »Du weißt, wie ich darüber denke«, entgegnete er.
    Sie sah nur kurz herüber, dann bearbeitete sie wieder die Nagelhaut an ihrem rechten Daumen. Selbstverständlich wusste sie nicht, wie er über irgendetwas dachte. Aber es schien sie auch nicht sonderlich zu stören. Sie war zufrieden. Sie hatte einen schönen Mann, eine grün-weiß gestreifte Hollywoodschaukel im Garten und die Tochter, die sie sich immer gewünscht hatte. Was machten da ein paar harmlose Bisswunden hin und wieder für einen Unterschied?
    » Und ganz bestimmt wird es ihr auch nicht helfen, wenn sie ihn wie einen gewöhnlichen Bekannten behandelt«, sagte sie jetzt.
    Die Worte prallten irgendwo vor seinem Ohr gegen eine Mauer und liefen sich im Zimmer tot. Keine hatte ihn je wieder inspiriert. Keine hatte von ihm gefordert, dass er sich Mühe gab. Keine hatte gesagt, dass ihr seine Rosen nicht gefielen. Sie waren alle so banal gewesen. So einfach zu haben...
    Das Licht erlosch.
    Es war ganz still im Zimmer.
    Das freute ihn. Es erinnerte ihn an die Nächte am Fenster, ihr gegenüber. Sie war oft umgezogen. Neun Mal in sechsundzwanzig Jahren. Sie konnte kaum mehr Möbel besitzen, als sein Vater und er damals gehabt hatten. Nur das Nötigste. Die Nachbarn hatten sie nie zu Gesicht bekommen. Nicht einmal beim Auszug. Vielleicht war sie ja nachts gegangen. Hatte sich davongestohlen wie ein Dieb.
    Er rollte sich auf den Rücken und genoss den Gedanken. Wie mochte ihr Bett aussehen? Bestimmt schlief sie nicht auf einer Couch wie seine Mutter mit den blutenden Händen. Er dachte wieder an ihre Katze, an das Zucken des Pulses in der klaffenden Wunde, an den metallischen Geruch des Blutes, das in dem weichen Pelz versickert war wie Regen in einem ausgedörrten Acker. Wie lange das her war! Sehr lange. Oh ja, es hatte viel Zeit gebraucht, sie zu finden, und er hatte sich viel Mühe geben müssen.
    »Schatz?«
    »Was denn?« Seine Hand krallte sich in das kühle weiße Laken. Warum, zum Teufel, war sie nicht einfach still? »Warum hast du mir nie erzählt, dass du in Irland warst?«

Samstag, 18. November 2006
    »Was soll das sein?« Winnie Heller hielt einen gelben Notizzettel in die Höhe. Sie fühlte sich wie gerädert, aber noch hielt sie durch. Erledigte ihren Job. Befragte angebliche Zeugen. Überprüfte Angaben. Arbeitete Hinweise ab.
    »Was denn?« Verhoeven rieb sich die trockenen Augenwinkel. Sie fingen um halb acht an und verließen ihre Schreibtische nur zum Schlafen. Trotzdem hatte er das Gefühl, dass sie keinen Schritt vorankamen. Mittlerweile war die Stimmung so gereizt, dass ein Funke genügt hätte, um den Cocktail aus Frustration, Übermüdung und Ratlosigkeit zur Explosion zu bringen. Irgendwann muss ich ihnen freigeben, dachte er. Oder etwas finden, das der Mühe lohnt. Sonst drehen sie durch. Sonst drehe ich durch.
    »Requiem für eine Freundin«, las Winnie Heller von ihrem Zettel ab. »Inspirieren diese Gedichte den Täter? Nichts weiter. Nur das und eine Telefonnummer in Düsseldorf.«
    »Gehört das überhaupt zu unserem Fall?«, fragte Bredeney, der gerade hereinkam und einen Stapel Kopien auf Verhoevens Schreibtisch knallte.
    »Sieht so aus«, entgegnete Winnie Heller. »Jedenfalls lag es hier zwischen den Hinweisen von all diesen Irren, die unseren Mörder bei der Arbeit beobachtet haben oder seit Jahren mit ihm Tür an Tür wohnen oder mit ihm verheiratet sind oder ...«
    »Zeigen Sie das mal her«, sagte Verhoeven, indem er ihr den Zettel aus der Hand nahm. Requiem für eine Freundin . Er runzelte die Stirn. Inspirieren

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