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Der Beutegaenger

Titel: Der Beutegaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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distanziert?«, fragte er mit sarkastischem Unterton.
    »Arrangiert«, korrigierte sie sich hastig. Klinisch, fügte sie in Gedanken hinzu. Desinteressiert. »Was ich meine, ist, dass die Art, wie er mit den Frauen umgeht und ihre Leichen zurücklässt, nichts Leidenschaftliches an sich hat. Zumindest keine Leidenschaft, die mit den Opfern selbst zusammenhängt«, fügte sie einschränkend hinzu, als sie die Skepsis in Hinnrichs’ Blick bemerkte. Sie hatte etwas falsch gemacht, ganz klar. Aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, ob es sich um einen sachlichen oder einen menschlichen Fehler handelte. Lag sie total daneben? War sie zu forsch? Oder ging es in Wahrheit um das Gespräch, das sie mit Hinnrichs geführt hatte, vorhin? Wie kommen Sie klar mit Verhoeven? Gütiger Gott, dachte sie, warum kann ich nicht einfach meine verdammte Klappe halten? Sie sah Burkhard Hinnrichs direkt in die Augen, auch wenn sie am liebsten den Raum verlassen hätte. »Die Frauen sind nur ein Haufen passives Fleisch für ihn«, sagte sie fest. »Sein Medium.«
    »Die Sache mit der Botschaft hat nur einen Haken«, gab Verhoeven zu bedenken, bevor Hinnrichs seinerseits dazu kam, etwas zu sagen. »Bisher weiß nur ein ganz beschränkter Kreis von Personen von den Morden. Von den näheren Umständen der Taten ganz zu schweigen.«
    »Susanne Leistners Angehörige wissen von der Chrysantheme«, sagte Winnie Heller.
    »Aber sie wissen nichts von Tamara Borg«, konterte Verhoeven, der sich insgeheim fragte, auf wessen Seite Hinnrichs stand. »Und nichts von Mohnsamen und ausgestochenen Augen. Andererseits wissen die Personen, die die Leichen gefunden haben, nur entweder von der Chrysantheme oder vom Mohn.« Seine Finger berührten eines der zahlreichenTatortfotos, die auf dem Tisch verstreut lagen. Der erste Fall, für den er die Verantwortung trug. Und dann gleich so einer. Wie viele Fälle dieses Kalibers hatte Grovius gehabt? Zwei? Drei in dreißig Jahren? Laut sagte er: »Keiner kennt bislang die ganze Geschichte.«
    »Und dabei wollen wir es auch belassen«, brummte Hinnrichs, indem er nun doch nach seinem Feuerzeug griff. Es war das erste Mal im Verlauf ihrer Bekanntschaft, dass Verhoeven sichtbare Zeichen von Nervosität an ihm entdeckte.
    »Unter den gegebenen Umständen wird es sich wohl kaum vermeiden lassen, die Presse einzuschalten«, sagte er. »Als Frau Heller und ich die Alte Stiege verließen, hatte sich dort schon ein ganz hübscher Menschenauflauf gebildet.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Presse hat mit Sicherheit längst Wind von der Sache bekommen.«
    »Dann werden Sie heute Nachmittag eine Pressekonferenz geben.« Hinnrichs starrte dem Qualm seiner Zigarette hinterher. »Auf diese Weise können wir vielleicht wenigstens den wildesten Spekulationen Einhalt gebieten.«
    »Warum ich?«, fragte Verhoeven. Schließlich hatten sie einen Pressesprecher.
    »Und wieso nicht?«, fauchte sein Vorgesetzter. »Es ist Ihr verdammter Fall!« Sein Blick war angriffslustig, aber Verhoeven tat ihm nicht den Gefallen, weiteren Widerspruch zu leisten. »Erwähnen Sie bei dieser Gelegenheit auch noch einmal den Leistner-Mord, denn damit werden uns die Pressefritzen früher oder später sowieso kommen. Aber hüten Sie sich, von einem Zusammenhang zwischen den beiden Fällen zu sprechen. Und formulieren Sie’s leicht verdaulich. Die Polizei bittet die Bevölkerung um Mithilfe bei der Aufklärung zweier noch ungeklärter Todesfälle, irgendwas in dieser Art. Showdown ist . . .« Seine Augen suchten die Uhr, die zwischen wenigen ausgewählten Auszeichnungen an der Wand rechtsdes Schreibtisches hing. »Sagen wir um siebzehn Uhr. Dann haben Sie beide noch genug Zeit, sich vorher die Wohnung des Opfers anzusehen. Vielleicht finden Sie dort etwas, das uns weiterhilft.« Er stutzte. »Die Identität der Frau ist ja wohl eindeutig bestätigt, oder? Ich möchte in dieser Hinsicht keine bösen Überraschungen erleben.«
    »Natürlich ist sie das«, entgegnete Verhoeven kühl und stand auf. »Eine Angestellte von Frau Borg hat ihre Chefin anhand eines Fotos zweifelsfrei identifiziert.«
    »Dann ist es ja gut.«
    Verhoeven folgte seiner Kollegin zur Tür.
    »Und keine Silbe über Chrysanthemen oder Mohnsamen oder Psychopathen«, rief Hinnrichs hinter ihnen her. »Wir haben schon genug Probleme. Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist eine Serienkiller-Hysterie!«
     
     
     
    Lore Simonis hängte den Hörer ein und verließ die Telefonzelle.
    Sie war

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