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Der Beutegaenger

Titel: Der Beutegaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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dabei tatsächlich um Mohnsamen.«
    Winnie Heller blickte auf. »Und damit hätten wir also schon wieder einen Bezug zu Blumen.«
    »Man kann das Zeug in jedem Supermarkt kaufen. Es wird zum Backen verwendet.«
    »Scheiße«, sagte Hinnrichs wieder. »Und was will dieser verdammte Arsch uns damit sagen?«
    »Soweit ich informiert bin, gilt Mohn gemeinhin als Symbol für Vergänglichkeit, weil die Blüten so schnell verwelken, wenn man sie pflückt.« Verhoevens Hände schlossen sich fester um die Lehnen seines Stuhls. »Zugleich könnte man natürlich auch Dinge wie Schlaf, Vergessen und Drogenrausch assoziieren.«
    »Und was hat ihn dazu gebracht, ihr die Augen auszustechen?«, fragte Hinnrichs, der sich eine seiner Mentholzigaretten angesteckt hatte, mit zunehmender Aggression. »Hatte er das Gefühl, dass sie ihn beobachtet?«
    »Dann hätte er eigentlich auch Susanne Leistner die Augenausstechen müssen, nicht wahr?«, sagte Verhoeven und verspürte einen leichten Brechreiz, als urplötzlich das Gesicht der toten Tamara Borg durch seine Gedanken zuckte. Der qualvoll geöffnete Mund. Geronnene Glaskörperflüssigkeit ...
    »Vielleicht waren die Augen der Frau nach Eintritt des Todes noch offen«, mutmaßte Hinnrichs, indem er mit der freien Hand ein Foto der toten Tamara Borg auf dem Tisch hin und her schob, ohne es näher anzusehen. Die Frau. Das erste Opfer. Das zweite Opfer. Besser, man blieb auf Distanz.
    »Oder aber das Ausstechen der Augen ist schon wieder eine Art Symbol«, sagte Verhoeven. Blumen für die Toten. Ein symbolischer Suizid. Eine Chrysantheme. Schnittverletzungen. Tote Tiere in Tomatensoße. Mohnsamen. Nusskuchen. Bauklötzchen...
    »Aber wo ist das Bindeglied?« Hinnrichs hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte entnervt zwischen seinen beiden Kommissaren hin und her. Pass auf, jetzt macht er dicht , flüsterte Grovius in Verhoevens Kopf. »Was hat eine Chrysantheme mit ausgestochenen Augen zu tun?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, räumte Verhoeven ein, indem er urplötzlich wieder die alte lähmende Hilflosigkeit fühlte.
    »Suchen Sie nach Berührungspunkten«, sagte Hinnrichs. »Irgendetwas muss diese Frauen verbinden.«
    »Wir haben alles abgeklopft«, entgegnete Verhoeven frustriert.
    »Dann fangen Sie von vorne an.« Sein Vorgesetzter stampfte die erst halb gerauchte Zigarette in den Aschenbecher neben seinem Telefon und blitzte ihn über den Rand seiner Brille hinweg an. »Es muss ein Bindeglied zwischen diesen Frauen geben. Irgendwo sind ihm beide aus welchem Grund auch immer aufgefallen. Und ich will wissen, wo das gewesen ist.«
    »Vielleicht gibt es eine Art von Verbindung, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist, die aber für jemanden, der mit dem Code oder dem Muster vertraut ist, auf der Hand liegt«, mutmaßte Verhoeven. »Wir dürfen vielleicht nicht immer von uns ausgehen.«
    Hinnrichs schob sich eine neue Zigarette zwischen die Lippen, verzichtete jedoch darauf, sie anzustecken. »Sie meinen, dass es schwer ist, eine Antwort zu finden, wenn man die Frage nicht versteht?«
    »Genau das«, nickte Verhoeven. »Meiner Ansicht nach muss die Symbolik dieser beiden Morde mit dem Täter zu tun haben, nicht mit den Opfern. Oder anders ausgedrückt: Wahrscheinlich werden wir in Tamara Borgs Umfeld ebenso wenig von Mohn zu hören bekommen, wie uns Susanne Leistners Umfeld von Chrysanthemen erzählen konnte.«
    »Nehmen wir also an, der Täter spricht eine bestimmte Sprache.« Winnie Heller lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Aber Sprache ist Kommunikation. Und Kommunikation ist keine einseitige Sache.« Sie streckte die Beine aus. »Rein sprachwissenschaftlich betrachtet, ist Kommunikation der Austausch von Informationen. Jemand sagt etwas, und ein anderer hört zu. Sender und Empfänger . . . «
    »Und der Empfänger muss dieselbe Sprache sprechen wie der Sender«, führte Verhoeven ihren Gedankengang weiter. »Denn sonst könnte er mit den übermittelten Informationen ja nichts anfangen.«
    »Also schön, unser Mörder sendet demnach mit seinen Taten eine Botschaft an eine bestimmte Person, von der er zumindest annimmt, dass sie seine Symbolik zu deuten versteht«, resümierte Hinnrichs an der Zigarette in seinem Mundwinkel vorbei.
    »Das würde auch erklären, warum er seinen Opfern so distanziert gegenübersteht«, sagte Winnie Heller.
    Hinnrichs’ Lächeln fehlte jede Freundlichkeit, als er sich ihr zuwandte. »Sie finden Blumen und Messerstiche

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